Es gibt wenige Platten bei deren Hören man sofort gefühlsmäßig angesprochen wird. Manche klingen - sagen wir mal - ganz nett, man kann sie so ganz nebenbei hören beim Grillen und Chillen, andere bringen einen dazu, wild durch die Gegend zu hopsen und sämtliche zur Verfügung stehenden Glieder zu verrenken. Und dann gibt es solche, die einen dazu zwingen, zuzuhören, still zu sitzen, sich zu konzentrieren und die Musik auf sich wirken zu lassen - naja - ab und zu schon mal mitzuwippen.
Und genau das schaffte ein Musiker, dessen Album dieser Tage den Zugang in meinen Player fand: Slowman aka Svante Törngren mit seiner - schlicht betitelten - "The Best Of". Offen gesagt ist mir dieser Künstler bis jetzt 'noch nie über den Weg gelaufen'. Kein Wunder, denn wer verbindet Schweden schon mit einer Mischung aus Blues Rock, Country und Americana, statt mit Schwedenstahl? Auf die Idee wäre ich am allerwenigsten gekommen, bestanden meine 'Elch-Tests' bisher ausschließlich aus Power Metal-Bands wie Stratovarius, Crystal Eyes, Morgana Lefay usw.
Und nun d-a-s! Eine Rock-Scheibe, die mich vom Hocker reißt, die mich eben in ihren Bann zieht. Hier gibt es keine technischen Frickelorgien auf der E-Gitarre, nein, hier gibt's mal ne Slide, mal ne Akustische, ein paar Wah Wah-Spielereien, ein paar Piano-Einsprengsel, ein paar tolle Gitarrensoli - die aber nie ausufernd, sondern lediglich schmückendes Beiwerk sind. Es regieren einfach die leisen, gefühlvollen Töne, selbst wenn es ab und zu mal etwas heftiger zur Sache geht.
Aber wer ist dieser Slowman eigentlich?
Nun, trotz aller Recherche, viel ist nicht über ihn zu erfahren. Geboren wurde Svante Törngren 1957 in Linköping (Schweden). Bereits im Alter von sieben Jahren begann er Gitarre zu spielen.
Seine Bandbreite reicht von Soul über Pop bis hin zum Afrofunk. So spielte er in verschiedenen Bands (was jedoch - aus unerfindlichen Gründen - nie so richtig klappte) und erreichte einen gewissen Bekanntheitsgrad durch Jimi Hendrix-Cover. Törngren hatte niemals vor, sich musikalisch anzupassen. Das führte dazu, dass er Mitte der 80er den Plattenfirmen den kalten Rücken zeigte.
Doch nun ist er zurück in der Musikszene - mit seinem Debütalbum, dass sich kurioserweise "The Best Of" nennt.
Warum "Best Of"?
Nun, viel Zeit hat er sich gelassen, der Svante, um die '15 besten Songs' aus über 20 Jahren musikalischer Schaffenskarriere auszuwählen; alles Stücke, die der Musiker selbst geschrieben und komponiert hat. Ja, ihr habt richtig gelesen, bis zur Veröffentlichung der Scheibe vergingen tatsächlich über 20 Jahre, deshalb nennt er sich übrigens auch 'Slowman'.
Und was ist nun das Besondere an "The Best Of"?
Der Mann fühlt sich in jeder 'Schublade' wohl. Ganz grob könnte man sagen, die komplette Platte besteht aus einem Mix aus Blues, Blues Rock, Americana, ein bissel Soul, ja selbst eine Prise Gospel ist rauszuhören. Somit ist die Scheibe sehr abwechslungsreich geworden und schreit einfach danach, sich den Stücken voll und ganz zu widmen.
Tja, und wie klingt die Musik eigentlich wirklich?
Nun, wie eine Mischung aus Rob Tognoni, John Campbelljohn und Elroy. Mit Tognoni und dem Slide-Spezialisten Campbelljohn kann vielleicht der eine oder andere was anfangen, aber wer kennt Elroy? Süffisant könnte ich ja sagen: Lest bei RockTimes nach…
Aber tatsächlich liegt der Vergleich mit den genannten Bands sehr nahe. Da gibt es Power-Blues Rock ("Don't Count Me Out" oder auch "Take It Down"), bei dem selbst die Stimme Törngrens der des 'Tasmanischen Teufels' verdammt nahe kommt. Dazu lässt es sich Slowman nicht nehmen und schießt noch so ganz nebenbei ein geiles Solo aus den Hüften. Als Krönung werden die Stücke mit Refrain-Chören gekonnt aufgepeppt.
