Jetzt war es also so weit. Mit dem Konzert des amerikanischen Sängers/Gitarristen Josh Smith stand der Gig dieses Jahres an, bei dem ich absolut nicht einschätzen konnte, was mich eigentlich erwarten würde.
Schon als mir das aktuelle Album I'm Gonna Be Ready des 32-jährigen Musikers auf den Tisch flatterte, war ich völlig ratlos, denn mit diesem Namen konnte ich rein gar nichts anfangen. Beim intensiven Anhören des Silberlings wurde mir schnell klar, über welche Vielseitigkeit der Mann verfügt und mit welcher Klasse er die Gitarre bearbeitet. Doch für eine Einschätzung, wie Josh Smith seine Konzerte aufbauen würde, war die Tatsache nicht gerade sehr hilfreich. Wie konnte er diesen bunten Stilmix, bei dem er auf dem Album auch noch von etlichen Session-Musikern unterstützt wurde, mit seiner kleinen Tourband auf die Bühne bringen? Eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit.
Als ich dann beim Line-up für diese Show feststellte, dass hier nur ein Trio auflaufen würde, wuchs meine Spannung noch weiter an. Da mussten aber schon wahre Könner ans Werk gehen, um diese Songs optimal rüberzubringen. Neben Smith war noch John Yarling an den Drums dabei, der schon bei so verschiedenen Leuten wie Pink, Cubic Feet, Joe Williams oder Curtis Fuller die Felle bearbeitet hat. Außerdem bediente Jeff Young die Orgel. Ebenfalls kein Noname, denn er ist dem Umfeld von Größen wie Jackson Browne, Steely Dan, Bruce Springsteen und Bonnie Raitt zuzurechnen und spielte außerdem auch mit Robert Palmer und Al Green zusammen. Eine wahrhaft stolze Liste. Übrigens war Young auch, in schönster Doors-Tradition, für den Bass-Sound zuständig.
So war doch eine gewisse Neugier beim Publikum spürbar, denn Josh Smith stellte sich zum ersten Mal in Deutschland vor. Sicherlich keine leichte Aufgabe für die Musiker. Doch von Nervosität war nichts zu spüren, als die Drei pünktlich um 21.00 Uhr die Bühne betraten. Zum Aufwärmen gab es gleich ein Instrumentalstück auf die Ohren, bei dem sofort klar wurde, dass Songs mit lang ausgedehnten Improvisationen an diesem Abend den Ton angeben sollten. Schon jetzt wurde jeder Fan von feiner Gitarrenarbeit hellhörig. Josh Smith beherrscht sein Instrument. Das war schon gleich am Anfang zu hören.
Und auch seine Begleiter machten einen tollen Job. John Yarling beherrschte die Schießbude perfekt, wobei er weit weniger auf Kraft setzte, als auf perfektes Timing. Seine Arbeit an den Becken war absolut hörenswert. Da gab es kein Scheppern und Klirren, sondern jeder Schlag wurde auf den Punkt genau gesetzt und so mit dem perfekten Klang versehen.
Jeff Young erwies sich als optimaler Gegenpart von Smith, der mit fetten Orgelsounds oftmals die Soloarbeit übernahm und so für sehr angenehme Abwechslung im Set sorgte. Nebenbei konnte er auch beim Gesang punkten, denn er verfügt über eine sehr ausdrucksstarke Stimme. Besonders zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang der Tribute-Song an Ray Charles. "Brother Ray" verbreitete eine ganz melancholische Stimmung unter den Zuhörern. Es war Zeit zum Gedenken an diesen großen Musiker.
Was sich musikalisch in den zweieinhalb Stunden abspielte, ist in Richtung Vielseitigkeit kaum zu übertreffen. Das ging so weit, dass ich schon bei der Stil-Angabe am Anfang dieses Berichtes so meine Schwierigkeiten hatte. Wie schon beim Opener des Konzertes beschrieben, gab es etliche Instrumentalsongs, die sich von etwas vertrackteren, fast jazzigen Bereichen bis hin zu heißen Jam Rock-Passagen bewegten. Höhepunkt dabei war für mich hier der Titel "Newtie", bei dem Smith so richtig aus sich heraus gehen konnte, ohne in Frickeleien zu verfallen, was ja nicht immer ganz leicht umzusetzen ist.
Weiter spielte der Soul eine ganz wichtige Rolle bei diesem Auftritt. Da wurden Erinnerungen an selige Motown-Zeiten geweckt. Dazu trug auch die Stimme des Frontmannes bei, denn er schaffte es in manchen Parts fast wie Marvin Gaye oder auch Robert Cray zu klingen, was ja auch nicht so ganz einfach zu bewerkstelligen ist.
Latin Rock im schönsten Santana-Stil mit treibender Orgel, gefühlvolle Gitarrenballaden mit zarten Soloeinlagen ( Peter Green ließ grüßen), Rockabilly und selbst Countrymusic waren ebenfalls zu hören, wobei es der Band sogar gelang innerhalb der Stücke den Stil zu wechseln. Ich habe noch nie erlebt, dass aus einem Country-Song am Ende eine Jam Session in schönster Allman Brothers-Tradition wurde, die fast an den legendären "Mountain Jam" erinnerte. Großes Kino, Herr Smith!
Selbst Psychedelic Rock mit extrem verzerrter Gitarre und unglaublich viel Hall war dabei und ließ Erinnerungen an die frühen Siebziger aufleben. Jetzt eine schöne Tüte, und die Stimmung wäre perfekt gewesen…!
Doch der Blues spielte die Hauptrolle an diesem Abend. Was sich schon auf dem aktuellen Longplayer andeutete, trat dann auch auf der Bühne ein. Bei diesen Songs wirkte die Band am eindringlichsten. Herrlich intensive Slow Blues-Nummern, hier seien besonders "The Way You Do" und "Sober Up Baby" erwähnt, wechselten mit treibendem Chicago Blues ("Fine Young Thing"). Dabei legte Smith, unterstützt von einem intensiven Minenspiel, sein ganzes Feeling in die Songs und sorgte so für eine unglaublich intensive Atmosphäre in der Bluesgarage.
Diese Songs waren für mich die Highlights des Abends und wurden nur noch von "I'm Gonna Be Ready" übertroffen. Der Titelsong des neuen Albums, der schon in der Studioversion eine Spiellänge von knapp sieben Minuten auf die Uhr bringt, war der Knaller des Abends schlechthin. Ein ellenlanger Boogie, der in seiner Variation in Lautstärke und Tempo alles hatte, was das Herz der Fans begehrte. Klasse dieser Mittelteil, der mit ganz leisen Tönen eine enorme Spannung aufbaute, sich ganz langsam steigerte und schließlich wieder zu dem treibenden Grundrhythmus zurückkehrte. Das war der ultimative Höhepunkt einer Show, die dem Publikum sicherlich so einiges geboten hat. Josh Smith hat bei seiner ersten Deutschland-Tour voll überzeugt. Bleibt zu hoffen, dass nun die Mundpropaganda wirkt, denn dieser Mann hat wesentlich mehr Zuhörer verdient, als an diesem Abend in Isernhagen dabei waren! Ich jedenfalls drücke die Daumen.
Line-up:
Josh Smith (guitar,vocals)
John Yarling (drums)
Jeff Young (organ, bass, vocals)
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