Sean Taylor / Angels
Angels Spielzeit: 53:49
Medium: Premaster CD
Label: Eigenproduktion, 2007
Stil: Ambient Blues

Review vom 27.12.2007


Joachim 'Joe' Brookes
Sean Taylor bewundert u.a. Tom Waits, John Martyn, Marvin Gaye, Skip James,
Stevie Ray Vaughan und J.J. Cale.
Bereits nach einem Hördurchgang ist festzustellen, dass einem Ähnlichkeiten mit letztgenanntem Künstler auf "Angels" häufiger in den Sinn kommen, als es noch auf seinem Debüt Corrugations der Fall war, was ja nichts Verwerfliches ist.
Darüber hinaus ist das aktuelle Album sehr nachdenklich geworden, sowohl textuell, als auch musikalisch.
So lässt der Nordlondoner Taylor bereits im Opener "Nothing Without You" Paris Hilton zu Wort kommen. Der Alleinunterhalter schrammelt auf seiner elektrischen Gitarre und seine sehnsüchtige Stimme klingt, als würde er durch ein Harpmikrofon singen. Von einem kristallklaren Klang ist dieser Track soweit entfernt, wie der Weihnachtsmann vom Osterhasen. Taylor wäre aber nicht Taylor, wenn er das nicht gewollt hätte. Außer dem Hilton-Gebrabbel bekommt man von seinem Text leider nicht soviel mit. Die Stimme als zusätzliches Instrument. Taylor: »Angels is because Peter Doherty is Paris Hilton is Celebrity Love Island.« Berühmtheit kontra Substanz.
"Hey Hey" ist dann ein erster vorzüglicher Cale-Ableger. Taylors Minimalismus verblüfft den Hörer und es ist herrlich, welchen Groove er produziert. Sein Solo auf der 6-Saitigen ist sehr relaxt und von einer Rhythmusgitarre unterlegt. Er ist ein angehender Meister der Unkompliziertheit und Aussagekraft. Taylor bringt es auf den Punkt, auch wenn es auf "Angels" in keiner Weise flott zugeht.
Für "America Pt. 1" greift er zur akustischen Gitarre und der Track wird mit vereinzelten Pianotönen angereichert. Taylor ist fernab von jeglicher Hektik und wirkt fast hypnotisierend auf den Hörer. Selbst sein Gesang ist sehr laid back. Gegen Ende wechselt die Stimmung des Songs und wir hören nur noch die Gitarre.
Taylor: »Angels is because George Bush is Tony Blair is Gordon Brown is David Cameron.«
Weitere seiner Äußerungen zum Album können auf der MySpace-Seite nachgelesen werden. In "America Pt. 2" hört man George Bush quasseln. Sean spielt ausschließlich Piano und 'singt' natürlich. Den Track kann man getrost in der Rubrik 'Entdeckung der Langsamkeit' einsortieren und jetzt hat seine Stimme etwas Sanftes und man sollte sich bei nachfolgenden Durchgängen mal auf sein Piano-Spiel konzentriere: Eine wirklich tolle Melodie, die er da abliefert.
So geht es einem auch beim Instrumental "Travelling Late", in dem er dann doch ein wenig auf das Gaspedal drückt. Dadurch, dass hier mindestens drei Gitarren-Sounds vermischt werden und die Töne zwischen den Kanälen hin und her wandern, bekommt der Song psychedelisches Flair. Von daher wird "Travelling Late" als Anspieltipp empfohlen.
Hey, geht doch!
"The Underworld" beginnt zwar in Taylors gewohnt zurückhaltender Art, aber die Nummer bekommt immer mehr Drive und er lässt seine Elektrische dann auch richtig aufheulen.
"None Of Us Are Free" unterlegt er mit einem wunderschönen Keyboard-Teppich und sehr überzeugend ist das Miteinander der verstärkten und stromlosen Gitarre.
Einfach klasse, was er uns auf "Angels" bietet. Zuweilen setzt er seine Stimme auch verstärkt als Instrument ein, die es einem fast unmöglich macht, Texte zu verstehen.
Schade, denn der Song "Tony Blair" bietet sich geradezu an, das gesungene Wort zu verstehen. Was ich heraus höre ist: »Invite me to your massacre…« und »You're my guardian angel.« Zynismus pur!
Sean Taylor protestiert auf seine Art. Da passt dann auch der Rausschmeißer "Will The Circle Be Unbroken", übrigens der einzige Song, der nicht aus Taylors Feder stammt, aber auf eine sehr persönliche Weise interpretiert wird.
Der Engländer hat den Blues, zelebriert den Blues und spielt ihn auf eine besonders individuelle Art. Der Multiinstrumentalist scheint sich in einer relativ selten gehörten Nische des 12-Takters vollkommen wohl zu fühlen und überzeugt ein zweites Mal.
Ein musikalischer Romantiker mit Zukunft!
Dafür hat er 7-8 von 10 RockTimes-Uhren verdient.
Line-up:
Sean Taylor (vocals, guitars, keyboards, percussion, harmonica)
Tracklist
01:Nothing Without You (4:01)
02:Hey Hey (3:40)
03:America Pt. 1 (5:57)
04:Shoot Them Dead (6:47)
05:Fell In Love With Money (5:21)
06:Tony Blair (4:36)
07:Travelling Late (6:44)
08:The Underworld (4:16)
09:None Of Us Are Free (3:28)
10:America Pt. 2 (4:53)
11:Will The Circle Be Unbroken (4:38)
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