Schluff Jull / 18.06.2011, Coffee House, Kleve
Coffee House Schluff Jull
Coffee House, Kleve
18. Juni 2011
Stil: Jam Rock / Southern Rock
Konzertbericht


Artikel vom 23.06.2011


Joachim 'Joe' Brookes
Schluff JullSchluff Jull gastierten am unteren Niederrhein. Das Konzert im Coffee House wurde von den Leuten der Klangfabrik Kleve e.V. organisiert. Nach so einigen etwas schlechteren Erfahrungen aus der Vergangenheit, die Olaf Kalemba während des Gigs zur Sprache brachte, wurde nach einem überwältigenden Auftritt festgestellt, dass man sich nun in Kleve sehr wohl fühlte.
Auch ohne die neun Akteure konnte man bemerken, dass die Bühne richtig voll war. Nicht ohne Grund zählt die Band allerdings zehn Mitglieder, denn Michael Arndt, der Mann am Mischpult gehört unumstößlich dazu. Der Sound war perfekt. Um kurz nach 21:00 Uhr wurde die Bühne geentert und mit "Eavesdropping" hatte die Combo einen perfekten Opener auf der Setlist. Latin-Flair füllte den Raum und Michael Becker sorgte mit einen vielen kleinen sowie großen Instrumenten für fein verteilte i-Tüpfelchen während des Songs. Kalemba zauberte ein heftiges Solo auf seiner E-Gitarre und Thomas Holtschoppen kam mit einer ersten, jazzig orientierten Tasteneinlage auf den Plan. Auch Georg Rikken tummelte sich bei seinem Alleingang in diesem Genre und weitere Kompositionen vom hervorragenden Album
Colors For Your Ears sollten noch folgen.
Schluff JullEinen weiteren Schritt in die Vergangenheit machte Schluff Jull mit den folgenden beiden Stücken. Zunächst bediente man das Publikum mit dem hervorragend funkenden "Mr. P Man", einer Nummer, die man auf
No Matter Of Age versteckt hat. Mit einem Funk-Saxofon-Intro, Stakkato-Blechbläsern und einem unwiderstehlich geslappten Basssolo von Detlef Jacobs war der Track eine echte Power-Angelegenheit. Der berühmte Funke wurde schon zu Beginn gezündet und sprang nun auf das zahlreich erschienene Publikum über. Bei dieser Musik fiel es schon schwer, ruhig zu bleiben. Dann wurde gleich an zwei Schrauben gedreht. Einerseits wurde die Zeit mit "The Well" (von Heartlines) noch weiter zurückgedreht und andererseits gleich mehrere Gänge höher geschaltet. Mit einem langen Instrumentalteil, der durch ein heftig rockendes Heinz Wiskozil-E-Gitarren-Solo eingeleitet wurde, kam dann auch Kalemba wieder zu Wort. Oh Mann, bei dieser mächtigen Action schlug selbst die Luft Blasen.
Schluff JullZurück in der Gegenwart war die Kapelle angekommen, als das vom Country beeinflusste "Passenger" von der momentan aktuellen CD Hang On To Your Dream gespielt wurde. Die Rhythmusabteilung sowie Keyboards und Gitarren sorgten für Nashville-Stimmung und das Bläsertrio brachte mit ihren melodischen Einschüben noch mehr Farbtupfer in Schluff Julls Spiel. Die Power-Ballade "If I Could" war so etwas wie der Ruhepunkt vor einem furiosen und lang ausgedehnten Ende des ersten Sets.
Schluff Jull"Like Rain" und "Turn On Your Lovelight" (Grateful Dead) sorgten für Jam-Stimmung und das begeisterte Publikum dankte es der Gruppe mit viel Szenenapplaus. Ja, auch eine Ballade konnte Jam-Charakter haben. Rikken spielte ein überirdisch-gedämpftes Trompeten-Solo, das bestens zur aufkommenden Abendstimmung und dem vom Regen durchnässten Pflaster vor dem Coffee House passte. Kalembas Saitenfahrt pendelte mit jazzigen Tönen zwischen Samt und Seide. Holtschoppen hatte nicht zum ersten Mal seine Keyboards auf Piano eingestellt und Becker brachte effektvoll seine Percussion-Instrumente zum Einsatz. Geregnet hatte es ja schon zur Genüge, aber mit seinem emotionalen Gesang öffnete Olaf noch mehr Schleusen. Wiskozil musste für sein klasse Solo Überstunden abrechnen. Das 'Licht der Liebe' brannte lichterloh und entwickelte sich zu einem Jam-Festival, bei dem Holtschoppen mit seinem Solo urplötzlich, wie aus einem Zauberhut hervorgeholt, zur Stelle war. Mit viel Drive ging es den Highway hinunter, doch plötzlich wurde das Tempo gebremst und Kalemba sagte etwas von einem 'Flashback'. Vor rund zwanzig Jahren spielte man in einer Klever Fabrikhalle. Karl-Heinz Bockholt damals trommelte auf Eisenträgern und es gab da eine Frau, die mit ihrer Ziege, die Bier trank, auflief. 'Goat Emma' hatte wohl dermaßen beeindruckt, dass Olaf sie mit einem abgeänderten "Lovelight"-Text ehrte. Sachen gib es, die gibt es doch! Und gejammt wurde, was das Zeug hergab.
