Heute widme ich mich seit langer Zeit mal wieder den progressiven Spielarten der Rockmusik. Mit "Children Of Saturn" liegt mir nämlich eine Scheibe der aus Wyandotte, Michigan stammenden Formation Tin Scribble vor, die mittlerweile schon drei Jährchen auf dem Buckel hat. Erschienen 2005, ist dieses Werk das Debütalbum der Mannen. Warum mir das Album aber erst in diesem Jahr vorliegt, entzieht sich meiner Kenntnis.
Wenn man auf der bandeigenen Homepage nach Informationen zu "Children Of Saturn" sucht, fällt sofort auf, dass dort eine andere Trackliste aufgeführt ist als hinten auf der CD-Hülle. Genau genommen ist das erste Stück "Introduction" dort namentlich genannt, welches aber auf der Rückseite des Albums fehlt. Dort beginnt die Scheibe mit "Entervallum". Es stehen auf dem Digipack also weniger Songtitel drauf, als auf der Scheibe tatsächlich enthalten sind, was bei mir zu Verwirrungen führte und mich zu Nachforschungen verleitete. Auf der Bandseite kann man übrigens auch zu jedem Song die Lyrics nachlesen.
Außerdem scheinen Tin Scribble mehrere Besetzungswechsel hinter sich zu haben, denn das Line-up, das "Children Of Saturn" einspielte, ist mit dem heutigen nicht identisch. Ausnahmen sind Mastermind Michael Allen Moore sowie Bryan Atterberry. Neben den beiden spielen heute Bill MacLoud (Bass) und Nick Hurra (Schlagzeug) in der Band.
Nun sprechen wir nach dem ganzen 'organisatorischen Kram' doch endlich mal über die Musik. Wenn man das Album so hört, dann kommen einem unweigerlich Progressive Rock-Größen wie Anathema, Porcupine Tree oder auch The Tea Party in den Sinn und ich finde, dass man den Sound Tin Scribbles guten Gewissens als Symbiose dieser drei großartigen Bands bezeichnen kann. "Children Of Saturn" ist nachdenklich, kritisch, wartet teilweise mit unkonventionellen Klängen auf und hat darüber hinaus streckenweise eine verstörende Atmosphäre. Das fängt im Grunde genommen schon mit dem seltsamen Cover-Artwork an, welches ein kaputtes Puppengesicht zeigt.
Als Einflüsse geben die Herren unter anderem folgendes an: »Dumb things politicians say and do, dumb things religious people say and do, any dumb things people say or do.« So darf man sich also u.a. auf gesellschaftskritische Texte gefasst machen, wenn man sich mit der Band beschäftigt. Von diesem Eindruck kommt man nach Einlegen der Scheibe auch gar nicht mehr weg, denn die ersten vier Songs (oder sollte man besser Soundkollagen sagen?!), die übrigens teilweise ineinander über gehen, sind mit Zitaten von Noch-US-Präsident George W. Bush bzw. aus dessen politischem Umfeld gespickt, die durch die zum Teil verstörenden Klänge ziemlich düster erscheinen. Dies ist auch beabsichtigt, denn Tin Scribble, so beiliegende Infozettel, mögen die Bush-Administration nicht sonderlich.
Einige Stücke sind ein ganz klarer Appell an unabhängiges, kritisches Denken, andere zeigen die Klage der Band über mancher Leute Einstellung gegenüber ihren Mitmenschen sowie der Politik in der Welt. Somit offenbart "Children Of Saturn" nicht nur musikalisch anspruchsvolle Kost, sondern steht dieser in Sachen Lyrics in nichts nach. Mit dieser Scheibe sollte man sich intensiv beschäftigen, damit sie ihre volle Wirkung entfalten kann.
Ich empfehle jedem Interessenten, erst mal ein Ohr zu riskieren, bevor man sich das Teil zulegt. Wer aber mit den oben genannten Gruppen etwas anfangen kann, darüber hinaus vielleicht auch Hawkwind, Gong, King Crimson und Van Der Graaf Generator mag, dürfte mit Tin Scribble was anfangen können. Mir persönlich ist die Scheibe aber auf Dauer zu unzugänglich, verstörend bzw. einfach zu ruhig, als dass ich sie mir (zumindest am Stück) allzu oft anhören könnte. Also, bitte die Songs auf MySpace antesten. Ich persönlich möchte an dieser Stelle aber schon mal "Bleak" und "Wake" empfehlen, die durch schöne, melancholische Gesangslinien überzeugen.
Line-up:
Bryan Atterberry (guitar, lead, rhythm, celtic harp, synth)
Colleen Cameron (piano, flute, voice, background vocals)
Mark (Dino) Jardine (bass guitar, bass synth pedals)
Clinton Sabon (drums, electronic & acoustic percussion, marimba on - #13)
Michael Allen Moore (vocals, guitars lead, rhythm, synth & acoustic, additional keyboard synth)
Tracklist |
01:Introduction (1:13)
02:Entervallum (1:09)
03:Vox Populi Vox Dei (3:37)
04:Vox De Morte (0:37)
05:Bleak (5:30)
06:Intervallum (1:05)
07:Breakable (6:42)
08:Listen (5:49)
09:Wake (6:39)
10:Things Left Over (5:25)
11:Throwing It All Away (2:06)
12:Saturn's Sun (3:01)
13:Separate Silence (4:53)
14:Schwa (2:31)
15:For A While (7:33)
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