Fast jede Person sagt so vor sich hin, wie schnell doch die Zeit vergeht. Dabei ticken die Zeiger einer Uhr nicht schneller. Bezogen auf die Musik und speziell Album-Veröffentlichungen sind dann drei Jahre doch eine lange Zeit. Made Up Mind
kam 2013 auf den Markt und 2016 hält der geneigte Konsument "Let Me Get By" entweder als einzelne CD oder Deluxe Edition, die RockTimes zur Rezension vorlag, in der Hand. Waren beim letzten Album noch vier Bassisten aktiv, konzentriert sich das Zupfen der dicken Saiten auf Tim Levebvre. Bezogen auf Musikstile begibt sich der Künstler kaum auf fremdes Terrain, was sich auch in der Unterschiedlichkeit seiner Präsenz zeigt. Tim Levebvres Visitenkarte enthält unter anderem Namen wie David Bowie, Patti Austin, Jamie Cullum, Sting oder Chuck Loeb. Quasi nur als Blitzlicht ist Doyle Bramhall II am Tieftöner zu hören.
Als Heimatort nennt die Band Jacksonville aus dem amerikanischen Sonnenstaat Florida. Hier konzentrieren sich Verknüpfungen aus den musikalischen Metropolen der Vereinigten Staaten. Die Fäden von "Let Me Get By" verbinden New Orleans, Memphis, Chicago und Kirchen-Gospel, der geografisch wohl nicht so genau verankert werden kann.
Die Tedeschi Trucks Band ( TTB) setzt ihren Höhenflug fort. Die musikalische Melange ist hier das Zünglein an der Waage, die darüber entscheidet, ob bei einem kompletten Album die Daumen nach oben, waagerecht oder in die untere Richtung zeigen. Susan Tedeschi und Derek Trucks stehen einer Band vor, die XXL-Format hat. Diese Größe wird in allen Phasen der Aufnahmen auf den Punkt gebracht. Aus einer hundertprozentigen Vorlage macht TTB Hundertdreißigprozentiges.
Bei "Let Me Get By" taucht der Hörer tief in den Ozean der Klänge einer Tedeschi Trucks Band ein. Vielfältige Emotionen, ob mit Instrumenten oder über den Gesang transportiert, sind eine Quelle der Freude. Liebe und Tragik sind unmittelbare Nachbarn der Gefühle. Mit ihrer Stimme ist Susan Tedeschi fast schon unverwechselbar. Sie steigert sich geradezu in die Themen der Lieder und einen Mike Mattison für zwei Songs das Lead-Mikrofon zu überlassen, macht die ganze Sache nur noch viel interessanter. Okay, bei "Right Now", eine dieser besonderen Kompositionen mit speziellem New Orleans-Flair, teilen sich Susan Tedeschi sowie Mike Mattison den Hauptgesang, aber "Crying Over You/Swamp Raga" ist dann voll und ganz das Feld von Mike Mattison. Das Stück mit dem Untertitel 'For Holzapfel, Levebvre, Flute And Harmonium' ist moderner Soul mit einem faszinierenden Gitarrensound. Ja, Mike Mattison, der diese Nummer zusammen mit den Bandleadern komponiert hat, dürfte das Mikrofon ruhig öfter und nicht nur für die Backing Vocals in die Hand nehmen. Die letzten von Derek Trucks geschriebenen zwei Minuten "... Swamp Raga" bringen herrliche Räucherstäbchen-Stimmung in die vier Wände. Das fernöstliche Ambiente ist zum Greifen nahe.
"Let Me Get By", inklusive der Bonus-CD ist eine weitere Offenbarung des Kollektivs. Die unterschiedlichen Arrangements, ob mit Slide-Gitarre, der Akustischen, Piano oder Keyboards, den perkussiven Einlagen sind Zeichen von Feinfühligkeit. "I Want More" ist der Hammer. Im Rückspiegel der Combo ist deutlich der R&B vergangener Tage zu hören und eine solche Nummer bringt einen so richtig in Schwung. Das abschließende "In Every Heart" ist die Begleitmusik auf dem Weg zur Krönung des Albums. Die stilistische Mixtur ist brillant und die Bonus-CD der Deluxe Edition ist nicht einfach nur eine Beigabe, sondern rundet einen Doppeldecker auf beeindruckende Art und Weise ab.
Zwischen den tollen 'alternate mix'-Versionen von "Hear Me", "In Every Heart" und "Just As Strange" befindet sich "Oh! You Pretty Things", eine von nur drei Fremdkompositionen. David Bowie hat das Stück geschrieben. Vielleicht nicht der bekannteste Song des Anfang 2016 verstorbenen britischen Künstlers, aber so, wie die Tedeschi Trucks Band ihre eigenen Fähigkeiten und den Respekt vor dem Original zusammenbringen, ist schon brillant.
Drei Live-Lieder stehen am Ende der Extra-Scheibe und nur der Vollständigkeit halber soll erwähnt werden, dass das zu einem Jam anwachsende "Keep On Growing" von Eric Clapton und Bobby Whitlock geschrieben wurde. Derek & The Dominos-Zeiten zu beleben, ist nicht die schlechteste Idee, um an vergangene Musik-Highlights zu erinnern.
Mit "Let Me Get By" hat die Tedeschi Trucks Band ihr Album-Trio vervollständigt und auch die vorliegende Platte ist eine eindringliche Empfehlung zum Kauf.
Line-up:
Susan Tedeschi (lead vocals, rhythm guitar, additional guitar, vocals)
Derek Trucks (lead guitar, rhythm guitar, electric guitar, acoustic guitar, Resonator guitar, Leslie guitars, 12-string acoustic guitar, harmonium drone, percussion)
Dolye Bramhall II (additional guitar, acoustic guitar, rhythm guitar, electric guitar, bass, additional fuzz bass, percussion, vocals)
David Hidalgo (guitar – CD 2- #8)
Kofi Burbridge (grand piano, Hammond organ, Hohner clavinet, Wurlitzer electric piano, Leslie piano, mini moog, harmonium melody, flute)
Kebbi Williams (saxophone, baritone saxophone)
Maurice Brown (trumpet)
Saunders Sermons (trombone, bass trombone)
Elizabeth Lea (trombone – CD 2- #6,7,8)
Jonathan Dinklage (violins, violas, vocals)
Anja Wood (cello)
Tim Levebvre (bass, upright bass)
J.J. Johnson (drums, percussion)
Tyler Greenwell (drums, percussion)
Mike Mattison (lead vocals, vocals)
Mark Rivers (vocals)
Alecia Chakour (vocals)
Tracklist |
CD 1:
01:Anyhow (6:33)
02:Laugh About It (5:06)
03:Don't Know What It Means (5:58)
04:Right On Time (4:33)
05:Let Me Get By (4:25)
06:Just As Strange (3:41)
07:Crying Over You/Swamp Raga (8:03)
08:Hear Me (4:32)
09:I Want More (7:14)
10:In Every Heart (6:18)
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CD 2:
01:Hear Me [Alternate Mix] (4:33)
02:In Every Heart [Alternate Mix] (6:33)
03:Oh! You Pretty Things (3:01)
04:Just As Strange [Alternate Mix] (2:34)
05:Satie Groove (4:03)
06:Laugh About It [Recorded Live At The Beacon Theatre] (5:31)
07:I Pity The Fool [Recorded Live At The Beacon Theatre] (6:50)
08:Keep It Growing [Recorded Live At The Beacon Theatre] (9:36)
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Externe Links:
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