Jay Tamkin hat in seinem musikalischen Leben schon viel erreicht. Er tourte bereits zweimal in den Vereinigten Staaten, war mit Spooky Tooth unterwegs und stand auch schon neben Eric Burdon oder Robin Trower auf der Bühne. Die Blues Rock-EP Almost Sorted begeisterte den Kollegen Mike Kempf in nur drei Songs. 2009 folgte Tamkins Debüt-Album mit dem Titel "Sorted" und nun liegt der Nachfolger "Alibi" auf dem Schreibtisch. Wurde der Vorgänger noch im Trio eingespielt, ist vom Bassist Pete Searle weit und breit kein tiefer Ton zu finden und der Schlagzeuger Nick Ramos Pinto schwingt die Trommelstöcke in nur vier der zehn von Tamkin geschriebenen Kompositionen.
Vielmehr schlüpft der Protagonist auf seinem zweiten Album in die Rolle eines Alleinunterhalters. Man muss ihm bei dem, was er an eingesetzten Instrumenten (s. Line-up) aufbietet, Respekt zollen. Da wäre es wohl auch vermessen, von einer Jay Tamkin Band zu sprechen. Wer Rock hören möchte, ist bei "Alibi" an der richtigen Adresse, allerdings muss man auch ein offenes Ohr für den Blues haben. Wer den 12-Takter hören möchte, ist bei "Alibi" an der richtigen Adresse, allerdings muss man auch ein offenes Ohr für den Pop haben.
Tamkins zehn Songs sind wie ein Spaziergang durch einen botanischen Garten. Es gibt viele exotische und sehr schöne blühende Pflanzen zu sehen, die nicht nur einer Gattung angehören. Der junge Brite zeigt sich versiert und was den Umgang mit diesen vielen Instrumenten angeht, ist er ohne Fehl und Tadel. Gitarre sowie Tasteninstrumente spielen die größte Rolle auf der Scheibe und singen kann der Younster auch noch klasse.
Die Frage ist, ob der Konsument mit den verschiedenen musikalischen Angeboten klar kommt? Beim mit viel Drive versehenen Opener "Going Out Tonight" rümpfte ich die Nase. Was ist das denn? Tamkin in rockigen Gefilden... okay. Aber hier schwingt eine gehörige Portion Pop mit und die Keyboards haben Adult Rock-Qualitäten. Bei dem Stück geht alles gut zusammen, nur die Begeisterung bleibt bei mir auf der Strecke.
"Dancing In The Rain" wird von Frankie Tischers zuckersüßen Piano-Läufen eröffnet. Die Ballade ist okay, haut einen aber nicht vom Hocker. Doch, Tamkins Gesang ist hinreißend. Ein derartiges Lied hat man schon oft genug gehört und die Streicher-Arrangements sind auch nicht innovativ. Zum Ende hin wird die Nummer hymnisch-bombastisch. Wer es mag...
Ah, endlich! Dieses "You've Got The Heart" ist doch aus einem ganz anderen, viel edleren Holz geschnitzt. Tamkin lässt seiner Blues-Gitarre freien Lauf und tröpfelt noch eine gehörige Portion Country ins Arrangement. So etwas zieht den Hörer an. Dieser Song hat viel zu bieten und ist richtig gut. Die nicht gerade englisch klingenden Namen von Sabine Wittich und Melanie Grünkorn sind für die Backing Vocals zuständig. Hammer! Wenn Tamkin von »you've got the heart, but I've got the soul« singt, dann haben die beiden Damen wunderschönen Gospel auf den Stimmbändern. Übrigens: klasse Slide-Gitarre vom Briten und Wittich sowie Grünkorn sind zwei Dritten vom Vokal-Trio Sabinett. Sabine Kuhnert vervollständigt den Lady-Dreier, ist hier allerdings nicht mit von der Partie. Dafür aber Norman Meiritz (Ex- Avantasia). "Can't Not Think About You" hat Tamkin im Alleingang eingespielt und zeigt, wie toll er auch in einer Power-Ballade mit seinem Sechssaiter umgehen kann. Das dynamische Rock-Stück "Lovin Man" (mit im Hintergrund agierender Brass-Abteilung) kann er auch auf der Habenseite verbuchen und dann folgt abermals so eine Nummer mit Pop-Appeal. "I Think I've Fallen In Love"... not my cup of tea.
Das langsame "Don' Wait Too Long" vermag da schon viel besser zu gefallen. Tamkin singt mit rauchiger Stimme und seine großformatigen Gitarrentöne gehen unter die Haut. Wow, jetzt gibt der Mann aber richtig Gas. "Circles" schwirrt im Kopf rum wie ein gut geöltes Karussell. Den aus meiner Sicht besten Track hat er sich bis zum Schluss aufgehoben. "You've Changed" ist mein Highlight auf "Alibi". Das Stück hat seine Wurzel ganz tief in der Erde, da, wo es richtig gute Musik gibt... beim Blues. Zu einem herrlichen Groove serviert Tamkin in seinem langen Solo die Töne mit viel Feeling. Klasse!
Bei dieser Platte ist es anders als im Leben: Der letzte Eindruck ist prägend. Jay Tamkin hat kein schlechtes Album eingespielt. Es verfügt über absolute Höhepunkte und wer mit den Pop-Beilagen gut zurechtkommt, wird bei "Alibi" bestimmt zugreifen.
Line-up:
Jay Tamkin (drums, paino, guitars, lap steel, bass, organ, percussion, trumpet, trombone, saxophone, lead vocals, backing vocals)
Nick Ramos Pinto (drums - #3,8-10)
Rik 'Howlin' Christiansen (additional organ - #3,8,10)
Frankie Tischer (piano - #2)
Kris Gray (big deep - #5)
Norman Meiritz (additional claps - #3, backing vocals - #3)
Sabine Wittich (backing vocals - #3)
Melanie Grünkorn (backing vocals - #3)
Tracklist |
01:Going Out Tonight (3:17)
02:Dancing In The Rain (4:27)
03:You've Got The Heart (4:48)
04:Can't Not Think About You (4:08)
05:Lovin Man (3:02)
06:I Think I've Fallen In Love (3:09)
07:Can't Get You Outta My Head (2:29)
08:Don't Wait Too Long (4:44)
09:Circles (3:21)
10:You've Changed (7:19)
(all music and lyrics written by Jay Tamkin)
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