Santana / Supernatural (Legacy Edition)
Supernatural Spielzeit: 75:10 (CD 1), 62:43 (CD 2)
Medium: Do-CD
Label: Sony Legacy, 2010
Stil: Rock

Review vom 13.03.2010


Norbert Neugebauer
Mr. Santana wird sicher niemals in den Verdacht kommen, dass seine Geschäftstüchtigkeit hinter seinem musikalischen Können zurücksteht. Und die Sony-Legacy-Reihe nicht, die Fans mit aufgewärmten Kamellen und ein paar ausgegrabenen Bonus-Aufnahmen nochmal abzocken zu wollen. Jedenfalls bislang. Bereits zehn Jahre nach dem Erscheinen von "Supernatural", das dank gängiger Songs und illustrer Crossover-Gäste der Woodstock-Legende zu einem sensationellen Comeback verhalf, taucht das Album nun schon in dieser Serie auf. Natürlich remastert und in diesem Fall mit einer zweiten CD versehen. Die Halbwertszeiten selbst solcher Nr. 1 Chart-Hits, mehrfach platiniert, 10-fach Grammy-nominiert und mit einem Award ausgezeichnet, werden auch immer kürzer! Da muss es schon sehr gewichtige Gründe in Form des Bonus-Materials geben, um hier nicht doch auf den Gedanken zu kommen ...
Vor "Supernatural" war sehr lange nichts von Carlos Santana zu hören gewesen, zumindest nichts mehr, was an seine ersten hochkarätigen Alben wie das Debüt oder Abraxas herangereicht hätte, die die Geschichte der Rockmusik mitgeschrieben hatten. Umso überraschender war der neue Höhenflug des Gitarristen und Bandleaders, der einst den heißblütigen Latino-Sound im Rock so publikumswirksam integrierte. Ein absoluter Geniestreich, mit den seinerzeit angesagten Künstlern Everlast, Rob Thomas, Lauryn Hill und Eagle Eye-Cherry zusammen zu arbeiten und dazu weitere Allzeitwaffen wie Eric Clapton oder Dave Matthews ins Studio zu holen.
Für frischen Wind sorgten die noch unbekannten The Produkt J&B und Maná. Die Idee hatten zwar schon andere, wie etwa John Lee Hooker mit seinem ebenfalls sehr erfolgreichen Riesen-Album "The Healer", der genreübergreifend, aber doch im etablierten Lager blieb.
"Supernatural" schlug jedoch alle Rekorde. Mit dieser Mischung aus Latin-Groove, Pop, Hip Hop und durchaus ordentlichem Rock, durch die sich die unverwechselbare Gitarre (mittlerweile der Marke Paul Reed Smith) wie ein roter Faden zog, brachte der clevere Haudegen die Fans der verschiedenen Lager unter einen Hut und auf die Tanzfläche. "Supernatural" war ein Superseller, dessen Songs "Maria, Maria", "Corazon Espinado" oder "Smooth" zu ausgesprochenen Ohrwürmern wurden. Aber auch die meisten anderen Titel wurden dank ihrer Eingängigkeit und Radiotauglichkeit weltweit populär. Carlos Santana war nicht nur back, sondern sahnte auch noch einmal gewaltig ab. Fans und Rock-Journallie waren gleichermaßen begeistert, selbst die Kritiker von der True Rock-Polizei trommelten da die kochenden Rhythmen mit. Dass ein paar ewig Gestrige verzweifelt »das ist Popmusik« schrien, interessierte doch keine Sau.
"Supernatural" war durch und durch ein Rock-Hitalbum - kam danach eigentlich noch etwas ähnlich Erfolgreiches? Die Idee stammte übrigens nicht von Santana selbst, obwohl er das in früheren Interviews schon mal zum Besten gegeben hatte. Im dicken Booklet zur "Legacy Edition" wird die Männerfreundschaft mit Clive Davis, dem Boss der alten Columbia Records, bei der Carlos zu Karrierebeginn unter Vertrag war, salbungsvoll ausgebreitet. Der war es, der dem Altmeister, den er zu seiner neuen Firma Arista geholt hatte, die frischen Künstler ins Bettchen legte und auch unermüdlich Song um Song für das Album vorschlug.
So, nun zur neuen Produktion. Hören wir erstmal, was die Reglerwizards noch aus dem Original herausgekitzelt haben, das seinerzeit für das Radioformat entsprechend im Soundspektrum begrenzt gehalten wurde. Das Remastering hat deutlich mehr Druck und Power in das Klangbild gebracht, offensichtlich wurde nun auch die Dynamik erweitert und nicht nur die Lautstärke angehoben. Jedenfalls grollt es jetzt richtig im Bassbereich und es sind mehr Einzelheiten zu hören, ohne dass jedoch die von deutschen Nacharbeiten bekannte letzte Brillanz aus den Speakern erstrahlt.
