Andrea Schroeder / Where The Wild Oceans End
Where The Wild Oceans End Spielzeit: 40:25
Medium: CD
Label: Glitterhouse Records, 2014
Stil: Alternative Music


Review vom 02.02.2014


Joachim 'Joe' Brookes
»[...] And the waves
in the view
in this very old town
there's a magic place
where the oceans end«
Es gibt ihn also doch, den Fluchtpunkt in der Tristesse einer Großstadt. Andrea Schroeder beschwört die Geister der Dunkelheit, blickt hinter die Kulissen einer ruinösen Großstadt, lässt ihren Gefühlen freien Lauf. Dort, wo andere ihren Zorn mit lautstarken Attitüden an den Hörer weiterreichen, öffnet die Protagonistin dafür ihren musikalischen Kühlschrank, oder vielleicht besser ... die Tiefkühltruhe.
Nach Blackbird macht Andrea Schroeder dort weiter, wo der Vorgänger aufhörte. Wer auf hohem Niveau loslegt, braucht Ideen, Fantasie und Musiker, die das Songwriting verwirklichen können. Jesper Lehmkuhl, Catherine Graindorge, Chris Eckman, Dave Allen und Chris Hughes
(Nina Hagen, The Methylated Spirits, Hugo Race & The True Spirit, Nikki Sudden) können es. Die Aktivitäten der belgischen Violinistin Catherine Graindorge und des australischen Schlagzeugers Chris Hughes begegnen sich bei Hugo Race.
"Where The Wild Oceans End" ist zu Beginn das fremdartige, allerdings dann doch nahestehende Licht in der Finsternis. Die vermeintliche Distanz der kühlen Musik schreckt nicht ab. Andrea Schroeder & Co. brillieren mit Wendungen in den Arrangements, die einen zu einem ehrfürchtigen Mitläufer des Albums macht.
Man kann sich der von den zehn Songs ausgehenden Faszination nicht entziehen. Dieses Album ist Hingebung der anderen Art. Andrea Schroeder braucht keine Vergleiche. Sie und der Gitarrist Jesper Lehmkuhl schreiben düstere Lieder, die von Chris Eckman perfekt inszeniert wurden.
Verträumt anmutende Gitarrenklänge werden durch die rauchig-tiefe Stimme der Künstlerin konterkariert. Tasteninstrumente starten den Versuch, die Gitarre in ihrem Streben nach Harmonie zu unterstützen. Schließlich wird die Musik eins mit der emotionalen Welt der Berlinerin. Das Streichinstrument entwickelt sich zum melancholischen Zentrum inmitten aufwühlender Atmosphäre.
Apropos Berlin ... "Ghosts Of Berlin" wirkt etwas freundlicher als der Opener. Der Gesang ist nicht so rau. Andrea Schroeder singt phasenweise deutsche Texte.
Apropos Berlin ... "Where The Wild Oceans End" wurde nicht nur in der norwegischen Abgeschiedenheit, sondern auch in den berühmten Hansa Studios aufgenommen. So neben dem gerade erwähnten Song auch "Helden", Andrea Schroeders intime Interpretation von David Bowies "Heroes". Mit der rhythmischen Sanftheit von den eingesetzten Paukenschlägeln und einem akzentuierten Schellenring werden Gitarrenklänge zu einer intensiv-dunklen Riff-Fahrt und schließlich löst sich zum Ende hin alles in eine Art Speiseeisschmelz auf, um bei der Kühle zu bleiben.
Bei der Musikerin ist der Blues tatsächlich schwarz und kommt mit großen E-Gitarrenriffs von Jesper Lehmkuhl daher. Der Zwölftakter umklammert die Kehle, scheint zunächst sanften Druck auszuüben und schließlich gibt es keinen Fluchtweg. Die Stimmung hat den Hörer voll im Griff. "Summer Came To Say Goodbye" offenbart die freundlichen Grüße der Künstlerin. Im Vergleich zum Vorgänger macht die Reduktion der Instrumente das Album noch intensiver.
Bei "Blackbird" war Andrea Schroeder die Prinzessin der Dunkelheit. Nach "Where The Wild Oceans End" ist sie die Königin der Nacht, denn diese Tageszeit hat mehr als nur die Farbe Schwarz.
Line-up:
Andrea Schroeder (vocals, harmonium)
Jesper Lehmkuhl (guitars)
Chris Eckman (Hammond, keyboards)
Catherine Graindorge (violin, viola)
Dave Allen (bass)
Chris Hughes (drums)
Tracklist
01:Dead Man's Eye (3:45)
02:Ghosts Of Berlin (4:39)
03:Until The End (3:51)
04:Helden (5:11)
05:Fireland (3:33)
06:The Spider (3:58)
07:Where The Wild Oceans End (4:19)
08:The Rattlesnake (2:56)
09:Summer Came To Say Goodbye (3:57)
10:Walk Into The Silence (4:07)
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