THTX / The Flickering Sky
The Flickering Sky Spielzeit: 68:27
Medium: CD
Label: Sulatron Records, 2009
Stil: Psychedelic Rock

Review vom 13.08.2009


Joachim 'Joe' Brookes
Detroit ist immer noch eine wichtige Adresse in der Musik, wie ein riesiges Fass mit brodelndem Inhalt.
Die Metropole steht schließlich nicht nur für Motown, sondern auch für Iggy Pop, MC5,
John Lee Hooker, Alice Cooper, Mitch Ryder, George Clinton, Grand Funk Railroad oder Commander Cody, um nur einige zu nennen.
Die psychedelische Fraktion ist genauso vertreten wie der Punk oder Blues.
THTX macht psychedelische Musik und nach dem ersten kompletten Hördurchgang muss davor noch ein 'experimentell' gesetzt werden. "The Flickering Sky" ist wie ein Behälter, der eine blubbernde Substanz zum Inhalt hat.
Die zwölf Stücke, darunter ein Van Der Graaf Generator-Titel, sind ein Klangoskop aus schier unvorstellbaren Sounds mit Nebenwirkungen.
Wer sich auf THTX einlässt, muss auf einen abgedrehten Achterbahnkurs gefasst sein. Da gibt es steile Anstiege, Abfahrten, die unter der obersten Erdschicht zu enden scheinen, intensive Loopings mit dem G-Faktor einer Rakete und zur Erholung beamt man den Hörer in blühende Landschaften der anderen Art.
THTX ist nur ein Duo: Matthew Smith (guitars, trumpet, bass, organ, vocals) sowie Kerry Gluckman (drums, percussion) bilden es und sie haben sich durch Keir McDonald (synthtesizer) als auch Larry Ray (bass) ein klein wenig Unterstützung ins Studio geholt.
Smith ist außerdem in den Bands Outrageous Cherry und The Volebeats aktiv. Dort macht er allerdings völlig andere Musik, die wie einbetoniert den Sechzigerjahren frönt. Darüber hinaus ist er als Produzent für The Go, The Cuts, Little Claw oder Kim Fowley tätig.
Gluckman ist Session-Drummer und trommelt in der Formation Ugly Radio Rebellion, die in Live-Auftritten Frank Zappa huldigt.
Nun aber zu "The Flickering Sky".
Als Konsument muss man der Musik schon aufgeschlossen und vorurteilsfrei gegenüber treten, um sie dann in das persönliche Sternensystem aufnehmen zu können. Ohne hier etwas verheimlichen zu wollen, sind einige Tracks wie Trabanten, Lichtjahre von der heimatlichen Erde entfernt. Wie zu lesen ist, seien alle von THTX gespielten Collagen ohne jegliches Konzept entstanden, also improvisiert. Die Regel bestätigende Ausnahme hört auf den Namen "Darkness" und ist ein von Peter Hammill komponiertes Stück.
In den Nummern ist alles im Fluss. Menschen können bekanntlich nicht fliegen, aber sehr wohl Musik und eines der besten Beispiele dafür ist diese Platte.
Wie halten wir es denn mit dem Improvisieren, wenn Sie mehrere Instrumente spielen, Herr Smith? Hat er mehr als zwei Hände?
Mit dem Opener schickt uns THTX direkt für über zehn Minuten in den 'flackernden Himmel'. Die spacige E-Gitarre ergeht sich in permanenten Wiederholungen, die allerdings einer stetigen Modulation unterliegen. Dazu rifft die Akustische zum Teil vehement und Orgel-Sounds gesellen sich auch noch dazu. An Effekt-Spielereien der anderen Art gibt es so einige, auch vom Wah Wah-Pedal wird ausgiebig Gebrauch gemacht. Sinnbildlich müsste dieses nach den fast siebzig Minuten Spielzeit neu besohlt werden.
Welche unterschiedlichen Sound-Geräte zum Einsatz gebracht werden, entzieht sich meiner Kenntnis, allerdings sind es meines Erachtens nicht wenige. Für das erste Stück entlastet sich Smith, weil hier Larry Ray den Tieftöner zupft. Es gibt Passagen, die richtig abrocken... Hawkwind lassen grüßen. Stellenweise entzieht man den Klängen das Fundament, denn Drummer Gluckman gönnt sich Pausen und überlässt den Trip anderen Instrumenten.
Bei allem Respekt, aber diese zeitlich zweistellige Eröffnung ist tatsächlich erst der Anfang einer unglaublich kreativen Musikreise.
Der Synthesizer, bedient von Keir McDonald, zirpt sich einen weg und jetzt lässt Smith seine E-Gitarre richtig kräftig rocken. Unterschiedliche Soli überlappen sich und nun sind die beiden THTX-Musiker ziemlich weit von einander entfernt. Gemeint ist damit, dass der Klang des Schlagzeuges irgendwie aus einem undefinierbaren Blech-Nirwana kommt. Der Gluckman kann es, aber erst im Laufe von "Mu-Tron" scheint er wieder im Studio angekommen zu sein. Die Nummer ist eine einzige Gitarrenbrett-Fahrt des Herrn Smith.
Psychedelischer Rock hatte ich geschrieben.
Ist es auch noch, wenn es mit "Osidias" weiter geht. Was aber, beim Astronautenhelm, hat eine Trompete da verloren. Selbst das Blasinstrument überlässt man nicht seinem natürlichen Klang. Zu einem vertrackten Gluckman-Groove, das Schlagzeug ist nun in besserer Klangform, mag man entfernt eine Schlangenbeschwörung assoziieren. Fernöstlich darf es allerdings allemal sein. Nur nicht die verzerrten Gitarrentöne, die im Weiteren mit der dann jazzigen Trompte zu konkurrieren scheinen.
Im 'ultravioletten Zwielicht' von THTX trommelt Gluckman stoisch einen Marschrhythmus und Smith verpasst seinem Sechs-Saiter einen orientalischen Sitar-Sound. Man braucht jetzt schon etwas dickere Nerven, um dem Silberling über die Stopptaste nicht den finalen Gnadenstoß zu versetzen.
Puh, jetzt bitte etwas zum Durchatmen. Nichts ist es damit, obwohl "Infiltrating Light" zunächst gemächlich, nett und entspannt daherkommt. Diese Art von Gefühlen sind von sehr kurzer Dauer, denn letztendlich ist das Stück ein immer wieder aufflackerndes Inferno der freien Gitarrenkultur.
"Collective Mind Anarchy"... noch Fragen? Fast zehn Minuten Gitarren-Überstunden in stereofonen Kanalwanderungsaktivitäten. Eine psychedelische Trance kurz vor dem Knockout.
Ab "Zenta Childe" werden die Spielzeiten der Tracks kürzer, aber die Exkursionen in unbekannte Galaxien werden noch heftiger. Auch hier schafft man ausgleichende Gerechtigkeit: "Son Of Mu-Tron" ist Balsam für die Ohren und die einzige Nummer mit Vocals ist das bereits erwähnte "Darkness...". Siehe da, der Matthew Smith kann ja richtig gut singen.
Für "Zenta Childe (Slight Return)" laufen die Tonspuren des Aufnahmebandes rückwärts und der Effekt ist ungemein.
"Once Before In The Future" stimmt mit erkennbaren Melodien versöhnlich und die letzten zwei Minuten mit dem Titel "Shadow At The Gates Of Nothingness" erinnern an die guten alten
Pink Floyd, für THTX schon Mainstream.
Wer psychedelischen Space Rock mag und experimentellen Mustern offen gegenüber steht, kann THTXs "The Flickering Sky" gerne antesten. Manchmal jedoch ist die Stille der schönste Sound nach der Musik. Gemeint ist, dass man diese Platte nicht in jeder x-beliebigen Situation hören kann.
Line-up:
Matthew Smith (guitars, trumpet, bass, organ, vocals)
Kerry Gluckman (drums, percussion)

With:
Keir McDonald (synthesizer - #2,5)
Larry Ray (bass - #1)
Tracklist
01:The Flickering Sky (10:27)
02:Mu-Tron (6:20)
03:Osidias (5:40)
04:Ultraviolet Twilight (6:28)
05:Infiltrating Light (6:44)
06:Collective Mind Anarchy (9:43)
07:Zenta Childe (4:44)
08:Son Of Mu-Tron (2:14)
09:Darkness (11/11) (6:54)
10:Zenta Childe (Slight Return) (2:04)
11:Once Before In The Future (5:02)
12:Shadow At The Gates Of Nothingness (2:02)
Externe Links: