Sons Of Seasons / Gods Of Vermin
Gods Of Vermin Spielzeit: 65:01
Medium: CD
Label: Napalm Records, 2009
Stil: Symphonic Metal

Review vom 12.06.2009


Boris Theobald
Die frische Band Sons Of Seasons ist der Zögling von Kamelot-Keyboarder Oliver Palotai. Bereits 2007 hatte er sie aus der Taufe gehoben, um nach seinen vergangenen und bleibenden Engagements für und mit Doro, Blaze und Kamelot auch eine echte Hausmarke zu besitzen, unter der man Selbstkomponiertes unters Volk bringen kann.
Schließlich hat Palotai als studierter Jazz- und Klassik-Musiker einiges auf dem Kasten sowie in den Fingern und fühlte sich dazu berufen, mit eigenem Material verstärkt musikalische Grenzen auszureizen. Kern des Ganzen bleibt natürlich Heavy Metal. Aus dem Bereich stammen auch seine Mitmusiker, Bassist Jürgen Steinmetz (Silent Force), Metalium-Sänger Henning Basse und Drummer Daniel Schild, wie Palotai ein Musik-Akademiker.
Die Sons Of Seasons schaffen mit ihrem Debütalbum tatsächlich einen beträchtlichen musikalischen Mehrwert - diese Neugründung hat sich gelohnt. Mit Kamelot lässt sich die Musik nur zum Teil vergleichen. Beim Stil seiner umfangreichen Keyboard-Inputs bleibt sich Palotai allerdings treu und verziert die Stücke mit Unmengen von mysteriös-spannenden Klängen, die "Gods Of Vermin" zu einem Heavy-Soudtrack für ein düsteres Fantasy-Epos machen.
Ansonsten geht es wesentlich heftiger zur Sache als bei Kamelot. Wir haben es mit symphonischem Heavy Metal zu tun, der üppig mit fiesen, thrashigen Passagen gespickt ist. Des öfteren wird auch gut und gern mit aggressiven Staccato-Riffs Speed Metal-mäßig und Double-Bass-lastig geholzt. Alle rauen musikalischen Gewitterstürme sind erstens von höchster technischer Güte und zweitens unterbrochen von lyrischen Breaks.
Vor allem hier spielt Oliver Palotai seine Liebe zu Jahrhunderte alten Einflüssen aus - seien es nun bombastisch-orchestrale Einlagen, reduzierte Kammermusik-Klänge oder eine klassische Akustikgitarre. Klassik-affin ist auch der opernhafte Gesang von Simone Simons. Palotai hat seine Freundin gleich zu mehreren Gast-Auftritten überreden können: bei der mystisch angehauchten Ballade "Wintersmith" und bei "Fallen Family", einem der epischeren Tracks auf "Gods Of Vermin".
Hier kann man durchaus stilistische Parallelen zu Simons' Stammband ziehen - ganz ähnlich wie bei Epica gibt es hier sinnlich schönen Gesang zu speedigem Thrash, abgelöst von übellaunigem männlichem Gesang. Dieses Spiel mit Gegensätzen wirkt aber nur bis zu einem gewissen Punkt. Im Mittelpart des Songs werden all zu viele Versatzstücke unvermittelt aneinandergeschnitten: Death-Growls, Ein Bass-Solo-Spot, ein paar wortlose, wehklagende Gesangseinwürfe von Simone Simons, ein paar Streicher, frickelnde Gitarren und Keyboards... alles punktuell hübsch; doch leider fehlt der rote Faden.
Daher liegen die Stärken des Albums woanders. Zum Beispiel beim ebenfalls komplexen "Wheel Of Guilt", einem episch aufgebauten Stück dunklem Epic Metal mit Kirchenchor-Passagen. Oder bei den melodischen Prachtstücken "Sanatorium Song" (erinnert an die Pyramaze-Scheibe Immortal mit Sänger Matt Barlow) und "A Blind Man's Resolution" (ein Götter-Chorus, qualitativ auf der Stufe von "V - The New Mythology Suite" von Symphony X).
Das i-Tüpfelchen auf dem gesamten Album ist der großartige Henning Basse. Das ist schon mehr als bloßer Gesang - das ist leidenschaftliche Hingabe! Von zart, wehmütig und zerbrechlich über inbrünstig, laut und elegisch bis hin zu wütend, kehlig und aggressiv reicht die Palette dieses emotionalen Alleskönners - und das meistens alles innerhalb eines einzigen Songs; man nehme nur einmal "The Piper", eine Powerballade der besonderen Art. Henning Basse macht wirklich jeden Song zu einem akustischen Bühnenakt - wozu natürlich auch das überwiegend sehr, sehr gute Songwriting unerlässlich ist.
Bis auf ein paar Ausnahmen, wo die mannigfaltigen musikalischen Einflüsse etwas zu unmotiviert zusammenkommen, ist "Gods Of Vermin" ein ausgesprochen starkes Debütalbum und Sons Of Seasons eine interessante Hausnummer für Liebhaber epischer (Savatage), fantastischer
(Blind Guardian), symphonischer (Nightwish) und progressiv angehauchter (Symphony X) Schwermetall-Feinkost der technischen Extraklasse. Dafür gibt's 8 von 10 RockTimes-Uhren und die Hoffnung, dass diese vielbeschäftigten Musiker die Zeit für einen Nachfolger haben werden. Die Messlatte liegt nun ziemlich hoch!
Line-up:
Henning Basse (vocals)
Oliver Palotai (keyboard, guitar)
Jürgen Steinmetz (bass)
Daniel Schild (drums)

Guest Musician:
Simone Simons (vocals)
Tracklist
01:The Place Where I Hide (1:10)
02:Gods Of Vermin (6:00)
03:A Blind Man's Resolution (4:38)
04:Fallen Family (5:11)
05:The Piper (4:55)
06:Wheel Of Guilt (7:59)
07:Belial's Tower (6:21)
08:Fall Of Byzanz (6:33)
09:Wintersmith (5:24)
10:Dead Man's Shadows (3:48)
11:Sanatorium Song (5:43)
12:Third Moon Rising (7:11)
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