Skinny Molly / 05.11.2013, Quasimodo, Berlin
Quasimodo
Skinny Molly
Quasimodo Berlin
05. November 2013
Konzertbericht
Stil: Southern Rock


Artikel vom 11.11.2013


Mike Kempf
Kenner wissen, Skinny Molly entstand 2004 um die Sänger und Gitarristen Mike Estes (ehemals Lynyrd Skynyrd) und Dave Hlubek (Ex-Molly Hatchet) sowie dem Trommler Kurt Pietro. Durch die damaligen Umstände ist es gut nachvollziehbar, dass dadurch der immer noch aktuelle Bandname Skinny Molly, quasi eine Mischung aus beiden, entstanden ist. Mittlerweile hat sich das Line-up der Band geändert, ist von der Entstehungsstunde nur noch Estes und Pietro übrig und wurde zwischenzeitlich durch den Bassisten Luke Bradshaw sowie den Klampfer und Background-Sänger Jay Johnson ergänzt. Vorab lese ich mir schnell noch Steves letztjährige Haywire Riot-Rezension durch, der letzten Veröffentlichung der Combo, die zwar für diesen Abend einiges erwarten lässt, ich jedoch seit dem Lynryd Skynryd-Gig in der Spandauer Zitadelle vor gut eineinhalb Jahren einen leichten Langzeitschaden erlitt und daher mit geringer Erwartungshaltung dem bevorstehenden Live-Erlebnis entgegen sehe.
Skinny Molly Eigentlich ist gegen 20:00 Uhr ein Interview geplant, doch die Band hat nach ihrem Soundcheck wahrscheinlich erstmal die Hotelbetten aufgesucht und dabei vermutlich vergessen, den Wecker zu stellen. Es ist allein meinem Kollegen Holger zu verdanken, dass ich nicht komplett in schlechte Laune verfalle, da er mich in den folgenden gut zwei Stunden mit netten Geschichten auf Betriebstemperatur hält. Als die Band gegen 22:10 Uhr die Bühne betritt, bin ich gespannt, ob es das Quartett schafft, mich nach dem Intermezzo des Zeittotschlagens, gegen Ende der Show mit einem positiven Eindruck nach Hause schickt.
Skinny Molly Und was ich selbst vor ein paar Minuten für fast ausgeschlossen hielt, tritt bereits nach den ersten Arbeitsnachweisen der Band ein: Mein Adrenalinspiegel steigt schnell in ungeahnte Höhen und ich habe Probleme wegen meines ständigen Mitwippens, wackelfreie Clips einzufangen. Schuld daran sind die vier US-Boys, die es glänzend verstehen, ihren Southern Rock mit leichten europäischen Blues Rock-Anleihen so gut zu mischen, dass dadurch nie Langeweile aufkommt. Als erstes sticht mir das Kraftpaket Jay Johnson ins Visier. Der tätowierte Kopftuchträger wirkt rein körperlich so gewaltig, dass ich beschließe, egal wie gut oder schlecht er spielt, schon aus gesundheitlichen Gründen, ihm nach dem Gig meine uneingeschränkte Freundschaft anzubieten. Doch von wegen, gut oder schlecht, ob mit 'nem Bottleneck oder 'nur' mit 'nem Plek bewaffnet, Jay unterstreicht mehrmals, dass er sein Handwerk hervorragend versteht. Ich versuche zu begreifen, wie er es schafft, Skinny Molly mit seinen Pranken fast so filigran die Saiten seiner wunderschön gestylten Gitarre zu zupfen, mit der Präzision eines Feinmechanikers. Respekt, Mister Johnson!
Ihre Setliste ist erwartungsgemäß stark nach "Haywire Riot" ausgerichtet und so kommen die Fans in den Genuss des fast kompletten Albums. Mittig hat sich Mike Estes positioniert, der hauptsächlich für die Textvorträge zuständig ist und diese mit herbem Unterton völlig ungeschminkt und authentisch rüberbringt. Währenddessen zupft er als Lead- oder Rhythmusklampfer an den Saiten seiner ungelackten Les Paul und präsentiert sich so wie Jay Johnson auch als exzellenter Slidegitarrist. Rechts außen gibt sich der Tieftonexperte Luke Bradshaw an seinem Fünfsaiter die Ehre und versprüht eine derartige Energie, so, als ob er der Titelverteidiger im weltweiten Rodeoreiten ist und gut und gern auch Lucky Luke heißen könnte. Für meinen Partner Holger ist es anhand seiner rastlosen Performance fast unmöglich, ihn scharf mit dem Objektiv einzufangen. Skinny Molly Schon bemerkenswert, dass Brad mit Sprüngen in Trampolinmanier sich keinen einzigen Spielaussetzer leistet.
Ganz hinten sorgt Haudrauf-Spezi Kurt Pietro dafür, dass seine Vorderleute nicht nur den Takt halten, sondern er treibt die Band mit seinen Schlagsalven unermüdlich nach vorne. Nun gut, diese lassen sich nicht lange bitten und je länger das Konzert anhält, umso befreiter spielen sie auf. Wie meint mein Nachbar Wolfgang eben per Seitenhieb? »Dajejen kannste Lynryd Skynryd echt vajessen«. Rechte haste, Wolfgang!
Skinny Molly So, als ob die Kapelle unseren Dialog mitbekommen hat, haut sie den Anwesenden mit "Sweet Home Alabama" und "Free Bird" zwei LS-Klassiker als Zugaben um die Ohren, die von der impulsiven Darbietung und ihrer Eigenkreation das Fass meiner Glückshormone zum Überschwappen bringt. Auch wenn die Zugaben echte Leckerlis sind, sind sie auf diese Coverversionen gar nicht angewiesen. Sei es wie es sei, ich habe heute einen Südstaatenrock der Extraklasse erleben dürfen und schließe mich eines Zitats meines Kollegen Steve an: »So muss Southern Rock klingen!!«. Schade nur, dass von den ca. 3,5 Millionen Berlinern, nicht einmal 0,01% den Weg ins Quasimodo schafften. Das hätte für ein ausverkauftes Haus gesorgt, doch stattdessen waren nur ca. 70 bis 80 Fans vor Ort. Es ist aber der einzige Wermutstropfen, den ich vermelden muss, denn sowohl die Band Skinny Molly als auch der Club hatten an diesem Abend viel mehr Fans verdient gehabt, doch die, die da waren, kamen voll auf ihre Kosten.
Wie üblich, nach einem tollen Live-Erlebnis, wird der Merchandise-Stand belagert, um sich diverse Tonträger signieren zu lassen und um das ein oder andere Wort mit den Bandmitgliedern zu wechseln. Als ich vor Mike Estes stehe, fragt er mich (gleich ins Deutsche übersetzt) »Wirst Du positiv von unserem Konzert berichten?«. Mit einem breiten Grinsen registriert er von mir ein »Mike, worauf Du Dich verlassen kannst!«. RockTimes bedankt sich beim Quasimodo-Team für die problemlose Akkreditierung und den reibungslosen Ablauf!
Line-up:
Mike Estes (vocals, guitar)
Jay Johnson (guitar, vocals)
Luke Bradshaw (bass)
Kurt Pietro (drums)
Skinny Molly     Skinny Molly     Skinny Molly
Skinny Molly  Skinny Molly  Skinny Molly
Externer Link: