Der musizierende Professor schlägt wieder zu. Nach zwei Jahren Pause macht nun "Bird Bones & Muscle" die Runde. J. Shogren setzt mit nur leichten Positionsänderungen auf die gleichen Mitstreiter wie bei American Holly. Anscheinend hat all das, was der Mann in Angriff nimmt, Hand und Fuß. Man kann sich bereits nach einem noch nicht ganz abgeschlossenen ersten Hördurchgang des Eindrucks nicht erwehren, dass der Mann aus Centennial, Wyoming, abermals ein klasse Album eingespielt hat.
Shogren entwickelt sich zum Inbegriff toller Roots- oder Americana-Musik. Er setzt Maßstäbe der Orientierung für andere Musiker. Schon nach den initialen Tracks ist der Funke beim Hörer aufgeschlagen. Das erste Stück hat einen eigenartig schönen Groove und beeindruckend ist die Frauenstimme im Chorus. Einige Leute bilden bei den Vocals ein so genanntes 'barbershop quartet' ... eine ganz besondere Art des mehrstimmigen Gesangs, bei dem jeder Wortsilbe ein Ton zugeordnet ist.
Von wunderschön arrangierten Balladen über Songs im Midtempo können es Shogren & Co. auch richtig knackig rocken lassen. Wenn es rockt, ist das keine eingleisige Angelegenheit. Mal haben die flotteren Nummern entweder ihre Wurzeln im Country oder, was mir natürlich ganz besonders zusagt, im Blues.
Die gute Laune im Aufnahmestudio ist praktisch greifbar und an einer tollen Atmosphäre mangelt es den Tracks in keiner Weise. Bei der großartigen Musik lässt die gesamte Verpackung etwas an Federn. Die CD kommt im schlichten Papp-Digipak daher und enthält neben dem Line-up nur noch alle produktionstechnischen Hinweise. Wie beim Vorgänger hätte ich mir die Songtexte gewünscht.
Herausragende Songs gibt es wie am laufenden Band. Im Titelsong "Bird Bones & Muscle" wird gerockt und gerollt, als hätte Herr Setzer mit seiner Gretsch eine Fahrkarte für diesen Track gelöst. Hier geht es echt rund mit dem Rock'n'Roll à la Shogren. Fetzige E-Gitarren, groovende Akustische, blubbernder Bass und zum Ende überdreht der verstärkte Sechssaiter schön. Aus welcher Laune "Polkagris" entstanden ist, lassen wir dahingestellt. Allerdings hat dieses Stück einen mächtigen, vielleicht nicht ganz ernst gemeinten Spaßfaktor. Da ist neben dem Akkordeon R. Garnett mit seiner Flöte sowie das Barbershop Quartett zur Stelle.
Moment, ich muss mir erst einmal die Finger ablecken, denn das ist nach jedem Genuss von "My Remedy" Pflicht. Die Nummer ist ein Song mit zwei geschwisterlichen Gesichtern, die nahtlos ineinander fließen. Einerseits gibt es Andeutungen des 12-Takters und anderseits belegt man dieses Feeling glasklar. Nie war ein Banjo so bluesig.
Das Dreierpack zu Beginn lässt den Roots-Aktienindex in die Höhe schnellen. Alleine schon die Wohlfühlriffs aus den Sechzigerjahren zu Beginn von "Burnt Fields" machen einige Prozente aus und dann diese Banjos ... das ist bewegendes Theater mit einem eingebauten Groove-Faktor. "Charlie Poole, Charlie Poole" ist logischerweise ein weiteres Banjo-Festival. Dieses Instrument war Pooles Arbeitsgerät und hier setzt man diesem leidenschaftlichen Vaudeville-Musiker (1892 - 1931) ein tonales Denkmal. Dann folgt in "Salvation", mit einem etwas längeren Drehbuch, der bereits erwähnte Blues-Faktor in einer sehr verspielten Darbietung mit lockeren Breaks und einer magnetischen Hookline. Mit der Musik macht es einem der Shogren schön leicht. Wer immer es sein mag, ein großes Lob gebührt der Frau, die so schön singen kann.
Nach einem derart langsamen Rhythmus wie er in "Southern Isle A Pearl" abgeliefert wird, kommt fast nur noch Bewegungslosigkeit. Im Vergleich dazu ist das schlurfende Tempo eines Oldies so etwas wie ein Sprint. Egal ... dezent taktet das Schlagzeug und das E-Gitarrensolo ist ein Highlight des Albums. Dennoch ist die Nummer weit entfernt von einem Wiegenlied und auch zum Ende der Platte faszinieren die Saiteninstrumente.
"Bird Bones & Muscle" ist schon wieder ein Album, mit dem J. Shogren durch die Bank überzeugen kann. Wenn das so weiter geht, dann ist da bald eine Tipp-Grafik fällig. Sein viertes Album wird es dann zeigen.
Line-up:
J. Shogren (vocals, guitar, mandolin, resonator, barbershop quartet)
A. Phreaner (drums, percussion)
B. McKay (yodles, accordion)
D. Rickard (barbershop quartet)
D. Romtvedt (button accordion)
D. Tinker (vocals, barbershop quartet, guitar, hubbub)
G. Stakes (vocal hubbub)
J. Crossland (guitars, banjos)
M. Bohlender (vocals, washboard, hubbub)
M. Jaycox (clarinet)
M. Lynford (euphonium, barbershop quartet)
R. Garnett (fife)
S. Kelley (bass, double bass)
Tracklist |
01:Burnt Fields (2:59)
02:Charlie Poole, Charlie Poole (3:22)
03:Salvation (4:48)
04:Loving Time Of Happiness (1:54)
05:Big Blue Bird Of Happiness (3:56)
06:Paper Barn (3:44)
07:My Remedy (3:16)
08:Procrastinator Blues (2:42)
09:Bird Bones & Muscle (2:30)
10:Polkagris (2:22)
11:Younger Man (2:46)
12:Southern Isle A Pearl (2:17)
13:Wandering Foot (4:03)
14:Judge & The Hangman (2:56)
15:Riddle To Rags (2:19)
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