»The Ringmaster General ist eine Standortbestimmung mit herrlichen Songs, die in unterschiedlichen Genres verankert sind. Folglich ist diese Platte wohl nichts für den Musikfan, der mit seinen Ohren nur für einen Stil-Kanal offen ist. Diese Platte hat keinen Lotusblüteneffekt. Im Gegenteil... die emotional-vielschichtigen Nummern bleiben in den Klamotten hängen, gehen unter die Haut.« Mit diesen Worten endet die Rezension unseres Kollegen Joe zur 2012er Scheibe.
Nun, 2013, lässt Tausendsassa Dave Stewart mit "Lucky Numbers" seinen nächsten Streich folgen. Joes Einschätzung des Vorgängers machte mich neugierig und ich bin schwer gespannt, welch musikalische 'Kreationen' uns Stewart dieses Mal servieren wird.
Und wieder einmal hat der Mann, »den Bob Dylan einen 'explosiven Musiker' und einen 'furchtlosen Erneuerer' nennt« (so der 'Waschzettel'), einige der besten Musiker Nashvilles ins Studio geholt, wie z. B. den Gitarristen Tom Bukovac (der übrigens 2008 und 2010 zum 'Gitarristen des Jahres' der Academy Of Country gewählt wurde), Drummer Chad Cromwell (u. a. Neil Young, Mark Knopfler) Basser Michael Rhodes (u. a. Dolly Parton, Dixie Chicks) sowie Steel Gitarrist Dan Dugmore ( James Taylor, Linda Ronstadt) und Mike Rojas an Piano und Hammond.
Erste Einschätzung: Das Album fasziniert mit einer wunderbaren Mischung aus Rock, Pop, Blues und Roots und ja, auch ein paar psychedelische Würzmittelchen sind enthalten. All das hat Stewart in einen Topf geworfen und gekonnt miteinander verrührt.
Wenn man die Anzahl der auf der Scheibe Mitwirkenden liest, fragt man sich, wie der Mann wohl 'Ordnung in das Chaos' bringt, es muss ja zugehen, wie in einem Bienenstock. Aber Stewart ist Profi genug, um stets souverän die Fäden in der Hand zu behalten. Am Ende bekommt der Konsument ein interessantes Stück Musik auf Konserve gebrannt.
Mir kommen Namen wie z. B. Chris Rea, Robert Plant / Alison Krauss oder John Mellencamp in den Sinn. Man könnte ein kleines Ratespiel mit musikalisch interessierten Freunden beim geselligen Beisammensein veranstalten, Fragezeichen bei dem einen oder anderen wären vermutlich vorprogrammiert.
Denn bereits das Intro des Openers lässt aufhorchen und man kommt wirklich ins Grübeln, ob eventuell die falsche Platte im Player liegt: Rea oder doch Stewart? Es ist ein locker flockiger Popsong, bei dem Martina McBride, mit der Stewart offensichtlich schon öfters zusammenarbeitete, die Backing Vocals übernimmt. Das Stück fluppt ins Ohr und krallt sich dort fest. Kein Wunder, dass dieses als Single-Auskopplung veröffentlicht wird (ist auch als Radio Edit auf dem Album enthalten).
Mein Fave ist "How To Ruin A Romance". Hier hat man den Patzer beim Einsatz (vermutlich Text vergessen) einfach mit auf die Scheibe gebrannt, was für große Erheiterung, nicht nur beim Meister selbst, sorgt. Ein kleines Stück menschliche Schwäche zeigt sich bei aller Perfektion, was das Album am Ende nur noch liebenswerter macht.
Mit "Satellite" wird die psychedelische Schiene abgeklopft. Verzerrt vor sich hin wabernde, teils tiefergelegte Gitarren walzen alles nieder, was ihnen im Wege steht. Und just mit dem nächsten Stück muss man schon wieder die Gefühle wechseln. "Why Can't We Be Friends" wurde so arrangiert, dass man tatsächlich den Eindruck hat, ein Live-Konzert zu erleben. Man hört Leute im Hintergrund pfeifen, reden und mitsingen, der Einsatz der Violine wird beklatscht, der Refrain wird von den vermeintlichen Fans lauthals mitgegrölt (zum Schluss ohne Instrumentenbegleitung) und am Ende werden sogar Zugaben gefordert, einfach nur hinreißend.
"You And I" (mit Laura Michelle Kelly), aber noch mehr "Nashville Snow" (mit Karen Elson) erinnern mich frappierend an die Zusammenarbeit Plant/Krauss auf Raising Sand. Samtweich ist die Stimme von Dave Stewart bei "Nashville Snow", das sogar einen ganz leichten Touch von "Something Stupid" hat. Welch ein Kontrast zu dem donnernden "Satellite"!
Es ist Country-Time, eingeläutet wird diese mit "Never Met A Woman Like You" und "One Step Too Far".
Hatte ich denn anfangs nicht den Namen John Mellencamp fallen lassen? "Lucky Numbers" hat starke Roots-Elemente, erinnert mich stellenweise etwas an Mellencamps Album "The Lonesome Jubilee", zumal zu dessen Markenzeichen ebenfalls Hintergrundchöre und die Violine gehören. Der Vergleich hinkt also keineswegs, denn auch Mellencamp ist einerseits dem Roots Rock sehr zugetan, gründelt aber gern auch mal in anderen musikalischen Gefilden.
Alles in allem ein wunderschönes, sehr abwechslungsreiches Scheibchen, mit dem Dave Stewart wieder einmal ein außergewöhnlicher Wurf gelungen ist. Wer nicht gern eingleisig fährt und auch mal offen ist für mehrere Stilrichtungen, dem sei das Teil wärmstens ans Herz gelegt. Ihr bekommt die Songs nicht mehr aus den Ohren - versprochen!
Line-up:
Dave Stewart (vocals, guitar)
Chad Cromwell (drums, percussion)
Tom Bukovac (acoustic guitars, electric guitars)
Dan Dugmore (pedal steel guitar, lap steel guitar)
Michael Rhodes (bass)
Mike Rojas (piano, hammond organ)
Kieran Kiely (accordion, Bodhrán, low whistle)
Additional Musicians:
Martina McBride (vocals #1)
John Bohlinger (lead guitar solo - #9)
Allison Bond (background vocals -#9)
Andie Jane de la Torre (backgroud vocals - #9)
Ann Marie Calhoun (violins - #7)
Vanessa Amorosi (Choir Arrangements)
And Ringmaster's Choir
Randy Cooke (drums - #6)
Michael Bradford (bass - #6)
Caitlin 'Bird' Evanson (violin - #6)
Jeff Paris (piano - #6)
Amy Keys (background vocals - #6)
Sierra Swan (background vocals - #6)
Tracklist |
01:Every Single Night (+ Martina McBride)
02:Drugs Taught Me A Lesson (+ Vanessa Amorosi und Ringmaster's Choir)
03:How To Ruin A Romance (+ Vanessa Amorosi)
04:What's Wrong With Me? (+ Vanessa Amorosi und Ringmaster's Choir)
05:Satellite
06:Why Can't We Be Friends
07:You And I (+ Laura Michelle Kelly und Ann Marie Calhoun)
08:Nashville Snow (+ Karen Elson)
09:Never Met A Woman Like You
10:One Step Too Far
11:Lucky Numbers (+ Holly Quin Rah)
12:Every Single Night (Radio Edit)
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