Der Opener dagegen kommt, trotz seines etwas schwermütigem Intros, eher relaxt daher und hat sogar ein paar ganz spezielle orientalische Einlagen, wie man sie so oft auf den Solo-Scheiben Robert Plants (besonders auf "Manic Nirvana") hören kann.
"You Can't Treat Me This Way" - da seh ich doch gleich ein Franzosenkäppi vor meinem geistigen Auge: Slidemeister Campbelljohn! Denn eine feine Slide-Gitarre übernimmt in diesem Stück die Führung! Natürlich ist die im Hintergrund zu vernehmende E-Gitarre nicht zu überhören, die das Spiel der Slide 'befruchtet'. Weija, hat dieser Slowman hier eine verdammt erotische Stimme, wenn er ins Mikro stöhnt: »So woman, you can't treat me this way/hey woman, you can't treat me this way«. Überhaupt überrascht der Mann immer wieder mit seinem wandelbaren Gesang. Lars Lundell gibt zum Schluss noch etwas Salz in die Suppe und beschließt das Ganze mit konfusem Pianogeklimper. Zum Niederknien und der Lautstärkeregler hat gerade den Anschlag erreicht - Mist!
Die wunderschöne Liebesballade "Lovers In The Rain" wird von Slowman im Duett mit Katarina Byman-Seger gesungen. Da ist Gänsehautfeeling bereits vorprogrammiert und Erinnerungen an Plant/Kraus werden wach. Und bei dem leichtfüßigen "Slowman" gibt es kein Halten - da schnipsen die Finger und der Fuß wippt einfach mit.
"Rock'n'Roll Victim" - der Name ist Programm, die Harp wird gezückt - Wahnsinn, wie sich diese nun ausgiebig mit der Gitarre duelliert - und es rockt der Saal. Und da 'isser' wieder: der unweigerliche Tognoni-Vergleich.
Bissel Soul mit Gospelanklängen gefällig? Könnt ihr haben, indem ihr Euch "Standing" reinpfeift.
Fünfzehn Stück sind auf der Scheibe, fünfzehn Perlen, kein Song bei dem ich behaupten könnte, der fällt ab oder gehört gar in die Tonne. Ob es nun so feine Balladen sind, wie "Put The Blame On Me" - hier hab ich übrigens die bereits erwähnten Elroy im Ohr - oder aber "Hell Of A Woman" und "Long Lost Friends", die beide ein herrliches Country-Flair versprühen, ich falle von einem Begeisterungssturm in den anderen und kann bereits jetzt schon sagen, dass diese Scheibe Anwärter für meine Wahl zur 'Platte des Jahres' ist, liegt sie doch wie Blei in meinem Player und macht nur ungern Platz für die nächsten Besprechungen.
Es bleibt nur noch zu hoffen, dass "The Best Of" keine Eintagsfliege des Svante Törngren bzw. Slowman bleibt, denn sein kompositorisches Können hat er ja nun mit dieser interessanten Veröffentlichung eindrucksvoll unter Beweis gestellt.
Beide Daumen nach oben!
Line-up:
Slowman (vocals, guitars, harmonica)
Lars Lundell (keyboards)
Henrik Nordgren (vocals, bass)
Stefan Rosén (drums, percussion, vocals)
Gäste:
Michael Berman (vocals, guitar, harmonica)
Katarina Byman-Seger (vocals)
Günter Görres (violin)
Jesper Lindeberg (banjo)
Tom Martinsen (washboard)
Christer Åberg (accordion, vocals)
Erik Arvinder (violin - #6,10)
Andreas Forsman (violin - #6,10)
Erik Holm (viola - #6,10)
Henrik Söderkvist (cello - #6,10)
Tracklist |
01:Taking The Long Way Home (4:22)
02:Don't Count Me Out (3:03)
03:Take It Down (2:51)
04:You Can't Treat Me This Way (3:15)
05:All Tied Down (4:21)
06:Lovers In The Rain (4:30)
07:Slowman (3:52)
08:Rock'n Roll Victim (3:32)
09:Stuck With The Blues (4:04)
10:Standing (5:51)
11:How Could I Live On (4:25)
12:Put The Blame On Me (5:05)
13:Hell Of A Woman (3:36)
14:Long Lost Friends (4:28)
15:If I Ever (3:14)
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Externe Links:
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