Space Debris / Phonomorphosis
Phonomorphosis Spielzeit: 20:46 (side 1), 19:47 (side 2), 19:46 (side 3), 18:13 (side 4)
Medium: Do-LP
Label: Breitklang (Green-Brain), 2014
Stil: Jam'n'Kraut

Review vom 07.04.2014


Markus Kerren
Wow, diesmal hat die südwestdeutsche Jam-, Space- und Krautrock-Institution von Space Debris aber mal so richtig zugeschlagen. War das nunmehr seit einigen Jahren als Quartett agierende Team eigentlich immer schon für lange bzw. längere und teilweise ausufernde Improvisationen bekannt, so liefert es auf seinem aktuellen Werk vier neue Songs ab, die jeweils etwa zwanzig Minuten Spielzeit aufweisen können. Die Odenwälder haben sich ja mittlerweile vollkommen zu Recht einen hervorragenden Ruf in der Szene erspielt, sodass man immer - schon ganz aufgeregt - wie vor einer Wundertüte sitzt, wenn man dann ein neues Werk dieser Combo in den Fingern hat.
Leise, fast schon beschwörend beginnt "Colossus Stranded" diese Scheibe, bei dem zunächst das Keyboard von Winnie Rimbach-Sator die Leadrolle einnimmt und uns mit seinen Melodien in krautige, aber auch nahöstliche Gefilde mitnimmt. Der Film im Kopfkino des Hörers nimmt spätestens nach zwei Minuten konkrete Formen an. Als Gast gibt hier Magic Petra eine tolle Einlage, während sie wortlose Gesangsmelodien über die Musik legt. Selbstverständlich tritt dann recht schnell auch Tommy Gornys geiles Gitarrenspiel auf den Plan. Der soliert zwar zunächst alleine, liefert sich im Laufe dieser Nummer dann aber wieder mal ein packendes Duell mit Rimbach-Sators Orgelsounds. Mehr davon!
Nach dieser teilweise verträumt-dahintreibenden und teilweise rockig-attackierenden Nummer geht es weiter zum Titelsong. Hier treten neben den bereits gehörten Qualitäten auch noch deutliche Jazz-Einflüsse und Elektronik-Spielereien auf den Plan. Und zwar nach einem sehr krautigen Beginn, der die ersten Minuten dominant beherrscht hat und einem sich anschließenden rockigen Part. Und genau das ist die Stärke dieser Band: Es gibt keine Grenzen, die vier Musiker bewegen sich nahezu traumwandlerisch zwischen den Stilen, sie glänzen sowohl individuell wie auch unüberhörbar ist, was für eine starke Einheit hier herangewachsen ist.
Aber ohne die beiden Solisten schmälern zu wollen, muss unbedingt auch nochmal pointiert auf den Motor der Band, nämlich Mitja Besen am Bass und Christian Jäger am Schlagzeug hingewiesen werden. Diese beiden liefern nämlich nicht nur einen ungeheuren Beitrag dazu ab, die überlangen Tracks zusammen zu halten, sondern spielen ihre ganz eigenen Soli - wenn man sich auf die Rhythmusabteilung konzentriert - auch innerhalb ihres 'eigentlichen' Jobs. Wohl dem, der solche Könner neben sich hat.
Auf einer sehr souligen Note startet "Cat Flow Deluxe", um sich im Anschluss dann deutlich rockiger zu gestalten. Plötzlich kommen zusätzliche Funk- und Fusion-Elemente ins Spiel, die den Hörer nicht nur bei Laune, sondern vor allem auch auf Trab halten. War man bisher noch nicht von Gornys Gitarrenspiel beeindruckt, dann hat man spätestens genau hier diesen Punkt erreicht. Langeweile war gestern, im Hier und Jetzt sind Space Debris im Spiel!
Sehr treibend und rockig ist bereits der Beginn von "Journey Back To The Moon". Aber natürlich steckt auch in diesen gut 18 Minuten jede Menge Abwechslung, sehr unterschiedliche Parts und viel Improvisationsfreude. Herrlich der ganz ruhige Teil in der zweiten Hälfte des Songs, nachdem das Schlagzeug dann wieder anzieht und die Orgel diesen letzten Monstertrack weiterführt.
Mit "Phonomorphosis" untermauern Space Debris ihre Stellung als eine der allerstärksten Bands unseres Landes. Denn was neben den musikalisch unanfechtbaren Qualitäten für dieses Quartett spricht, ist, dass es einfach hochspannend und musikalisch nicht ausrechenbar ist. Davon konnten wir im letzten Jahr bereits berichten und werden dies in Kürze (versprochen!) auch wieder tun. RockTimes freut sich bereits darauf und der beste Grund dafür ist das neue Doppel-Album, das keinen einzigen Schwachpunkt, im Gegenzug aber massenhaft Stärken erkennen lässt.
Erhältlich ist "Phonomorphosis" - neben der Doppelscheibe auf 140-Gramm-Vinyl - selbstverständlich auch als CD-Ausgabe.
Line-up:
Mitja Besen (bass)
Tommy Gorny (guitars)
Christian Jäger (drums)
Winnie Rimbach-Sator (keyboards)

With:
Magic Petra (vocals - #1)
Tracklist
Seite 1:
01:Colossus Stranded (20:46)
Seite 2:
01:Phonomorphosis (19:47)
Seite 3:
01:Cat Flow Deluxe (19:46)
Seite 4:
01:Journey Back To The Moon (18:13)
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