Spencer Davis Group / Greatest Hits Tour 2010
24.10.2010, Gastwerk, Braunschweig
Spencer Davis Group Spencer Davis Group
Greatest Hits Tour 2010
Gastwerk Braunschweig
24. Oktober 2010
Stil: Blues, Blues Rock


Artikel vom 01.11.2010


Jürgen Bauerochse
Spencer Davis GroupNeue Location - alt gediente Band. Zum ersten Mal war RockTimes bei einem Konzert im Braunschweiger Gastwerk dabei, wo in der letzten Zeit immer wieder mal Auftritte stattfanden, die für die Redaktion interessant sind.
Obwohl wir zunächst etwas skeptisch waren, erwies sich das weiträumige Speiserestaurant als durchaus positiver Ort für Veranstaltungen dieser Art. Eine ausreichend große Bühne an der Stirnseite des Saales bot ausreichend Platz für die Band und auch für das durchaus zahlreich erschienene Publikum gab es mit langen Stuhlreihen genügend Raum, um sich ganz bequem der Musik zu widmen. Sicherlich ist das ein etwas anderes Ambiente als in den sonst angesteuerten Clubs, doch für einen entspannten Abend bei guter Musik war der Ort vollkommen okay.
Spencer Davis GroupZu Gast war an diesem Sonntag die Spencer Davis Group, die schon im Jahr 1963 gegründet wurde und mit den Brüdern Muff und
Steve Winwood, sowie der Drum-Legende Pete York schon in ihrer Frühphase etliche weltweite und bis heute unvergessene Songs zu verzeichnen hatte. "Keep On Running", I'm A Man", "Gimme Some Loving" und "Somebody Help Me" sind nur einige dieser zeitlosen Titel, die wahrscheinlich jedem älteren Rockmusik-Fan immer noch ein Begriff sind.
Doch viel wichtiger ist das aktuelle Line-up der Band, das inzwischen, mehr oder weniger unverändert, schon mehrere Jahrzehnte zusammenspielt und aus wahren Hochkarätern der Rockgeschichte besteht.
Spencer Davis GroupSo gilt Colin Hodgekinson
(Ex-Whitesnake, Ex-Emerson, Lake & Palmer, Ex-J. Geils Band) als einer der weltbesten Männer an den dicken Saiten, der den Bass durch sein Fingerpicking und Akkordspiel zu einem Melodieinstrument gemacht hat, was bis dahin ausschließlich den Gitarristen vorbehalten war. Auch als langjähriger Partner des unvergessenen Alexis Korner ging er in die Musikgeschichte ein.
Ein ähnlicher Hochkaräter ist Miller Anderson, der als musikalischer Kopf der Keef Hartley Band begann und später u. a. bei Gruppen wie Savoy Brown, Mountain und T. Rex aktiv war. Außerdem begleitete er Donovan und Deep Purple bei diversen Touren. Auch heute noch ist der Schotte fast pausenlos mit verschiedenen Formationen unterwegs und beweist so seine ganze Vielseitigkeit an der Gitarre.
Spencer Davis GroupAn den Keyboards sitzt seit fast zehn Jahren wieder Eddie Hardin, der in der Frühphase der Spencer Davis Group im Jahr 1969 Steve Winwood ersetzte und nach dem ersten Split der Gruppe mit der 'Kleinsten Big Band der Welt' Hardin & York einen weiteren Meilenstein in der History der Rockmusik setzte und für volle Konzertsäle sorgte. Bevor er sich der Band wieder anschloss, konzentrierte er sich auf diverse All Star-Projekte, mit denen er allerdings nie über den Titel 'Geheimtipp' hinaus kam.
Komplettiert wird die Spencer Davis Group durch den Bamberger Drummer Steff Porzel, der das schwere Amt als Nachfolger von Pete York antrat und diese Rolle inzwischen hervorragend ausfüllt.
Spencer Davis GroupUnd wo ist der Namensgeber der Band? Der war an diesem Abend nicht dabei. Spencer Davis musste sich nach einer nicht auskurierten postoperativen Behandlung wieder ins Hospital begeben und handelte sich dort ein absolutes Auftrittsverbot von den Ärzten ein. Nun muss diese Tour ohne den Bandboss stattfinden. Unglaublich, was es manchmal für Zufälle gibt, denn erst vier Tage vorher mussten wir bei einem Konzert von Iron Butterfly auf deren Original-Drummer Ron Bushy verzichten, der sich ebenfalls kurzfristig im Krankenhaus befand. Aber da kann man mal sehen, wie schnell einem die Gesundheit einen Strich durch die Rechnung machen kann und alle Pläne plötzlich geplatzt sind.
Spencer Davis GroupDoch für diese vier Koryphäen war es natürlich ein leichtes, ihren Chef musikalisch zu ersetzen. Da ja alle Bandmitglieder Songs aus ihrem eigenen Repertoire zum Besten gaben und dabei jeweils den Gesang übernahmen, hatte lediglich Steff Porzel mehr zu tun, denn an ihm war es, die Vocal-Parts, die sonst von Spencer gebracht wurden, zu übernehmen. Und das gelang ihm auch perfekt. Er verfügt, wie alle anderen Mitmusiker über eine prima Stimme und gab so den von ihm gesungenen Klassikern genau das richtige Feeling. Überhaupt muss man feststellen, dass er für mein Empfinden im Vergleich zu den Gigs aus den letzten Jahren noch mehr Power entwickelt hat und der Band somit noch mehr Drive mitgibt als in der Vergangenheit, was an diesem Abend durch unsere unmittelbare Nähe zur Bühne besonders deutlich wurde.
Spencer Davis GroupVon der Setlist her gab es natürlich die großen Hits der Spencer Davis Group komplett, wobei "Keep On Running" als Opener den Anheizer machte und "Somebody Help Me" den Ausklang des Konzertes bildete. Dazwischen wurden jede Menge Standards verarbeitet, wobei John Lee Hookers "Dimples" nicht fehlen durfte und auch Muddy Waters kräftig gecovert wurde, die die musikalische Kompetenz der Band heraushoben. Besonders erwähnenswert fand ich dabei den druckvollen Allman Brothers-Klassiker "Don't Want You No More", bei dem sich Miller Anderson so richtig ins Zeug legte und Eddie Hardin eine schweinegeile Orgel spielte. Ein weiteres Highlight war Roberts Johnsons "Walking Blues", seit Jahren das Paradestück von Colin Hodgekinson, diesmal allerdings nicht von ihm alleine gespielt, sondern von Steff Porzel stark unterstützt. So bekam der Song noch mehr Power und zeigte trotzdem die Hohe Schule des Bassspiels.
Spencer Davis GroupPrima auch das fünfminütige Schlagzeugsolo, das sehr gekonnt und rhythmisch gebracht wurde, ohne in wilde Eskapaden auszuarten. Mehrmals gab es dabei begeisterten Zwischenapplaus der Zuhörer.
Natürlich waren auch einige Songs von Miller Andersons aktueller Live-CD From Lizard Rock dabei, von denen "House Of The Rising Sun" am meisten abgefeiert wurde. Obwohl dieser Titel schon unzählige Male gecovert wurde, gehört diese Version des schottischen Gitarristen für mich zu den stärksten Fassungen, denn Miller Anderson verfügt wirklich über eine richtig gute Stimme. Überhaupt war sein Auftritt eine Freude für die Gehörgänge. Der ständige Wechsel zwischen Slide- und Leadgitarre, sowie der Einsatz der Harmonika verzaubern mich immer wieder. Dieser Mann ist richtig klasse!
Und wenn er sich mal auf die reine Begleitung beschränkte, dann war da noch der schwere Hammondsound von Eddie Hardin, der das Klangbild der Spencer Davis Group abrundete und für ein hervorragendes Konzert sorgte. Diese Band lebt und ist kein bisschen leise!
Unser besonderer Dank geht an Doris Koch vom Gastwerk-Team für die problemlose Akkreditierung.
Line-up:
Colin Hodgekinson (bass, vocals)
Miller Anderson (guitar, vocals, harp)
Eddie Hardin (keyboards, vocals)
Steff Porzel (drums, vocals)
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