Sun Temple Circus / Same
Sun Temple Circus Spielzeit: 35:55
Medium: LP (limitiert und numeriert)
Label: Tribal Stomp (Sireena), 2015
Stil: Kraut/Ethno

Review vom 03.06.2015


Ulli Heiser
Vorfreude ist stets garantiert, wenn es Neues aus dem Hause Tom 'The Perc' Redecker gibt. Zum einen natürlich, weil Tom, der Sireena-Labelchef, stets Nuggets im Programm hat und zum anderen seiner eigenen musikalischen Fähigkeiten wegen. Sun Temple Circus nennt sich das Projekt, dessen erste Scheibe demnächst das Licht der Welt erblickt.
Die Besetzung der Truppe wird sowohl Sireena-Kunden als auch RockTimes-Lesern nicht unbekannt sein. Die Electric Family war schon immer ein gern gesehener Gast in unserem Magazin und gleich zwei Familiengründer finden sich auch bei Sun Temple Circus. Neben The Perc ist das die Sitar-Koryphäe Harry Payuta. Die beiden trafen sich Anfang letzten Jahres, und wie das unter Bandmates so ist, beschloss man wieder mal etwas zusammen zu machen. Allerdings nichts in herkömmlicher Weise. Aus dem Korsett normalen Formationsdenkens haben sich die zwei längst befreit, bzw. sind herausgewachsen. Es wurde geplant, alte Stücke neu zu interpretieren und neues Material direkt auf der Bühne entstehen zu lassen.
Für konventionell spielende Musiker mag es eine Horrorvorstellung sein, eine Bühne zu betreten, auf der allerlei Equipment herumsteht und jeder spontan ein Instrument schnappt und sich einbringt. Einzig Harrys Sitar war tabu für andere. Es wurden weitere Musiker benötigt - solche, die in der Lage sind, spontan in ein Thema einzusteigen, denn alles sollte Jam-Charakter haben.
Marlon Klein, Perkussionist bei den Dissidenten war erste Wahl, denn mit ihm hatte Tom eh' vor, mal wieder etwas zu machen. Daneben wurde Gitarrist Jochen Schoberth (ebenfalls von der Electric Family und The Perc Meets The Hidden Gentleman bekannt) gewonnen. Sun Temple Circus starteten die Projektgigs in Bayreuth und finalisierten die Tour im Lagerhaus in Bremen.
Von dort stammen auch vorliegende Liveaufnahmen. Schöne Siebzigerjahre-Bühnentechnik war im Einsatz, um die Grundausrichtung von psychedelischem Ethno-Kraut adäquat zu begleiten. Logisch, dass für den Mitschnitt dieses Konzertes als Medium einzig und allein Vinyl in Frage kam. Und wie von Tribal Stomp/Sireena nicht anders gewohnt, natürlich limitiert (500 Exemplare), nummeriert und in der 180g-Fassung.
Vier Songs der Show in Bremen haben es auf die Platte geschafft und gleich der erste ist ein alter Bekannter. Zumindest dann wenn man Harrys Scheibe Between A Rock And A Hard Place kennt. "Out Of India", der Name suggeriert es bereits, ist von der Sitar geprägt und lädt zum wegspacen ein. "Lighthouse" ist ein Stück aus dem Perc-Fundus und jammt mit starken Gitarrenpassagen durch die Minuten. Herrlich auch die Bass- und Drumarbeit. Eine Nummer, die einfach live gespielt werden muss. Passt, denn Sun Temple Circus haben sich ausschließlich Livemusik verschrieben.
Der alte 'Schlager' "Et Moi, Et Moi, Et Moi" aus den Sechzigern vom französischen Chansonier und Schauspieler Jacques Dutronc verströmt ein angenehmes Noir Punk-Flair und wirkt trotz seiner simpel gestrickten Melodik sehr einnehmend. Kernstück, oder besser gesagt, am ehesten dort, wo Sun Temple Circus als Jamband hinwollen, ist "Sun Madness". Gleich zwei Gastmusiker enterten die Bühne und sind mit eingestiegen. Zum einen war das Andre Szigethy (ex-Dry Halleys, DJ Alpha) sowie Uli Bösking (ex Amnesia Vivace). Der 14-Minüter ist eine spacig, psychedelische Reise durch den Musikkosmos und in der Tat das richtige Material, um auf Vinyl gepresst den Hörer mitzunehmen.
Die Schallplatte ist ein wahrlich treffliches Argument dafür, dass Musik, so sie organisch daherkommen soll, die größte Wirkung entfaltet, wenn die ungefiltert aus der Musiker Hand in der Hörer Ohren gelangt. Keine Overdubs, keine anderen Aufhübschungen. Ehrliche, pure und begeisternde Musik. Dafür braucht es aber Künstler, die in der Lage sind quasi 'aus dem Stehgreif' zusammen zu jammen. Die vier bzw. sechs, die auf vorliegendem Album mitwirken, haben bewiesen, dass sie es können. 500 Exemplare sind nicht viel und wer Interesse hat, sollte alsbald zuschlagen. Zwar gibt es die vier Stücke auch als Download, aber Hand aufs Herz: Diese Klänge schreien geradezu nach dem Plattenspieler ...
Line-up:
Tom 'The Perc' Redecker (vocals, 12 string guitar, keyboards)
Harry Payuta (bass, sitar, backing vocals)
Marlon Klein (drums & percussion)
Jochen Schoberth (guitars=

Andre Szigethy (keyboards - Seite 2, #2)
Uli Bösking (mandola - Seite 1, #2, Seite 2 #2)
Tracklist
Seite 1:
01:Out Of India (6:05)
02:Lighthouse (10:15)
Seite 2:
01:Et Moi, Et Moi, Et Moi (5:25)
02:Sun Madness (14:10)
   
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