Schluff JullNach der Pause war bester Blues angesagt. In "Liquid Blues" perlten die Tastenläufe bei Holtschoppens Solo wie große Regentropfen aus den Boxen und der Bassmann sorgte zusammen mit Bockholt für einen feinen Groove. Kalemba zupfte in "White Lies" ein Solo der hohen Töne und bei "Right As Rain", das zwischenzeitlich mit einem tollen Reggae-Rhythmus unterlegt wurde, spielte Olaf die Farben aus einem Regenbogen und die drei Bläser waren am Anfang und Ende die beiden Goldfässer.
Vielleicht wird sich ein als neu angekündigter Song ja auf einem weiteren Album der Band befinden. Verdient hatte es der Track, so ganz typisch Schluff Jull und das ist, bitte schön, nur positiv zu verstehen. Auf der Zielgeraden des Klever Gigs ließ sich mit "Sad, So Sad" ausgiebig entspannen und träumen. Solch ein Song ist einfach Genuss für die Sinne, wenn sich Trompete und Saxofon zu einem musikalischen Date treffen. Der "Left Bank Blues" ist ein 12-Takter mit einer ordentlichen Rock'n'Roll-Würzung und dazu passten die honky Riffs vom Holtschoppen perfekt. Dann verließ Becker seinen Arbeitsplatz und schnappte sich das bereits den gesamten Gig wartende Cajon. Am Bühnenrand begeisterte er die Anwesenden mit einer feurigen Trommeleinlage und zeigte, welche Klangmöglichkeit ein solcher Kasten zu bieten hatte. Gigantisch!
Schluff JullSchließlich wurde abermals der Groove in ganz fetten Buchstaben auf die Leinwand gemalt. "Jull's Boogie" hielt die begeisterten Zuschauer auf Trapp und dieser Melodiebogen von Gitarren sowie Bläsern gleichzeitig gespielt, brachte die Alarmglocken zum Klingen. Hölle, was für eine bombastische Nummer! Im ersten Song der Zugabe brannte die Hütte, denn schon nach den ersten Tönen war klar: Neil Youngs "Cortez The Killer" war ohne Ansage angesagt. Diesen Song, in der Schluff Jull-Interpretation mit Waldhorn- und Tenor-Saxofon-Solo vom Schorsch Rikken beziehungsweise Jürgen Liebert muss eine andere Band erst einmal bringen! Kalemba war mit einem furiosen Solo noch gar nicht am Ende, da brandete bereits Beifall auf. Die Zugabe wurde spontan um "Stranger's Dream" erweitert. Alle, für die die Combo bisher eine unbekannte Größe war, wurden von Schluff Jull voll überzeugt. Mit "At Least Sometimes" ließ man ein fulminantes, im wahrsten Sinne des Wortes begeisterndes Konzert von über zweieinhalb Stunden etwas ruhiger ausklingen. Ich bin mir ganz sicher: Es sind neue 'Jullheads' dazu gekommen.
Wir bedanken uns bei Olaf Kalemba für die problemlose Akkreditierung.
Line-up:
Olaf Kalemba (guitar, lead vocals)
Heinz Wiskozil (guitar, backing vocals)
Thomas Holtschoppen (keyboards, harmonica, backing vocals)
Georg Rikken (trumpet, flugelhorn)
Horst Schulz (alto saxophone, backing vocals)
Jürgen Liebert (tenor saxophone)
Detlef Jacobs (bass)
Karl-Heinz Bockholt (drums)
Michael Becker (percussion)
Michael Arndt (sound)
Schluff Jull       Schluff Jull
Schluff Jull       Schluff Jull
Schluff Jull       Schluff Jull       Schluff Jull       Schluff Jull
Externe Links: