Beim Auftritt Ende Oktober stellte die Combo StarkLinnemann den Saxofonisten Ilja Reijngoud in den Vordergrund. Die Konzertreihe fand im Januar 2014 eine Fortsetzung. Dieses Mal war die amerikanische Sängerin Deborah J. Carter der spezielle Gast. Diese Künstlerin ist wahrlich schon in der Welt herumgekommen. Sie wuchs in Hawaii und Japan auf, lebte zeitweise in Spanien und hat ihren Lebensmittelpunkt mittlerweile im niederländischen Amsterdam. Bemerkenswert ist die Liste von Orchestern, mit denen sie bereits zusammengearbeitet hat: Berlin Jazz Orchestra, Croatian Radio & TV Orchestra, Frankfurt Radio Symphonie Orchester, Holland Big Band, hr Bigband oder The Metropole Orchestra gehören dazu. Auch so fokussiert die Künstlerin durch ihr Schaffen einen Teil der Welt auf ihre Person. 2009 veröffentlichte sie das Album "Blue Notes & Red Shoes", auf dem als Gast Jan Akkerman vertreten war. Vorher kamen "'Round Midnight" (2002), "Girl-Talking!" (2004) sowie 2006 "Daytripper", ein Beatles-Tribute auf den Markt. Ihr Debüt feierte sie 1998 mit "'Scuse Me...". Da war es schon ein besonderer Genuss, eine solch hochklassige Sängerin quasi hautnah erlebt zu haben. Kompetent begleitet wurde sie von der Band StarkLinnemann, die im Nightclub auf Roepaen im Quartett spielte.
Schon der instrumentale Opener sorgte für Begeisterung. Da gab es nicht nur sphärisch-schwebende Keyboard-Phrasierungen von Paul Stark, sondern auch Unisono-Läufe von Tasten sowie Guido Wilbers' Gitarre. Sein Solo war von einem weichen Klang begleitet und Vasilis Stefanopoulos' Basssolo wurde durch eine perkussive Schlagzeugbegleitung seitens Jonas Linnemann unterlegt. Dann war es soweit ... Deborah J. Carter bestieg die Bühne und "Red Top" von Lionel Hampton war so etwas wie eine musikalische als auch gesangliche Standortbestimmung der besonderen Art. Ein toller Groove sorgte für Fußwippen-Einsatz. Irgendwo zwischen Blues und Jazz angesiedelt, hatte diese Interpretation keine spürbaren Grenzen. Wie ein roter Faden zog sich Deborah J. Carters phänomenaler Scatgesang durch das gesamte Konzert. Al Jarreau ließ grüßen. Die Künstlerin war eine Meisterin dieses Gesangsstils. Wunderschön!
Highlights gab es viele. Erstklassig war "La Luna", ein Song, der auf "'Round Midnight" vertreten ist, einem Album, bei dem es ausschließlich um Songs geht, die den Mond zum Thema haben. "La Luna" geht zurück auf den allseits bekannten Klassiker "Moon River" und die Protagonistin lieferte dem staunenden Publikum eine Version mit spanischem Text. Hammer, diese unter die Haut gehende Ballade, in der Paul Stark ein ganz starkes Solo auf dem Keyboard hinlegte. Auch zwischen den Nummern sollte sich Deborah J. Carter als perfekte Entertainerin erweisen. Dabei wechselte sie von Niederländisch zu Englisch und wieder zurück. Zwei Sprachen in den Ansagen ... multikulturell in der musikalischen Auslage. Die Reise ging unter anderem auch nach Jamaika. Der Billie Holiday-Klassiker "Good Morning Heartache" war eine bemerkenswerte Reggae-Bearbeitung mit einer gigantisch intonierenden Sängerin und auf der Männerseite gab ein originelles Keyboard-Strandmatten-Solo und Sonnenschirm-Gitarren-Wah Wah Pedal-Solo all inclusive. Freude und Gänsehaut wurden zu einem Paar, auch weil es hier tolle Soli am Fließband gab. Super!
Für das Stück "Sabado" hatte Deborah J. Carter den Text geschrieben und innerhalb dieser Komposition nahm sie die Zuschauer sinnbildlich an die Hand und man reiste in forschem Tempo mit ihr von der iberischen Halbinsel nach Südamerika, genauer Brasilien. Dabei kreierte die Combo StarkLinnemann eine perfekte Atmosphäre. So wurde den Anwesenden eine Musik-Praline nach der anderen gereicht. So sorgten die Künstler für tolle Unterhaltung. Paul Stark knüpfte nicht nur klasse Keyboardteppiche, sondern servierte darüber hinaus super Riffs auf den schwarzen und weißen Tasten. Nach der Pause konnte man nahtlos dort anknüpfen, wo man mit "Sabado" aufgehört hatte. "Teach Me Tonight" wurde mit souliger Stimme gesungen, einfach brillant. Nat King Coles "Nature Boy" schwebte durch den Nightclub, so wie vorher ein kleiner Schmetterling, der alle Musiker einmal besuchte und sich dann auf einem wärmenden Scheinwerfer niederließ. Ein perfektes Bild!
Es gab bei diesem Auftritt zwar keinen Beatles-Song, allerdings outete sich Deborah J. Carter mit einer anderen Vorliebe. Ein Song der Carpenters stand bei ihr ganz hoch im Kurs und es war "Rainy Days And Mondays". Paul Stark ließ die Regentropfen aus den Tasten perlen und die verträumten Klänge flossen gefühlvoll hinüber auf die andere Bühnenseite zu Guido Wilbers Gitarrensolo. "Caravan" wurde von einem Jonas Linnemann-Alleingang, der in einem wahren Wirbelsturm endete, eröffnet. Es gab einen exklusiven Instrumentalpart, in dem die Combo mächtig dynamisch unterwegs war, jeder mit seinem Solo, ohne das Thema aus dem Blick zu verlieren. Oft huschte ein Lächeln über die Gesichter der Musiker und Deborah J. Carter. Ein Zeichen für Spaß auf beiden Seiten, denn den hatte das Publikum definitiv. Die Sängerin servierte ungemein viele Fassetten des Vocal Jazz. Na ja, an und für sich war dieses Genre gar nicht ausreichend für ihre Fähigkeit. Blues, R&B und Soul gehörten gleichwertig ebenfalls dazu. Vielen Dank für eine extrem kurzweilige Zeit!
Wir bedanken uns bei Chris Tangelder vom Cultureel Podium Roepaen für die problemlose Akkreditierung.
Line-up:
Paul Stark (keyboards, piano)
Guido Wilbers (guitar)
Vasilis Stefanopoulos (upright bass)
Jonas Linnemann (drums, percussion)
Featuring:
Deborah J. Carter (vocals)
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