The Tea Club / Rabbit
Rabbit Spielzeit: 63:47
Medium: CD
Label: Eigenproduktion, 2010
Stil: New Art Rock


Review vom 07.12.2010


Ingolf Schmock
Als vor über einem Jahr überaus akademisch ausgefeilte Klangtexturen aus der Geburtsstätte des Phillysounds von einem ehrgeizigen und geradezu mathematisch musizierenden Brüderpaar mit seinen Mitstreitern unsere Ohren streiften, wusste noch niemand prophetische Weisheiten um das Danach zu benennen.
Mit dem Zweitling "Rabbit" bescheren uns nun die personell verstärkten Amis eine musikalisch schwer definierbare Mischung grob gesalzener Cerealien auf honigsüßer Grundierung und deren ungemein eleganter Feinabstimmung, versöhnen instrumentalen Intellekt mit kryptischer Schwermütigkeit.
Gegenüber ihrem Vorgänger verströmen die neuen Studiobasteleien eine frisch lackierte, geschmeidige Liaison zwischen subtiler Makellosigkeit, unberechenbarer Leichtigkeit und strukturell der Melodie verpflichteter Vielfalt.
Die Gebrüder McGowan händeln ein dicht arrangiertes Beziehungsgeflecht, in dem Unterbewusstsein und nimmermüde Fantasien ihre Rollen spielen, und bemühen als kurzweilige Harmonielieferanten, neben gezähmtem Solieren, das um Tasten erweiterte Ensemble gesanglich und instrumental in frömmiger Eintracht zu vermählen.
Der durchaus Art Rock-erfahrene Tastenprotagonist Tom Brislin nährt die auratisch beflissenen Kompositionen mit seinen verblüffend zarten, bisweilen etwas kauzigen Klanggespinsten und hofiert die mild kolorierten Saiten, welche sich dennoch nicht sträuben, in die löchrigen Maschen durchaus einige kratzige Fäden einzuweben.
Ein subtil traumtänzelndes Jonglieren ungerader Akkorde und ein detailversessenes Kompositionsschema werden nur selten, wenn auch von abgedämpften idiosynkratischen Dronelandschaften zerfressen und schaffen mit gleich bleibender Ambition Sound-Skulpturen von höchster Artifizienz und präparierten Rock-Aggressionen.
Wie aus dünnwandigem Glas gegossen und nach Erlösung bettelnd, schweben abwechselnd die McGowan'schen Kopfstimmen über den von jeglichem Mainstream und streng künstlerischer Logik befreiten Arrangements, welche mit ihrer emotionalen Konfusion und schroffen Indie Rock-Abstrichen ständig als gutartige Geschwüre wuchern und die Laut-Leise-Ästhetik anmutig rehabilitieren.
Der Protagonisten kunstvolle Absicht, exorbitante Zwischentöne als Ausweis der eigenen Virtuosität zu erforschen und sich üblichen Klangidealen komplett zu verweigern, ziert diesen quecksilbrigen Erguss rastloser Eigenwilligkeit.
Trotz verstärkter dissonanter Beigaben, wie in "The Night I Killed Steve Shelley" und "He Is Like A Spider", transportieren die Instrumentalisten weitestgehend eine gespenstische und gleichzeitig faszinierende Melancholie und vermögen dem porösen Bombast dennoch keine muskulöse Spannung zu entziehen.
Mit breitem Grinsen konstatiert der anarchische bzw. jeglicher Pop-Industrie entsagende Konsument, dass sich selbst fremderkorene Art Rock-Neuerer der diabolischen Macht ihres Alter Egos nicht entledigen mochten und eine knochentrockene Rush-Gedächtnis-Rhythmus-Finesse unter das unheilvolle mosaikfarbige Indie Rock-Portfolio verlegen.
Der durchaus tolerante Musikfeinschmecker darf sich hierbei indes über eine Fülle von Details freuen, wobei neben gleichberechtigt fein sägenden Gitarren altgediente Preziösen volkstümlicher Tonleitern ebenso wie auch ineinander verschachtelte, um neue Einflüsse erweiterte Post Rock-Bastarde eine schmeichelhafte Rolle abbekamen.
Entgegen allen Genre-Reinheitsgeboten vermag man sich nach mehreren Durchläufen der eigenwilligen Melange aus Zurückhaltung und Kraft und dem experimentierwütigen Enthusiasmus kaum noch zu entziehen.
The Tea Club verkörpern unantastbar eine neue Generation von musizierenden Freidenkern, welche mit ihrer vehement unabhängigkeitsliebenden Entschlossenheit zu einem anderen ästhetischen Entwurf als die ewig auf Säulen zementierten Überväter gelangen und, unter Wenigen, die Kohärenz von kontrastierter Schroffheit und mit unterschwelliger Unruhe genährte Melancholie mit Geschick beherrschen.
Line-up:
Patrick McGowan (vocals, guitar)
Dan McGowan (vocals, guitar)
Kyle Minnick (drums)
Becky Osenenko (bass)

Gast:
Tom Brislin (keyboards)
Tracklist
01:Simon Magus
02:Diamondized
03:The Night I Killed Steve Shelley
04:Royal Oil Can
05:Out Of The Oceans
06:He Is Like A Spider
07:Nuclear Density Gauge
08:Tumbleweeds
09:Astro
Externe Links: