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Stratovarius Support: Dream Evil, Tracedawn 02. Februar 2010, Garage Saarbrücken
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Stratovarius
Support: Dream Evil, Tracedawn
Garage, Saarbrücken
02. Februar 2010
Konzertbericht
Stil: Heavy Metal
Artikel vom 08.02.2010
Boris Theobald
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Tracedawn
Schade, dass nur so um die 200 Metal-Lustige an diesem Dienstagabend ihren Weg in die vorsorglich bei zwei Dritteln abgehängte Saarbrücker Garage gefunden haben. Das heißt... gefunden hätten's wohl noch mehr - aber viele werden ganz bewusst daheim geblieben sein, denn durch Schnee und Eis drohte eine verkehrstechnische Extremsituation. Die Daheimgebliebenen versäumten als erstes eine musikalische Extremsituation in Form der finnischen Tracedawn.
Die blutjungen stratovarischen Landsmänner legten einen furiosen, aber melodischen Death Metal, gewürzt mit zahlreichen Wechseln auf die Bretter und hatten sichtlich Spaß, einfach nur hier spielen zu können. Von den großen Lücken vor der Bühne ließen sie sich überhaupt nicht entmutigen - der Growl-Beauftragte Antti Lappalainen bedankte sich sogar explizit bei denen, die da waren und ließ genüsslich die Stimmbänder leiden.
Nun, eine detaillierte Einschätzung des Autors dieser Zeilen zu einer Death Metal-Band zu verlangen wäre, als würde man einen nordostkanadischen Inuit über das Korngrößenspektrum klastischer Sedimentgesteine in der syrischen Hammada befragen. Lassen wir's also lieber. Nur so viel: Tracedawn bestätigten mal wieder, auf welch hohem technischen Level (trotz ein paar schräger Zwischentöne) viele der düstersten Vertreter der Schwermetallerzunft unterwegs sind. Unterhaltsam war die halbe Stunde Tracedawn allemal.
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Dream Evil
Kompletter Themenwechsel. Dream Evil kommen aus Schweden und machen Heavy Metal, wie er traditioneller schon gar nicht mehr geht. Stark NWOBHM-beeinflusst mit einem Sound, da würde ein Keyboard so sehr passen wie Schokosoße auf Pellkartoffeln - stattdessen gibt es mächtige Rhythmusgitarren. Dream Evil marschieren eisern in den Fußstapfen von Bands wie Priest und Saxon. Nicht nur die hymnischen Chorusse, sondern auch deren Texte in solch plakativ betitelten Nummern wie "Made Of Metal", "Heavy Metal In The Night" und "The Book Of Heavy Metal" hatten auch absolute Band-Laien im Haar-Umdrehen drauf.
NYSOWOBISHM ('New Yet Somehow Old Wave Of British Influenced Swedish Heavy Metal') - damit sahnten sie zwar auch in Saarbrücken nicht den Daniel Düsentrieb-Award für innovative Klangraumgestaltung ab - aber sie spulten doch Musik ab, die beim aufwärmwilligen Publikum mit null Eingewöhnungszeit recht gut ankam. Der böse dreinblickende Frontmann Niklas Isfeldt (nennt sich auch Nick Night) brachte nicht alle, aber doch die meisten seiner Scream-Einlagen sauber rüber - er versucht halt etwas beständig, nach Rob Halford zu klingen, der gute Böse. Jedenfalls hatte die Band gute Laune - könnte dran liegen, dass die Nordmänner gleich vier taufrische Stücke vom gerade mal ein paar Tage alten Album "In The Night" zum Besten gaben - und sie verbreiteten auch gute Laune...
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Stratovarius
In Richtung Höhepunkt des Abends war da aber immer noch kräftig Potenzial vorhanden - und das nutzten Stratovarius auch voll und ganz. Sie legten einen coolen, abgebrühten Auftritt hin, bei dem Kultsänger Timo Kotipelto die Anwesenden praktisch mit einem Fingerschnips voll in Feierlaune gebracht hatte. Was da an Metallvolk vor ihm stand, das war nämlich so eine Art 'harter Kern', der den miesen Wetterbedingungen im Saarland trotzte. Die Leute kannten sich bestens mit der Musik aus und zelebrierten es mit Klatschen und Mitsingen, dass man sich zu einem Klassiker-Einstieg entschloss - "Destiny".