Nachdem das ursprüngliche Album wohl jedem Rockfan noch im Ohr sein dürfte, kann in diesem Rahmen wohl auf eine Inhaltsangabe verzichtet werden. Der Rezensent möchte nur noch einmal auf "The Calling" mit Eric Clapton hinweisen, bei dem die beiden Veteranen ein wirklich schönes Stück Gitarrenarbeit abliefern. Als (auf dem Cover nicht genannte) Zugabe bringt das fusionartige "Day Of Celebration" die erste Scheibe auf satte 75 Minuten Spielzeit.
Was bietet nun Teil II? Sieben bislang unveröffentlichte Titel, dazu zwei Dance/Club-Remixe von "Corazon Espinado" und "Maria, Maria", eine Instrumental-Version von "Smooth" sowie "Olympic Festival" aus dem Soundtrack des "Girlfight (- auf eigene Faust)"-Films. "Bacalao Con Pan" ist eine typisch pluggernde Santana-Latin-Nummern mit Kuba-Flair, die durch die Bläsersektion richtig Schub erhält. Einen Gang zurück schaltet der Soultitel "Angel Love (Come For Me)" mit seiner
Steve Winwood / Spencer Davis Group-Orgel. Beim atmosphärischen "Rain Down On Me" sind wieder Dave Matthews am Mikrophon und sein Drummer Carter Beauford mit an Bord - auch das groovt ordentlich, wobei Santana jedoch seine Klampfe am Ende deutlich überstrapaziert.
Die beiden Hit-Remixe für die Tanzschuppen sind das, was man erwartet - aufgepeppte, mit Pump-Rhythmus aufgeblasene Versionen - wer's mag, zum Mitwippen regt's jedenfalls gewaltig an. Señor Carlos übernimmt bei "One Fine Morning" selbst die Leadvocals, und das durchaus geschmeidig. Ebenfalls kein Füller, sondern ordentliche Santana-Wertarbeit. Die Marley-Doppelnummer als heiße Funk-Fusion wird im Reggae-Lager sicher auf Stirnrunzeln stoßen, ist aber ein weiterer Feger auf dem Dancefloor. Das gemäßigte "Ya Yo Me Cure" bietet nichts Neues. "Smooth" kann ohne die markante Stimme von Rob Thomas durchaus bestehen, so kommt die singende PRS noch besser zur Geltung. (Und hier mal ein Wort an die Kritiker: Wer so einen einzigartigen Ton spielt, den man jederzeit heraushört, der ist ein GROSSER GITARRIST. Punkt.)
Keine wesentlichen Unterschiede zum ausgespielten Original bietet der gekürzte "Calling Jam", aber es ist ein weiteres Mal reizvoll, den beiden Gitarristen bei ihrem 'Eröffnungsgespräch' zuzuhören. Der Movietitel könnte aus der ersten starken Zeit der Santana-Band stammen, ein energiegeladener, pulsierender Song, der mit dem Einsetzen von Jeanie Tracy an den Leadvocals einen klasse souligen Abgang nimmt. Allein wegen dieser Nummer lohnt im Zweifelsfall der Zugriff auf die "Legacy Edition", die aber auch wirklich stark aufgemacht und ihr Geld wert ist.
"Supernatural" ist zwar nicht 'überirdisch', aber Rockhistorie und gehört in jeden ordentlich sortierten CD-Schrank!
Line-up:
Carlos Santana (guitar, vocals)
Gregg Rolie (piano, organ, vocals)
Dave Brown (bass)
Mike Shrieve (drums)
Mike Carabello (conga, percussion)
Jose Chepito Areas (timbales, conga, percussion)
Tracklist
CD 1:
01:(Da Le) Yaleo
02:Love Of My Life featuring Dave Matthews & Carter Beauford
03:Put Your Lights On featuring Everlast
04:Africa Bamba
05:Smooth featuring Rob Thomas
06:Do You Like The Way featuring Lauryn Hill & Cee-Lo
07:Maria Maria featuring the Product G&B
08:Migra
09:Corazón Espinado featuring Maná
10:Wishing It Was featuring Eagle-Eye Cherry
11:El Farol
12:Primavera
13:The Calling featuring Eric Clapton
14:Day Of Celebration
CD 2:
01:Bacalao Con Pan (previously unissued)
02:Angel Love (Come For Me) (previously unissued)
03:Rain Down On Me featuring Dave Matthews & Carter Beauford (previously unissued)
04:Corazon Espinado (Spanish Dance Remix) featuring Maná
05:One Fine Morning (previously unissued)
06:Exodus/Get Up Stand Up (previously unissued)
07:Ya Yo Me Cure (previously unissued)
08:Maria Maria (Pumpin Dolls Club Mix) featuring The Product G&B
09:Smooth (Instrumental)
10:The Calling Jam featuring Eric Clapton (previously unissued)
11:Olympic Festival
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