Wer sagt, dass es in Deutschland keine außergewöhnlichen Singer/Songwriter gibt? Keine anspruchsvollen Produktionen, keine guten Sänger von internationaler Klasse, keine niveauvolle Unterhaltungsmusik?
Die Belege über Ron Spielmans künstlerische Tätigkeit, die wir in RockTimes haben, sprechen ganz klar eine andere Sprache. Live in Schlepzig, im Ducsaal und in Saarbrücken überzeugte er genauso, wie im Studio. Und da darf ich zunächst einmal die Besprechung der ersten CD From My Songbook zitieren und mich ihr uneingeschränkt und inhaltlich auch für das neue Album anschließen:
»Lasst uns zu Beginn ein paar wilde Spekulationen anstellen: Wenn dieses Album von Sting veröffentlicht worden wäre, würde
- er dafür in Windeseile Platin einheimsen,
- sich die Fachpresse überschlagen und von einem neuen Meisterwerk sprechen,
- der Künstler über Monate Dauergast bei Gottschalk und Konsorten sein,
- selbst WDR 5 die Platte rauf und runter spielen
- RockTimes schreiben: "Alles schön und gut, aber wir haben in Deutschland Einen wohnen, der kann es mindestens genau so gut und der heißt Ron Spielman.«
13 klasse Songs, die melancholische bis verhalten leidenschaftliche Untertöne, aber dabei immer absolut internationales Format aufweisen. Und die sicher die gleiche Qualität haben, wie Mr. Sumners beste Solo-Werke. Und da liegt auch der Hase im Pfeffer. Mitunter soviel Ähnlichkeit im Songwriting, in der Interpretation, im Gesangsstil und in den Arrangements - Vorsicht, das kann auf Dauer ganz schön ins Auge gehen!
Aber mal der Reihe nach. Der Beginn mit "Home" ist eher introvertiert, also genau das Gegenteil eines Reißers zum Auftakt. Spielman zwingt zum Zuhören - oder gleich zum Durchskippen. Für seine Musik braucht er Liebhaber, die sich von der Stimmung tragen lassen, die die feingesponnenen, semiakustisch eingespielten Songs mit ihren vielen Facetten als Ganzes auf sich wirken lassen. "Paradise Island", genauso in Slow Motion vorgetragen, verströmt das Feeling eines mit allen Sinnen aufgesogenen Strandtages irgendwo in den Tropen. Highlight Nr. 1.
Bei "Fretboard Highway", mit schön angejazztem Arrangement, begegnen wir zum ersten Mal dem Sting-Twin. "In Another Life" swingt ordentlich, bevor dann der Titeltrack heranrauscht. Ein seltsamer Song, mit diesen elektronischen Knacksern und Verfremdungen, einem bedrohlich aufspielenden Cello, während Ron zur Akustikgitarre seine assoziativen Verse vorträgt. Eine klasse Miniatur von nicht einmal drei Minuten! Rhythmisch schließt sich "Tip Of My Tongue" an, bei dem der zuletzt recht formale Gesang nun völlig seine Fesseln abstreift. Bei dem verspielten "Favourite Actress" knarzt einmal mehr der Kontrabass zu unterschwelligen Blue Notes. "I'll Fail" ist eine grandiose Nummer, die beste, die Sting nicht geschrieben hat!
Nun wendet sich Spielman noch weiter den melodisch-fusionmäßigen Gefilden eines Al Jarreau zu, ohne jedoch in dessen vokale Manierismen zu verfallen. Dafür reichert er seine Songs mit raffinierten Zutaten an, zirpenden, akzentuierten Percussions, einem swingenden Piano im Verbund mit dem munter ausholenden Bass, elektronischen Einsprengseln oder einer herrlich kontrastierenden Dobro. "Leaving For Hollywood" ist schon eine fast klassische Jazz-Nummer mit Nina Simone-Flügelspiel, wobei der Refrain für poppiges Flair sorgt. Das einzige Cover "Don't Let Me Be Misunderstood", bereitet er gekonnt gefühlvoll-soulig auf, um dann zum Finale seine Groove-Qualitäten als swingender Sänger noch einmal unter Beweis zu stellen.
Wie Spielman selbst, sind seine Musikerkollegen auf dem Album hervorragend, das muss einfach gesagt werden. Für die ausgezeichnete Aufnahme und Produktion im hauseigenen Studio sorgte Drummer Torsten Krill, auf dessen Label das Album auch erschienen ist. Die CD steckt in einem exklusiven Hardcover, das auch ein eingeheftetes Booklet mit allen Texten enthält. Das unterstreicht den noblen Anspruch dieses Werks.
"Hilltop Garden" gehört, trotz seiner dem Ohr schmeichelnden, melodiebetonten Musik und der angenehmen Stimme Spielmans, sicher nicht zu den Scheiben, die die heimische Anlage sofort auf Wochen blockieren. Das Album benötigt einige Hördurchgänge und dann mit voller Aufmerksamkeit, bis es sich richtig erschließt. Eine zunächst etwas sperrige Schönheit, die erobert werden will! Die aber sicher in Magazinen 'für den besonderen Geschmack' die entsprechenden Notierungen erhält. Und auch die Fans im Jazzlager, die Pat Metheny, Charlie Haden, Al Di Meola oder Friend 'N Fellow und natürlich den 'Polizeimann' mögen, ansprechen wird.
Gäbe es da nicht eben jenen schöngeistigen Herrn aus England, der diese kultivierte Art der gemäßigten und genreübergreifenden Rockmusik bereits seit geraumer Zeit sehr erfolgreich vermarktet, wäre dem in Berlin lebenden Franken wohl spätestens mit diesem Album Ruhm und ein hoch dotierter Plattenvertrag gewiss. So bleibt abzuwarten, wann Ron Spielman den großen Schatten hinter sich lässt.
Line-up:
Ron Spielman (vocals, acoustic guitar, mandolin, banjo)
Rainer Tempel (piano, wurlitzer piano)
Jo Ambros (electric guitar, dobro, pedal steel)
Markus Bodenseh (bass)
Torsten Krill (drums, percussion)
Tracklist |
01:Home
02:Paradies Island
03:Fretboard Highway
04:In Another Life
05:Hilltop Garden
06:Tip Of My Tongue
07:Favourite Actress
08:I'll Fail
09:Radio Me
10:So Many Things
11:Leaving For Hollywood
12:Don't let Me Be Misunderstood
13:Wrap Up
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