Ringsgwandl / Untersendling
Untersendling Spielzeit: 48:20
Medium: CD
Label: Lawine/Sony BMG Music Entertainment, 2009
Stil: Bayern Rock

Review vom 02.08.2009


Norbert Neugebauer
Gut zweieinhalb Jahre hat es gedauert, bis der kauzige Dr. Ringsgwandl den Nachfolger für sein absolut hörenswertes Album Der schärfste Gang vorgelegt hat. "Untersendling" heißt er und damit ist eine wenig aufregende Gegend in München gemeint, irgendwo zwischen Großmarkthalle und Schlachthof, einem »Viertel, in dem die Mehrheit aus Minderheiten besteht«. Und dessen wenig aufregende Geschichten erzählt er in nicht eben wesentlich aufregenderen 13 Liedern irgendwo zwischen Bayern Rap, flottem Country-Pop, angefunktem Rock und Bürger-Melancholie. Welche Dinge es sein sollen, die (abseits der Bayerischen Staatskanzlei) hier »passieren und Jahre später den Gang der Welt verändern« erschließt sich nicht unbedingt.
Mit dabei sind neben einer Reihe von Gästen an den üblichen Instrumenten die Band-Partner
Nick Woodland (Gitarre) und Manfred Mildenberger (Schlagzeug ), die auch an einigen Songs mitgeschrieben haben. Die Arrangements haben Ringsgwandl und Mildenberger gemeinsam angelegt, aufgenommen wurde in einer Münchner Altbauwohnung mit mobilem Equipment und unter Zuhilfenahme von Parviz Mir-Ali (auch an den Keyboards zu hören). An der Klangqualität gibt's kaum was auszusetzen, da mieft nix.
Damit sind wir bei den Gemeinsamkeiten zum 'Schärfsten Gang', die sich neben dem einwandfreien Sound aus den Boxen auch auf einige Inhalte erstrecken. Wir begegnen wohlbekannten Protagonisten/innen und Themen, mehr oder weniger typisch münchnerisch-bayerisch, hinterhöfisch-hinterwäldlerisch, blasiert-stereotyp. Der tollen Bäckereifachverkäuferin (ihre fränkische Kollegin, die "Fleischereifachverkäuferin", war als Faschingsnummer vom Michl Müller wesentlich flotter), dem »Nachtaktiven Tier« der (Teilzeit-)"Zugehfrau", die mit eahm »die Sachen machert, die aloah net so guat gehen«, dem geldgeilen "Finanzgenie", dem »Typ, glatt wie eine Kobra« und Oahner, die er »nie vasteht«. Alles Typen, die zumindest in dieser musikalischen Aufmachung wie billige Kopien ihrer Vorgänger wirken.
Dass der spinnerte Ringsgwandl mit seinen 60 Jahren jedoch noch nicht aufs Altenteil abflügelt, zeigt er mit den anderen Songs, die im Lauf der Platte zulegen. Ganz nett und amüsant ist schon mal sein "Analog" und auch "Der ganz normale Rock'n'Roll" kommt gut. Ein erstes Highlight dann das charmante "Welt im Krieg" mit einem 1a (Woodland?)Gitarren-Solo. Gelungen auch sein flotter Abgesang "Dahoam is net dahoam", in Anlehnung an die tägliche Bayern-Soap. Noch deutlicher wird er mit "Wo der Futtermais wächst", das auch richtig scheppert.
Mit den letzten beiden Liedern reißt es der akademische Komödiant raus. Das melancholische "Jünger innendrin" (wer dabei an Dylans "Forever Young" denkt, liegt sicher nicht daneben) wird von einer schmelzenden Bottleneck-Gitarre (garantiert der alte Nick!) wunderbar unterlegt. Wohl einer der schönsten Songs, die Georg Ringsgwandl bisher aufgenommen hat. Und das an bayerische Sagen erinnernde "Kemma sehng" lässt die Platte mit folkloristischem Einschlag feinsinnig ausklingen.
Nein, "Untersendling" kommt weder musikalisch noch inhaltlich an "Der schärfste Gang" heran, dafür sind die Texte oft (und sehr verwunderlich bei dem sonst so bärbeißig-gewandten Querdenker) zu banal und die Musik insgesamt zu altbacken. Aber es gibt ein paar echt gute Songs auf dem Album, die es durchaus anhörenswert machen. Und wo der Woodland mitspielt, kann der Gitarrenfan sowieso immer reinhören.
Tracklist
01:Beim Bäcker Maier
02:Analog
03:Nachtaktives Tier
04:Zugehfrau
05:Nest/Di vasteh i nie
06:Welt im Krieg
07:Der ganz normale Rock'n'Roll
08:Dahoam is net dahoam
09:Wo der Futtermais wächst
10:Finanzgenie
11:Schuah putzn
12:Jünger innen drin
13:Kemma sehng
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