Die Rolling Stones betreiben ja nun schon seit einigen Jahren verstärkt Vergangenheitsbewältigung in Form von älteren Alben in erweiterten Ausgaben und natürlich auch DVDs, auf denen man nochmal das eine oder andere Konzert von seit Jahrzehnten abgelaufenen Touren nachverfolgen kann. Für Fans und neuinteressierte Musikfreunde ganz sicher eine super Sache. Was ich mich allerdings immer gefragt hatte, ist, warum bisher ein solch großer Bogen um die 1975er US-Tour gemacht wurde. Zwar bestehen 75 % des Materials von dem 1977er Livealbum "Love You Live" aus dieser Konzertreise, ansonsten waren offizielle Veröffentlichungen allerdings Mangelware.
Über die Gründe darf natürlich weiter spekuliert werden, wobei meiner Meinung nach am ehesten die Band selbst der Ansicht war, damals nicht gerade Höchstleistungen abgerufen zu haben. Keith Richards war in keiner guten körperlichen Verfassung und dazu kam, dass diese Sause die allererste Tour mit dem Neu- Stone Ronnie Wood war. Wie auch immer, durch die neue DVD "From The Vault - L.A. Forum (Live In 1975)" können wir uns nun endlich einen eigenen Eindruck verschaffen.
Und meiner ist alles andere als schlecht! Logischerweise profitiert der Konzertfilm von der neuesten Technik, was die Restaurierung von Sound und Bild betrifft, aber auch die größtenteils sehr gut gebrachten Songs lassen relativ wenig zu wünschen übrig. Was natürlich grundsätzlich - dabei gar nicht mal bei den schnelleren Rockern, aber umso stärker bei den langsamen Nummern wie "Angie" oder "Wild Horses" - auffällt, ist die Tatsache, dass das so melodiöse, bluesige Spiel von Mick Taylor an der zweiten Gitarre nicht mehr da ist. Dennoch war Wood nicht nur optisch, sondern vor allem auch menschlich der gelungenste Ersatz, den die Band finden konnte. Und hier steht er auch voll unter Strom, spielt klasse und teilt sich mit Jagger beim Refrain von "Starfucker"... sorry, "Star Star" die Bühnenmitte.
Ansonsten waren neben dem obligatorischen Ian Stewart am Piano eine Bläsersektion (bestehend aus Bobby Keys, Trevor Lawrence und Steve Madelo) und vor allem Billy Preston am Piano sowie dessen Percussionist Ollie E. Brown zur Unterstützung anwesend. Der Tastenmann durfte im letzten Drittel der Show dann sogar noch zwei Solonummern bringen. Etwas zu langatmig wurden die Overtime-Versionen von "You Can't Always Get What You Want" und dem von Stones-Fans sowieso eher ungeliebten "Fingerprint File" (mit Bill Wyman an den Tasten und Ron Wood am Bass) zelebriert.
Wirklich alles gegen die Wand bläst dagegen erneut "Rip This Joint" (der schnellste Track, den die Band wohl je im Repertoire hatte), während sowohl "All Down The Line" als auch "Ain't Too Proud To Beg" ebenfalls richtig stark kommen. Keith schafft es bei seinem Song "Happy" auch mal ne Zeile auszulassen, wobei "Tumbling Dice" wie immer sehr groovig und so geil wie cool kommt. Neben den Klassikern und Ausflügen zu etwas älteren Scheiben standen natürlich die beiden aktuellsten Longplayer "Goat's Head Soup" und "It's Only Rock'n'Roll" im Fokus, was dann - insgesamt gesehen - auch eher seltener gespielte Stücke wie "Angie", "If You Can't Rock Me" oder "Doo Doo Doo Doo Doo (Heartbreaker)" auf den Plan rief.
Logischerweise ist "From The Vault - "Live In 1975)" ein Muss für jeden Stones-Fan, speziell wenn er von dieser Tour noch nicht allzu viel Material im Regal stehen hat. Der Sound ist durchgehend klasse, das Bild hat in einigen wenigen Situationen ein paar Schwächen. Ist aber nicht wirklich tragisch, da man hier mit zweieinhalb Stunden Spielzeit richtig gut bedient wird. Wie beim Hampton-Konzert gibt es auch hier leider kein Bonusmaterial, aber genau diese beiden Filme könnten eine große Rolle spielen, falls ihr euch Weihnachten musikalisch so richtig versüßen wollt.
Ganz konzeptionell gedacht dürfte dann wohl das Konzert in Atlantic City aus dem Jahr 1989 in etwa zwölf Monaten zur offiziellen Veröffentlichung anstehen. Von mir aus kanns gerne so weitergehen.
Line-up:
Mick Jagger (lead vocals, guitar - #15)
Keith Richards (guitars, background vocals, lead vocals - #10)
Ronnie Wood (guitars)
Bill Wyman (bass)
Charlie Watts (drums)
With:
Ian Stewart (piano)
Billy Preston (piano, organ, synthesizer, vocals - #18,19)
Ollie E. Brown (percussion)
Trevor Lawrence (saxophone)
Bobby Keys (saxophone)
Steve Madelo (trumpet)
Tracklist |
01:Introduction
02:Honky Tonk Women
03:All Down The Line
04:If You Can't Rock Me/Get Off Of My Cloud
05:Star Star
06:Gimme Shelter
07:Ain't Too Proud To Beg
08:You Gotta Move
09:You Can't Always Get What You Want
10:Happy
11:Tumbling Dice
12:It's Only Rock'n'Roll
13:Band Intros
14:Doo Doo Doo Doo Doo (Heartbreaker)
15:Fingerprint File
16:Angie
17:Wild Horses
18:That's Life (with Billy Preston)
19:Outa-Space (with Billy Preston)
20:Brown Sugar
21:Midnight Rambler
22:Rip This Joint
23:Street Fighting Man
24:Jumpin' Jack Flash
25:Sympathy For The Devil
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Externe Links:
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