Sister Sin / Dance Of The Wicked
Dance Of The Wicked Spielzeit: 42:50 (CD), ~41:00 (DVD)
Medium: CD/DVD
Audio-/Videotechnik: k. A.
Label: Victory Records/Soulfood, 2013 (2003)
Stil: Hard Rock / Heavy Rock

Review vom 18.09.2013


Jochen v. Arnim
Nach rund zehn Jahren schon ein Re-Release? Das bedeutet in der Regel, dass die Qualität der ersten Veröffentlichung nicht so richtig prall gewesen sein muss oder es gibt einen anderen, guten Grund dafür. Und genau so ein Grund liegt hier vor: Die Originalfassung von "Dance Of The Wicked" ist schon länger out of print und so gut wie nicht mehr zu bekommen - neu schon gar nicht.
Also noch einmal die alten Spuren rausgesucht, eine kleine Frischzellenkur spendiert, ein paar Boni angehängt und ab mit dem Ding ins Presswerk. Weil das aber noch nicht genug ist, gibt es noch eine Ladung Clips, die auf einer beigefügten DVD für einen gewissen Mehrwert sorgen.
Habe ich als Fan von Sister Sin diese erst in den letzten fünf Jahren für mich entdeckt, so birgt das Debüt die Offenbarung, dass sich die Band seinerzeit halt noch ein wenig in der Phase des Suchens befunden haben muss. "Dance Of The Wicked" ist wesentlich weniger hart und dreckig als die danach kommenden Werke, Switchblade Serenades (2008), True Sound Of The Underground (2010) und Now And Forever (2012). So etwas ist grundsätzlich natürlich nicht weiter schlimm, man möge halt nur gewarnt sein. Die ursprüngliche Produktion wurde zudem mit einem extrem schmalen Budget durchgezogen und so mag das Remastering durchaus Sinn machen.
Sängerin Liv ist ja in ihrer stetig wachsenden Fangemeinde als eine Frau bekannt, die mehr Eier hat als viele männliche Kollegen (Sinnzitat) und dementsprechendes Gebaren auf der Bühne an den Tag legt. Dazu kommt ihre kräftige Stimme, die zwar im vorliegenden Fall eher klar ist, aber ansonsten den Ruf der Sleaze-Röhre zu einhundert Prozent verdient.
Hier liegt jetzt auch das 'Grundproblem' von "Dance Of The Wicked", denn die Scheibe klingt sehr viel melodiöser, natürlich auch gesanglich bedingt, als die späteren Outputs. So muss beim Opener "Kiss The Sky" oder auch später bei "Love Lies" eher an eine Mischung aus (Ihr dürft mich jetzt steinigen) Girlschool und Heart denken, denn an die sleazig-glammige Liv des Jahres 2013.
Ich habe ja immer ein Problem damit, wenn eine Band auf ihrem Debüt direkt mit einer Cover-Version irgendeines berühmten Songs aufwartet. Das hat gerne mal den Anschein, als wolle man unbedingt einen Longplayer auf den Markt werfen, habe aber nicht ausreichend eigenes Material (speziell bei der damaligen Spielzeit von noch nicht einmal einer halben Stunde…). Im vorliegenden Fall geht es um "Paint It Black", das uns ja schon Mitte der Sechziger von den Rolling Stones beschert wurde. Die Intonation der Schweden gehört trotzdem zu einer der besseren, die ich kenne. Es ist durch die ansatzweise vorhandene rotzige Arschtreter-Attitüde zu einem durchaus gelungenen Stück geworden.
Auf der negativen Seite des Debüts stehen - rein subjektiv empfunden - die balladenhaften Passagen. "Tragedy Loves Company" ist da so ein passendes Beispiel, wo klar wird, dass es einfach nicht das Ding für die Frontfrau zu sein scheint, getragene Weisen darzubieten.
Die Band hat sich nicht lange nach dem ursprünglichen Release der Scheibe von den Tracks distanziert, in dem sie davon live einfach nichts mehr gespielt hat. Trotzdem komme ich nicht umhin zu sagen, dass mir das Debüt in der vorliegenden Fassung richtig gut gefällt.
Dazu mögen auch die vier Bonustracks beitragen, darunter drei Demo-Songs, die aus der späteren Schaffensphase von Sister Sin stammen und schon kräftiger zutreten, wie zum Beispiel "Writings On The Wall", das mit kernigem Riffing aufwartet und Livs Stimmgewalt gut zur Geltung bringt. Auch "Head Over Heels For Love" hat schon etwas von der späteren Geschwindigkeit, mit der die Skandies heutzutage so unterwegs sind.
Als vierten Song hat man sich "Rock'n'Roll" von Motörhead ausgesucht, das im Duett mit der deutschen Rockröhre und Metalqueen Doro geknüppelt wird. Mit Frau Pesch waren die Schweden übrigens 2011 gemeinsam auf Tour.
Die DVD ist genau das, als was man sie hier beigefügt hat, nämlich ein kostenloses Extra. Nichts zum ständigen Anschauen, aber trotzdem sind alle Videoclips (keine billigen Live-Mitschnitte) doch durchweg gelungen. Die Spannweite der zehn Takes geht über die letzten drei Alben und ist als Bonus insoweit interessant, als dass man es als logische Fortentwicklung der Band zum gerade eben gehörten Debütalbum sehen kann. Passenderweise fängt die DVD mit dem "Fight Song" an: »Fuck you! Fuck them & fuck the world too!«
Bild und Ton sind mehr als OK, somit ist auch auf der DVD kein Ausfall zu verzeichnen.
Ich kann dieser Veröffentlichung natürlich keine "10" vergeben, dazu ist das Album zu weit von einem Meilenstein entfernt. Trotzdem handelt es sich um ein lohnendes Package, nicht zuletzt wegen der Boni, das so manchen Fan begeistern wird. Mir persönlich gefällt nicht nur der aktuelle Stil der Band, auch die frühe Ausrichtung vermag mich sehr anzusprechen und insofern bleibt mir nur ein lautes Tack så mycket!
Line-up:
Liv Jagrell (vocals)
Jimmy Hitula (guitar)
Strandh (bass)
Dave Sundberg (drums)
Chris (bass, vocals) [bis 2003]
Johnny (guitar, vocals) [bis 2004]
Doro Pesch (guest appearance #12)
Tracklist
CD:
01:Kiss The Sky
02:Dance Of The Wicked
03:Fall Into My Dreams
04:End Of The Beginning
05:Love Lies
06:Dirty Damn I
07:Paint It Black
08:Tragedy Loves Company
09:Minor You (Major Me) [Demo]
10:Writings On The Wall [Demo]
11:Head Over Heels For Love [Demo]
12:Rock'n'Roll
DVD:
01:Fight Song
02:Hearts Of Cold
03:End Of The Line
04:End Of The Line
05:24/7
06:Outrage
07:One Out Of Ten
08:On Parole
09:Rock'n'Roll
10:Sound Of The Underground
Externe Links: