Unglaublich, was auf einen bereits mit dem Opener zukommt: Rock mit einer Urgewalt, die Gitarren im Mittelpunkt des Geschehens. Tishamingo haben sich noch mal weiterentwickelt: Die Jam-/Fusion- und Southern-Rock-Einflüsse in Form Dual-Leads, auf Wear N' Tear noch reichlich vorhanden, gehören weitestgehend der Vergangenheit an. Manche werden den Abwechslungsreichtum inkl. der Southern-Einlagen der ersten beiden CDs vielleicht vermissen, Andere wiederum diese Entwicklung begrüßen, Neueinsteiger wird so etwas kaum kümmern.
Was bleibt, ist gut gemachter bluesiger Rock der alten Schule, immer stärker an Gov't Mule erinnernd. Besonders bei "Are We Rollin'", aber auch sonst, denkt man an die Gruppe um Warren Haynes, inkl. Gesang und dem schleppenden Gitarrensound. Wenn man historisch korrekt sein möchte, müsste man auch Humble Pie anführen, schließlich scheint ein Song wie "Live With Me" fast schon Blueprint für sowohl die Mule'sche Musik als auch für manchen Track dieser CD zu sein. Auch der Band-Klassiker "Chest Fever" ertönt im Mule/Humble Pie-Gewand, im Gegensatz zur Originalversion steht hier das E-Piano und eine dreckige Slide im Mittelpunkt des Geschehens. So muss man covern! Apropos Slide - es gibt noch mindestens so viel, wenn nicht sogar noch mehr zu hören als auf den Vorgängern, Blueser werden "The Point" auch mögen.
Das absolute Highlight ist "This Time" mit seinem Soul-Feeling, ohne den Rock-Aspekt aus den Augen zu verlieren. Ein richtiger Kracher ist das relativ schnelle "Bad News", das mit seinem Boogie-Riff an AC/DC erinnert. Die Tempoverschärfung ist auch bitter nötig, denn abgesehen von "Get On Back" haben wir es mit Songs im niedrigen Midtempobereich oder mit noch langsameren Balladen wie "Tennessee Mountain Angel" zu tun (die aber gegen Ende an Fahrt gewinnt). Aber leider immer noch keine Spuren von Dual-Leads - ist es eine bewußte musikalische Abkehr vom Southern-Rock der beiden ersten Scheiben?
Leider bietet die Platte songschreiberisch wenig richtig Interessantes, man wird den Eindruck nicht los, als wiederhole sich die Band: Das langweilige "Hard Fall" wirkt wie eine softere Version von "Are We Rollin'". Man versteht auch nicht, warum die beiden countryfizierten Nummern "Walkin' Shoes" und "Devil's Love Song" ans Ende gepackt wurden, zwischendrin hätten sie die bluesigen Stücke aufgelockert. Ich frage mich auch, ob die Wahl von John Kurzweg als Produzent (Creed, Puddle Of Mud) richtig glücklich gewesen ist. Jedenfalls sind die Keyboards von Jess Franklin viel zu oft kaum wahrzunehmen , während die Gitarren extrem nach vorne gemischt sind; Richard Proctor scheint er mit dem Minimalisten-Drumming-Virus angesteckt zu haben. Neu-Mitglied Chuck Thomas spielt am Bass eine bessere Rolle.
Fazit: Die Stilvielfalt und die songwriterische Qualität der früheren Jahre ist nicht mehr vorhanden, dafür steht eindeutig der bluesgetränkte, einfach gestrickte Rock im Vordergrund. Ein musikalischer Rückschritt im Vergleich zum außergewöhlich guten 2005er Werk, aber immer noch über dem Durchschnitt der sonstigen Veröffentlichungen und der geeignete Stoff für Freunde von Retro-Sounds.
Line-up:
Cameron Williams (guitars, vocals)
Jess Franklin (guitars, vocals, organ, electric pianos)
Chuck Thomas (bass, backing vocals)
Richard Proctor (drums, percussion)
Additional Musician:
John Kurzweg (guitar, melodica - #3)
Kris Kolp (harmonica - #10)
Tracklist |
01:Get On Back (4:31)
02:Are We Rollin' (5:03)
03:Chest Fever (6:00)
04:Mitchell (5:31)
05:Travel On (4:32)
06:This Time (5:21)
07:Bad News (4:05)
08:Tennessee Mountain Angel (6:44)
09:Hard Fall (5:54)
10:Walkin' Shoes (4:16)
11:Devil's Love Song (3:23)
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