Scorpions / Humanity - Hour I
Humanity - Hour I Spielzeit: 49:05
Medium: CD
Label: Sony BMG, 2007
Stil: Melodic Hard Rock


Review vom 09.06.2007


Ralf 'Jogi' Ruhenstroth
Wie eigentlich immer, wird man vor der Veröffentlichung eines neuen Scorpions-Albums von Newslettern förmlich erschlagen. Das Ganze dann jeweils in Englisch und in Deutsch. Da sind wir schon beim Thema, denn egal, was als Neues auf die Fans zukommt, es handelt sich immer um ein Produkt der wohl weltweit erfolgreichsten deutschen Band aller Zeiten. Wer die europäische Rockgemeinde nimmt, wer im Laufe seiner Karriere Amerika und auch Russland erobert, was will denn der noch erreichen?
Die Scorpions verlautbaren natürlich, dass sie heißer denn je sind und haben sich für mehrere Monate in Amerika in ein Studio eingenistet. Und sie haben sich einen Spitzenmann als Produzenten ausgesucht. Dieser Mann heißt Desmond Child, alias John Charles Barrett, der zuletzt auch an Meat Loafs "Bat Out Of Hell III" - The Monster Is Loose die Knöpfe bediente. Also ein sehr erfahrener Mann, wie die Scorpions selbst auch.
Da ich mit den letzten Alben der Scorpions gar nichts mehr anfangen konnte, denn ehrlich gesagt war "Unbreakable" aus dem Jahr 2004 für mich überhaupt nichts, hatte ich vor dem Einlegen von "Humanity - Hour I" auch wenig Hoffnung. Ich hatte Angst vor einem Gesäusel wie "Wind Of Change" und einem weiteren Versuch der Skorpione, mit ausschließlich kommerziellen Akkorden weitere Single-Hits einzufahren.
»Welcome To Humanity - This is Hour I« droht uns da eine Dame an und dann werden meine Augen etwas größer und die Klappe steht weit offen. Die Gitarren wurden nach unten gestimmt, düstere Riffs, groovige Rhythmen, straight, rockig und erfrischend. Das muss ja wohl ein Versehen sein, aber der Opener ist ein kerniger und toller Track.
Weiter geht es mit "The Game Of Life", melodiös wie man es durchaus erwarten konnte, mit interessanten Flageolett-Tönen, einem eingängigen Refrain und natürlich chartverdächtig. "We Were Born To Fly" beginnt sanft und anschmiegsam und bietet einen stampfenden Mittelteil. Die im Pianoteil zu Beginn des Songs "The Future Never Dies" gewählten Gesangsarrangements erinnern von ihrem Ablauf her an die alten Queen, ohne dass man nun beim besten Willen behaupten könnte, dass Klaus Meine wie ein Freddie Mercury klingt. Dafür ist das Stück im weiteren Verlauf kompositorisch perfekt abgestimmt.
Die Scorpions im Jahr 2007 bieten aber auch schlichten Rock. Und das ist gut so. Bei "You're Lovin' Me To Death" werden keine Gefangenen gemacht. Es wird munter drauf los gerockt und die Band klingt absolut unbekümmert. Was finden wir noch auf diesem, wohlbemerkt, Konzeptalbum? Die Hannoveraner packen die Heavy-Keule aus ("321"), sind dann im nächsten Moment wieder radiotauglich ("Love Will Keep Us Alive"). Gekonnt, ohne Zweifel herzzerreißend können sich die Skorpione die Schmusetour nicht verkneifen. Dennoch muss angemerkt werden, dass dieses Album so seiner Dosierung der einzelnen Stilmixe einen richtig ausgewogenen Eindruck macht.
Die Scorpions klingen an manchen Stellen wieder richtig dreckig, laut und versprühen den Charme einer Hard Rock Band. Klaus Meine klingt sehr angenehm. Vielleicht etwas zurückhaltender als gewohnt, umso mehr aber mit Pfiff. Matthias Jabs mit tollen Soli und ein Rudolf Schenker, der den Rhythmus wie in seinen besten Zeiten zelebriert.
Ich bin beeindruckt, das ist alles kein Versehen, sondern ein perfekt eingespieltes Album. Als jemand, der in seinem Leben tausende Male den Live-Klassiker "Tokyo Tapes" gehört hat, der 1983 in der Dortmunder Westfalenhalle sichtlich nervös der Veröffentlichung der Scheibe "Love At First Sting" entgegen fieberte, hatte ich keinen Pfifferling mehr auf diese Band gesetzt. Respekt und eine echte Überraschung, was uns hier geboten wird.
Line-up:
Klaus Meine (vocals)
Rudolf Schenker (guitars)
Matthias Jabs (guitars)
Pavel Maciwoda (bass)
James Kottak (drums)
Tracklist
01:Hour I (3:26)
02:The Game Of Life (4:04)
03:We Were Born To Fly (3:59)
04:The Future Never Dies (4:03)
05:You're Lovin' Me To Death (3:15)
06:321 (3:53)
07:Love Will Keep Us Alive (4:32)
08:We Will Rise Again (3:49)
09:Your Last Song (3:44)
10:Love Is War (4:20)
11:The Cross (4:29)
12:Humanity (5:26)
Externe Links: