Spielzeit: 47:12 Medium: CD Label: Thin Lizzy Productions, 2009 (1977) Stil: Classic Rock Review vom 25.02.2009 Ulli Heiser

Vor ziemlich genau acht Jahren begann ich das Platten-besprechen mit Thin Lizzys
Live And Dangerous - für mich eine DER Live-Scheiben, wenn nicht gar DIE.
Und das obwohl mittlerweile jedem bekannt sein dürfte, dass das "Live" im Albumtitel nicht ganz koscher war. Mit ein Grund, wieso vorliegende CD nur "Still Dangerous" und nicht etwas "Still Live And Dangerous" betitelt ist? Dangerous waren die Boys auch damals, 1977 im Tower Theatre in Philadelphia während ihrer "Bad Reputation"-Tour. Und live.

Von genannter Show stammen die 10 Tracks dieser Platte und hier wurde nichts overdubt. Und neben den Drums ist im Gegensatz zu "Live And Dangerous" auch alles andere so, wie es an diesem Donnerstag am 20. Oktober vor über 30 Jahren war. Mein Zitat aus dem 2001er Review - »Lediglich Drummer Brian Downey war mit seinen Aufnahmen zufrieden und neben den Publikumsgeräuschen sind die Drums somit die einzigen authentischen Livetöne auf diesem Livealbum« - vergesst es hier.

Wie man der Tracklist entnehmen kann, sind auf "Still Dangerous" einige Tracks, die nicht auf "Live And Dangerous" sind. So gleich der Opener "Soldier Of Fortune" und "Opium Trail" sowie "Me And The Boys". Gemein ist allen Nummern, dass sie in dieser Version zum ersten Mal die Ohren der Hörer, die damals nicht in Philadelphia dabei waren, erreichen.
Stücke wie "Jailbreak", "Cowboy Song", "The Boys Are Back In Town", "Dancing In The Moonlight", "Massacre", "Don't Believe A Word", "Baby Drives Me Crazy" - die Sieben, die auch den Weg auf "Live And Dangerous" fanden - wer kennt sie nicht? Wer liebt sie nicht? Wer will sagen, er sei Rock-Fan und kennt diese Songs nicht? Stark gespielt, das Publikum ist involviert, singt mit, Phil lässt sie singen, Bandvorstellung mit jeweiligen Soli... alles da, was das Live-Herz erfreut.

'Ungewohnt' im Set, weil man einfach die Tracklist des 'Pseudo Live-Albums' im Kopf hat sind "Opium Trail" und "Me And The Boys" schon (für kurze Zeit). Aber sie passen und man muss sich nun eben daran gewöhnen, dass man zwei 'Live'-Scheiben von Thin Lizzy im Regal hat, die das Wort 'Dangerous' im Namen haben. Es ist ein Genuss, Lynott, Gorham, Robertson und Downey zuzuhören. Dieses Lizzy Line-up ist DIE Bandbesetzung für mich. Gary Moore, John Sykes oder Snowy White sind großartige Musiker und trotzdem bleiben die Vier dieses Albums DIE Besetzung meiner Wahl. Und ohne Phil war das sowieso nicht mehr das Gleiche. Ich ziehe eine Parallele zu einer meiner Lieblingstruppen aus einer musikalisch total anderen Ecke: Grateful Dead. Nach Jerry hätte da kommen wollen wer will...

Es gibt aber noch eine Gemeinsamkeit der so unterschiedlichen Bands: Beide haben Songs in ihrem Live-Output, die für mich untrennbar sind. Wie eine positive Auslegung des Begriffs 'siamesische Zwillinge'. Bei den Iren heißt das Duo "Cowboy Song" und "The Boys Are Back In Town", über dem Teich "China Cat Sunflower" und "I Know You Rider". Wenn da auf die jeweils erstgenannnten Stücke was anderes folgen sollte, als die gewohnten Pendants... Weia!

Produziert und remastert wurde "Still Dangerous" von Glyn Johns (Rolling Stones, Who, Eagles, Led Zeppelin) unter Mitwirkung von Gorham und Downey. Dies ist die erste Veröffentlichung des extra gegründeten Labels 'Thin Lizzy Productions'. Und die haben ihre Arbeit gut, sehr gut gemacht. Dem geilen Konzert liegt ein Booklet mit vielen Photos bei.

Thin Lizzy hat nun eine Live-Platte, an der niemand mehr rummäkeln kann. Aber die macht den 'frisierten', ältern Bruder nicht arbeitslos. Auch dieser wird immer wieder in den Player wandern. Er war, ist und bleibt eines DER klassischen Rock-Alben. "Still Dangerous" reiht sich neu dazu.

Line-up:
Phil Lynott (lead vocals, bass)
Scott Gorham (guitar)
Brian Robertson (guitar)
Brian Downey (drums)