Walter Trout & Band / 19.11.08, Harmonie, Bonn
Harmonie Bonn Walter Trout & Band
Harmonie, Bonn
19. November 2008
Stil: Blues Rock
Konzertbericht


Artikel vom 03.12.2008


Jürgen Hauß
Am 19. November 2008 trat Walter Trout mit seiner Band in der Bonner Harmonie auf. Die Harmonie war früher eine Dorfkneipe mit angeschlossenem Tanz- und Vereinssaal. Seit fünfzehn Jahren ist sie eine kultige Kneipe auf der Endenicher Kulturmeile (u.a. Haus der Springmaus) im gleichnamigen Ortsteil von Bonn mit angeschlossenem Multifunktionsclub, in dem u.a. Konzerte mit bis zu 500 Zuschauern (nach Angaben der Betreiber) stattfinden. Jedes Mal, wenn ich dort ein Konzert besuche, überfällt mich eine gewisse Sentimentalität, denn vor 25 Jahren durfte ich in dem damaligen Saal mein juristisches Repetitorium absitzen. Den seinerzeitigen spröden Charme des großen Saales, in dem wir Studenten auf langen Sitzbänken saßen, hat der Club heutiger Tage - nicht zuletzt aufgrund großzügiger Umbauten - abgelegt. Insbesondere die am hinteren Saalende errichtete Galerie ermöglicht es, bei ansonsten unbestuhlten Konzerten, bequem zu sitzen und zudem einen wunderbaren Überblick über das gesamte Geschehen zu genießen. Wer lieber 'mitten drin statt nur dabei' sein möchte, ist im Gedränge vor der Bühne sicherlich besser aufgehoben. Seit der Neueröffnung finden hier regelmäßig klasse Konzerte der unterschiedlichsten Stilrichtungen statt (demnächst z.B. Ten Years After; Näheres auf der Clubseite - Link siehe unten). Jedenfalls ist die Stimmung - wenn denn die musikalische Leistung stimmt - stets großartig.
Und beides stimmte, als jetzt also Walter Trout in die (nach Presseberichten sogar mit 600 Zuschauern) ausverkaufte Harmonie kam. Kurz nach 20.00 Uhr, also fast pünktlich, betraten vier stämmige Herrschaften die Bühne und legten - nach einer überaus kurzen und in dieser Form völlig überflüssigen Ankündigung durch wen auch immer - ohne Umschweife los. Das Konzert diente nach Ansage von Walter in erster Linie der Vorstellung der 'brandneuen' CD The Outsider (die Veröffentlichung ist immerhin schon ein halbes Jahr her!). Umso mehr überraschte es, dass die Band nicht aus den Musikern bestand, mit denen Walter seinerzeit die CD eingespielt hat. Dafür war - im Gegensatz zu seiner letzten Tour durch Deutschland im Jahr 2007 -wieder Sammy Avila (spielt seit 2001 mit Walter zusammen) mit seiner Hammond XK-1 mit dabei; eine lohnenswerte Änderung. Mit Michael Leasure an den Drums (seit diesem Jahr dabei) sowie Rick Knapp am Viersaiter (seit 2005 dabei) bot Walter jedoch eine solide Rhythmusgruppe auf, die ihm über die ganze Zeit des Konzertes den Background für seine 'Fingerübungen' gab. Die beiden wirkten ein wenig wie Pat und Patachon: Während der eine leicht schlaksig und mit stoischer Ruhe (sowie mit einer entfernt an Wolfgang Petry erinnernden Vokuhila-Frisur) an den dicken Saiten zupfte, wirkte der andere hinter seinem Schlagzeug leicht gedrungen und - angesichts seiner Grimassen - von ständigen starken Schmerzen gepeinigt, wenn er mit seinen Fellen in Berührung kam, so als ob das Schlagzeug unter Strom stand.
Eines noch vorweg: Während die Musik in der gebotenen Klarheit und Deutlichkeit rüberkam, kann man das gleiche Lob für die Mikrophonarbeit nicht aussprechen. Waren schon die Songtexte nicht unbedingt deutlich zu verstehen, gilt dies insbesondere für die - sowieso nur recht spärlichen - Ansagen von Walter zwischen und zu den einzelnen Titeln. Da auch nach dem Konzert eine Song-List nicht zu bekommen war, kann ich die gespielten 15 Titel leider nicht vollständig auflisten; ein Problem, das offenbar auch andere Besucher früherer Konzerte von Walter Trout hatten. Das Bonner Konzert enthielt jedenfalls zu einem Großteil Tracks des aktuellen Albums.
Los ging es aber zunächst mit einem Klassiker: "Help Me", von Walter Trout bereits 1992 auf der Live-CD "No More Fish Jokes" eingespielt. Bereits bei diesem Song überlässt Walter einen nicht unwesentlichen Teil der Solo-Arbeit seinem Keyboarder Sammy Avila, der auch - im Unterschied zu seinen übrigen Kollegen - noch häufiger glänzen konnte. Mit den Titeln Nr. 3 und 4 "Gone Too Long" und "Matter Of The Heart" läutet Walter die Vorstellung von "The Outsider" ein, wobei bei letztgenanntem Song ein weiterer Musiker auf die Bühne kommt: Andrew Elt, der ansonsten eigentlich für die Bühnentechnik einschließlich der Gitarren von Walter zuständig ist, spielt eine akustische Gitarre, was den ruhigen Stil der Nummer unterstützt.
Wenig Unterstützung bekommt die Band allerdings vom Publikum. Die Stehtischatmosphäre, verbunden mit zwei Getränketheken im hinteren und seitlichen Bereich des Saals verleiten offenbar immer wieder einige Zuschauer zu lautstarken Unterhaltungen untereinander, die in ruhigen Songphasen leider nur allzu störend wirken; eine Unsitte und Unhöflichkeit nicht nur den anderen Zuhörern, sondern insbesondere den Aktiven gegenüber.
