Am heutigen Abend waren mal wieder zwei Acts angesagt, was also auf eine lange Nacht hindeutete. Zumal in den Vorankündigungen von »Zwei kompletten Konzerten« die Rede war. Aber ganz so lief das Programm dann doch nicht ab. Den Anheizer gab die JW Jones Bluesband aus Kanada. Wieder mal eine Gruppe, von der ich bisher überhaupt noch nichts gehört hatte. Der Name ließ ja einiges erwarten, aber sicher sein konnte man sich natürlich nicht, welche Art Musik es von den Jungs geben würde. Namen sind ja schließlich nur Schall und Rauch (Oh, jetzt sind wohl fünf Euro fürs Phrasenschwein fällig!).
Schon vor dem Konzert stellte ich am Merchandise-Stand verblüfft fest, dass die JW Jones Bluesband immerhin schon vier CDs auf den Markt gebracht hat, die allesamt auf Abnehmer warteten. So lagen hier mehr Alben vom Support-Act auf dem Tisch, als von Pat Travers, der nur mit den letzten drei CDs vertreten war. Das kommt sicherlich auch nicht alle Tage im Reich der Rockmusik vor. So wuchs die Spannung langsam bei mir an, denn es ist ja immer wieder sehr interessant, neue Bands live zu erleben und sich somit ein Urteil bilden zu können. Dabei habe ich schon unzählige Musiker kennen gelernt, die ich heute nicht mehr missen möchte.
Doch diesmal brachte mir der Special-Guest nichts, was sich auf meine heimische CD-Sammlung auswirken würde. Und das lag aber keinesfalls am Können der JW Jones Bluesband, sondern ausschließlich an meinem ganz persönlichen Musikgeschmack. Da ich ein sehr gespaltenes Verhältnis zu Blasinstrumenten in der Rockmusik habe, war der Auftritt der Band mit vielen Soloeinlagen am Saxofon nicht unbedingt meine Baustelle. Zudem bestand das Programm überwiegend aus Songs der Bereiche Rock'n'Roll und Rockabilly, also der Musik der fünfziger Jahre. Und auch das ist nicht unbedingt meine Sache. Bill Haley ließ also oftmals grüßen, so dass mir unwillkürlich hüftschwingende Tanzpaare mit eingesprungenen Salti in den Sinn kamen.
Keine Frage, die JW Jones Bluesband war für alle Anhänger dieser Musik der perfekte Einheizer, was auch an den starken Publikumsreaktionen deutlich wurde. Die Jungs sind allesamt perfekte Musiker, die ihre Instrumente wirklich ausgezeichnet beherrschen. So wechselte mitten im Song JW Jones mal kurz ans Schlagzeug, und an anderer Stelle wurde die Gitarre zu zweit bearbeitet, was ich bisher in dieser Form auch noch nicht gesehen habe. Apropos Gitarre: der Bandleader war für mich ein wirkliches Highlight bei diesem Gig. Das war schon richtig gut, was er aus seinem Brett heraus holte. Und wenn auch noch ein Blues angesagt war, gab es auch für mich absolut nichts zu meckern. Nach circa 1 Stunde beendete die JW Jones Bluesband mit einer Zugabe (!) ihr Set und ließ ein zufriedenes Publikum zurück.
Nach einer angenehm kurzen Umbaupause war es Zeit für die Pat Travers Band. Inzwischen hatte sich die Bluesgarage auch ganz gut gefüllt. Es war also alles bereit für ein gutes Konzert. Ich hatte Pat Travers bei seinem letzten Besuch in Deutschland gesehen, als er, zusammen mit dem Vanilla Fudge-Drummer Carmine Appice das gemeinsame Album "It Takes A Lot Of Balls" vorstellte und war jetzt sehr gespannt, wie er sich mit seiner eigenen Truppe schlagen würde. Zu meiner Überraschung hatte sich die Band mit einer zweiten Gitarre verstärkt, was dem Konzert aber durchaus gut tat, denn es gab einige sehr schöne Double-Leads zu hören.
Wie erwartet ging es recht hart zur Sache. Die Gitarren knallten knochentrocken aus den Boxen, wobei das zweite Brett für mich am Anfang doch etwas zu sehr in den Hintergrund gemischt wurde, was sich aber im Laufe des Konzertes änderte. Pat Travers selbst, wie immer von einem Ventilator direkt angeblasen (22.00 Uhr - Die Frisur hält), wirkte vom ersten Ton an voll konzentriert und war auch sehr gut bei Stimme. Sofort übernahm seine Klampfe die Regie und stand natürlich voll im Mittelpunkt des Geschehens. Trotzdem schien er einige Schwierigkeiten zu haben, denn immer wieder stimmte er sein Instrument während des Gigs nach. Das Ganze war aber wohl für einen Profi wie ihn kein Problem.
Ganz nachhaltigen Eindruck hinterließ bei mir der schwergewichtige Schlagzeuger Eric Frates. Gerade ihn hatte ich natürlich besonders im Blick, denn ein Vergleich mit einer Legende wie Carmine Appice drängte sich ja quasi auf. Und hier schnitt er wirklich nicht schlecht ab. Sehr selten habe ich ein differenzierteres Spiel an den Drums erlebt. Besonders an den Becken leistete er wirklich Großes. Das machte richtig Spass ihm zuzusehen. Alles lief unter dem Motto 'Warum einfach wenn es auch schwierig geht'. Auch mein RockTimes Kollege und Hobby-Schlagzeuger Jürgen Berking hatte seine helle Freude an dem Mann.
Die ganze Band hinterließ einen richtig gut eingespielten Eindruck. Eric Frates und Rick Navarro am Bass bildeten eine perfekte Einheit und ließen nichts anbrennen. Außerdem konnten sie bei ihren Soloeinlagen zusätzlich zeigen, was sie auch ganz allein so drauf haben. Und das ist wirklich nicht wenig! Wie schon erwähnt, gab es durch die beiden Gitarren noch vielfältigere Musik. In einzelnen Fällen meinte man Andy Powell stünde mit Wishbone Ash auf der Bühne. Na ja, zumindest in Ansätzen. Diese Änderung im Band Line-up wirkte sich für mich persönlich sehr positiv aus. Die Songs hatten so einfach wesentlich mehr Dichte und Dynamik.
Von der Songauswahl gab es einen Querschnitt aus der langen Schaffensperiode von Pat Travers. Ältere Titel wechselten sich mit Stücken von Travers & Appice ab, und natürlich kamen auch die Bluesstandards nicht zu kurz. Hier fand ich Pat Travers ganz besonders stark, denn es gab reichlich Slide-Gitarre zu hören. Auffällig bei diesem Konzert war, dass vom aktuellen Album Power Trio 2 nicht ein einziger Song gespielt wurde. Auch das passiert sicherlich nicht all zu oft in diesem Geschäft. Oder liegt es auch daran, dass auf der CD nur Coverversionen eingespielt wurden? Müßig darüber nachzudenken, denn das kann nur Pat Travers selbst beantworten. Auch so ging ein sehr guter Gig über die Bühne, der aber für meinen Geschmack ruhig etwas länger gewesen sein könnte.
Festzuhalten bleibt: Egal in welcher Besetzung; Pat Travers ist immer einen Konzertbesuch wert!
Bilder vom Konzert
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