Wir schreiben das Jahr 1971. Die Stones haben ihrer englischen Heimat den Rücken zugekehrt und leben als Steuerflüchtlinge an der französischen Küste. Kurze Zeit später veröffentlichen sie einen ihrer Meilensteine: Exile On Main St., ein Album, das im selbstgewählten Exil entstanden ist. Die Story als solche ist hinlänglich bekannt, über ihre Zeit in Frankreich kann man in verschiedenen Quellen stöbern und auch aufbereitetes Filmmaterial liegt auf DVD vor.
So ist es dann nur eine Frage der Zeit gewesen, bis sich Eagle Rock dazu durchringen würde, die bereits seit 2010 erhältliche audiovisuelle Dokumentation gleichen Namens auch als Blu-ray zu veröffentlichen. Und daher kann der geneigte Fan seit kurzer Zeit nun wählen, ob er lieber seine herkömmliche DVD-Sammlung komplettieren möchte oder doch umschwenkt auf das Blu-ray-Format.
Es wäre müßig und eine Schande, der ausführlichen Beurteilung des geschätzten Kollegen Markus etwas hinzuzufügen oder gar seinen Einschätzungen grundsätzlich zu widersprechen. Somit darf ich unumwunden auf den Beitrag zur DVD verweisen - mit einigen kleinen Einschränkungen.
Was sich der Rezensent nämlich beim Fingerheben für die Blu-ray erhofft oder gar erwartet hatte, war in irgendeiner Form ein gewisser Mehrwert gegenüber der DVD. Ob das in Form allerneuster und noch besserer Bildqualität (geben das die alten Mitschnitte überhaupt realistisch her?) oder auf einer anderen Ebene umgesetzt war, wollte dann neugierig ergründet werden. Eines aber vorab: Der Sound ist fantastisch, da gibt es wirklich nix zu maulen.
Viel wichtiger jedoch wäre mir weiteres, zusätzliches Bildmaterial als Anreiz zum Kauf gewesen. Hier allerdings beschränkt man sich auf die bereits 2010 veröffentlichten Inhalte, die natürlich für den Fan durchaus tolles Material darstellen, aber das hatten wir ja schon. Vollkommen zu recht monierte der Kollege Markus seinerzeit die leider nie in Gänze vorhandenen Song-Einspielungen. Hier wäre die Chance gewesen, diesen damals aus verschiedenen Ecken bemängelten Misstand abzustellen.
So aber haben wir keine erkennbar neuen Clips und auch keine inhaltlich überarbeiteten Mitschnitte, was ich persönlich etwas schade finde.
Erschüttert musste ich zudem zur Kenntnis nehmen, dass das beigefügte Booklet noch nicht einmal diese Niedlichkeitsform des Begriffs Book verdient. Ein simples, zweimal gefaltetes Blättchen mit ein paar netten Bildern und Fotostrecken, die an die alte Machart des Albumcovers angelehnt sind. Nicht ein Wort, keine Liner Notes, nix, gar nix. Das ist schon etwas mau, wenn man sich auf dem rückwärtigen Deckel ausschließlich auf einige wenige technische Angaben und einen inhaltlichen Teaser beschränkt, der aus gerade mal drei Sätzen besteht. Lasst Bilder sprechen, mag ja oft die Maxime sein, aber trotzdem ist mir das zu wenig - egal, wie gut der Inhalt ist (und das ist er in diesem Fall zweiflesohne!)
Ich bekomme regelmäßig Zustände, wenn ich im Fernsehen mal zufällig in einer der üblichen Chart-Shows hängenbleibe und mir dann anhören muss, wie gerade der Pubertät entflohene Lutscher mit einem Inbrunst-Ton der Überzeugung darzustellen versuchen, dass ihnen ja damals [sic!] Smoke On The Water besonders gut gefallen hat, oder ähnlich abstruse Verlautbarungen über den Äther ballern. Selbstverständlich darf ich mich, auch als nicht ebenso alt wie mein Vorbild, von diesem inspiriert fühlen.
Mich aber wie ein gleichaltriger Zeitgenosse hinzustellen und anzumaßen, die Umstände zu kommentieren, in denen vor über vierzig Jahren ein Album entstanden ist, haut dem Fass den Boden aus. Und ansatzweise beschleicht mich bei einigen Interviews, die auf der Disc enthalten sind, eben genau so ein Gefühl. Da dieses jedoch der subjektiven Empfindung entspringt, werde ich wohlweißlich davon Abstand nehmen, hier mit Namen aufzuwarten - das soll jeder Käufer für sich selbst entscheiden.
Im Fazit bleibt immer noch ein gutes und wichtiges Dokument zur Entstehung (u. a.) eines der ganz großen Alben der Rockgeschichte, bei dessen Kauf allein die heimische Technik über dieses oder jenes Format zu bestimmen hat.
Line-up:
Mick Jagger (vocals, harp)
Keith Richards (guitars, backings)
Mick Taylor (guitars)
Bill Wyman (bass)
Charlie Watts (drums)
sowie:
Bobby Keys (saxophone)
Jim Price (trumpet)
Nicky Hopkins (piano)
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