Ein weiterer Song des Konzerts, der einer besonderen Erwähnung wert ist (nicht nur deshalb, weil ich den Titel erkannt habe), ist "Say Goodbye To The Blues", ein Abgesang von Walter auf den seinerzeit gerade tödlich verunglückten Stevie Ray Vaughan, zu hören bereits auf der CD "Prisoner Of A Dream" aus dem Jahre 1990. Wunderschön, wie es Walter gelingt, diesen Blues in Ludwig van Beethovens "Für Elise" einmünden zu lassen, als Reminiszenz an das Bonner Publikum - worauf Walter auch hinweist - und damit als Zeichen dafür, dass er jedenfalls weiß, wo er gerade spielt, was angesichts des vollen Tourneeplans bei anderen Musikern nicht immer sicher zu sein scheint!
Ob es sich bei dem Titel "She's No Good Woman" um eine neuere Produktion oder um älteres Material handelt, habe ich nicht feststellen können, jedenfalls handelt es sich um eine Komposition von Sammy Avila, der folgerichtig sowohl instrumental als auch gesanglich den Hauptpart übernahm und hier wieder nicht nur wegen seines begeisternden Hammond-Spiels überzeugen konnte. Von zustimmendem Applaus des Publikums begleitet, widmete Walter den Song ausdrücklich Heather Mills, wohl im Hinblick darauf, wie diese im Rahmen ihrer Scheidung ihren 'Macka' ausgenommen hat.
Die folgenden Titel "The Next Big Thing" und "Sanjay" waren wieder von "The Outsider" und damit geläufiges Material.
Kurz vor Schluss bekommt endlich die Rhythmus-Sektion die Möglichkeit, sich ein wenig zu profilieren. Zunächst Rick Knapp am Bass in einem Stück, das Walter nach eigenen Angaben eigentlich für B.B.King komponiert habe, der es aber nicht habe spielen wollen. Zwar fällt es mir in der Folgezeit schwer, mir den Song in der Interpretation von B.B.King vorzustellen, aber was soll's: in der Version von Walter ist er jedenfalls klasse. Zunächst spielt er in zwei Tonlagen auf seiner Klampfe quasi einen Dialog zwischen zwei Menschen, den er zudem mimisch untermalt. Dies geht über in ein Duett - oder sollte ich sagen: Duell - mit seinem Bassisten. Die beiden fetzen sich um die Wette, dass es eine wahre Freude ist. Dementsprechend stellt die Darbietung mit über 10 Minuten an diesem Abend auch den längsten Titel dar.
Anschließend verließen die Musiker die Bühne - bis auf Michael Leasure. So, als ob er sich bislang nur ausgeruht hätte, was man ihm wirklich nicht nachsagen kann, wirbelte er in den nächsten - leider nur - gut fünf Minuten ein Schlagzeugsolo herunter, das sich gewaschen hatte. Ja, manchmal hatte man dabei den Eindruck, wofür andere eine Viertelstunde benötigen, schafft er in besagter Zeit, so vielfältig waren die Stile und Rhythmen, die er verstand unterzubringen. Auch wenn er also die Unterstützung der Band nicht benötigt hätte, kam diese noch im Verlaufe der Vorstellung wieder auf die Stage zurück und begleitete ihn zum nahen Ende, um dann gemeinsam die Bühne wieder zu verlassen.
Das begeisterte Publikum brauchte allerdings nicht allzu lange, die - leider einzige - Zugabe erfolgreich einzufordern. "Goin' Down", auch dieser Song schon seit vielen Jahren in Walters Repertoire, wurde dieses Mal wiederum von Andrew Elt gesanglich interpretiert.
Ach ja, was soll oder muss man noch zu Walters Gitarrenarbeit viel sagen. Wie allgemein bekannt, ist er ein Freund der 'flinken Finger'. Das ist zwar - einzeln betrachtet - immer wieder beeindruckend, aber auf die Dauer doch etwas anstrengend, ohne wirklich Neues darzustellen (vgl. Review von 'Mike' Schröder vom 28.03.2007). Dabei kann er wirklich tolle Songs schreiben, die auch ohne derartige Eskapaden klingen und wirken. Hier stimmt mal wieder der Spruch: »Weniger ist manchmal mehr«. Auch mein Kumpel Klaus, selbst ein begnadeter Gitarrist und daher jemand, der weiß, wovon er spricht, sah sich zu einem entsprechenden Kommentar veranlasst.
Kurz nach Ende des Konzerts begab sich Walter noch unter das gemeine Volk, schrieb bereitwillig Autogramme und war zu kurzen Gesprächen gerne bereit. Natürlich wurden auch seine CDs verkauft; überraschenderweise auch Hardcopys seiner Einspielung "Hardcore", die nach Angaben auf Walters Homepage ausschließlich im Internet erhältlich sei (s. Review Hardcore vom 31.10.2008).
Mein Resümee: Insgesamt ein tolles Konzert, allerdings - wenn man frühere Konzerte besucht hat oder entsprechende Berichte gelesen hat - ein wenig zu vorhersehbar. Das einzig Ärgerliche an diesem Abend jedoch war, dass ich meine Digicam vergessen hatte und so - trotz bester Sicht von der Galerie in der Harmonie - keine optischen Eindrücke von diesem Konzert meinem Bericht beifügen kann - ich gelobe Besserung!
(Unbedingt. Die Redaktion )
Line-up:
Walter Trout (guitar, vocals)
Rick Knapp (bass)
Michael Leasure (drums)
Sammy Avila (keyboards)

Guest: Andrew Elt (guitar, vocals)
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