Gleich als nächstes stand schon der Mega-Mitsinger "Hunting High And Low" auf dem Spickzettel am Bühnenboden, was der Stimmung nochmals gehörig Auftrieb verlieh... trotzdem hätte man sich diese hymnische Festivität auch gut und gerne für später aufsparen können. Aber sei's drum... ausreichend Stoff haben die Finnen ja absolut in ihrem Repertoire. Die absoluten Highlights, die sie daraus hervorgezaubert hatten, waren an diesem Abend nach Meinung des Reviewers die Tracks vom 97er-Klassiker "Visions": der früh abgesonderte "Kiss Of Judas" mit einer absolut betörenden Power-Atmo, und die allerletzte der Zugaben, "Black Diamond" mit seinen kultigen Cembalo-Sounds...
... und eine Nummer, die durchaus überraschte, nämlich "Paradise", laut Kotipelto auf vielfachen Wunsch von Fans ins Programm gepackt. Schon herrlich, diese irre hohe Melodie in alt- Kiske'scher Manier. Das ein oder andere Problemchen hatte Kotipelto an diesem Abend mit seiner Stimme - kein Wunder, denn den Großteil der Europa-Tour hatte der Stimmband-Akrobat da bereits im Musculus Vocalis. Mit ein bisschen Räuspern zwischendurchs war's dann aber auch schon wieder gut, und Kotipelto konnte die meiste Zeit über eine sehr solide Leistung bringen, ohne irgendwelche Schwierigkeiten - wie eben "Paradise" - aus der Setlist kicken zu müssen.
Überdies tat sich Timo mal wieder in gewohnt sympathischer Form mit seinen Ansagen hervor. Schön höflich stellte er auch schon zu Beginn des Gigs Matias Kupiainen vor, und das mit diesem hinreißenden finnischen Akzent: »This is our new Kita-Player!« Frisch aus der Kita auf die Bühne zeigte Stratos Jüngster (mit 26 auch schon im Post-Kita-Alter) eine vortreffliche Leistung, frickelte fehlerfrei und freudig vor sich hin und durfte auch ein kleines Solo abspulen.
Das wurde auch Basser Lauri Porra vom Ältestenrat der Band zugestanden - auch der ist ja noch ziemlich frisch dabei. Alle Achtung, das war zirkusreife Akrobatik auf den dicken Saiten - erfrischend Show-lastig und überraschend kurzweilig, so dass die Solo-Arie bei den Zuschauern nicht wie so oft zum WC-Exodus wurde. Den Solo-Vogel schoss aber ganz gewiss jener Mann ab, der bei den anwesenden Saarländern durch den Live-Genuss von Urpils aus dem Stubbi nochmal einen Sympathieschub erlangte - O-Ton Kotipelto: »... on the keyboards, and on the beer...« - Jens Johansson. Der spielte (mit Bass-Support) an seinem mit Quietsche-Entchen bestückten Keyboard eine sehr freie und überaus kreative Interpretation von Bachs berühmtestem Air - super!
Die Songs des starken neuen Albums Polaris reihten sich übrigens fein in den Reigen der Klassiker ein. Vier Stücke gab es auf die gespitzen Ohren und wurden vom Publikum äußerst positiv aufgenommen - vier Stücke, die auch die Bandbreite der Band richtig gut abbilden, vom dramatischen Mid-Tempo-Track "King Of Nothing" über die Powerballade "Winter Skies" bis hin zum Up-Tempo-Brecher "Forever Is Today" mit rasiermesserscharfer Rhythmussektion. Zwar spielte der Headliner 'nur' rund 85 Minuten lang - im Gesamtpaket mit zwei Vorbands war das aber okay. Schade, dass die Straßenverhältnisse weit weniger lobenswert waren als die Performance von Stratovarius - da haben doch einige langhaarige Saarländer was Gutes versäumt.
Wir bedanken uns bei Iris Klabunde (cmm) für die Akkreditierung.
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Line-up Stratovarius:
Timo Kotipelto (vocals)
Matias Kupiainen (guitar)
Lauri Porra (bass)
Jörg Michael (drums)
Jens Johansson (keyboard)
Setlist Stratovarius:
Destiny
Hunting High And Low
Speed Of Light
The Kiss Of Judas
Deep Unknown
A Million Light Years Away
Keyboard Solo ("Air")
Winter Skies
Phoenix
Guitar/ bass solo
Forever Is Today
King Of Nothing
Paradise
Eagleheart
Encore:
Forever
S.O.S.
Black Diamond
Externe Links:
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