Spielzeit: 225:00 Medium: Do-DVD Ton: Dolby Digital/PCM Stereo Bild: 4:3 Ländercode 0 Freigegeben ohne Altersbeschränkung Sprache: englisch Label: Content Records, 2006 Stil: World Music Review vom 27.10.2006 Norbert Neugebauer

Eine schönere und opulentere Musik-DVD-Veröffentlichung habe ich bisher nicht gesehen. Nicht nur bald vier Stunden Musik auf Film, der einen Rückblick über das 25-jährige Schaffen Andreas Vollenweiders gibt, sondern auch traumhafte Aufnahmen von den unterschiedlichsten Stationen seiner weltweiten Auftritte mit den verschiedensten Künstlern. In bester Ton- und ebensolcher Bildqualität (bis auf wenige, nicht ins Gewicht fallende Ausnahmen). Alles so liebevoll und künstlerisch bis ins letzte Detail aufbereitet, dass es eine Freude ist, den schweizer Multiinstrumentalisten mit seinen Freunden auf der Reise durch Zeit und Raum zu begleiten. Die Musik des Künstlers mit seinem Hauptinstrument, der Harfe, ist zeitlos; das fortschreitende Alter des 53-jährigen Künstlers wird so ein verblüffender Maßstab für den Zuschauer. Wie bereits sein letzter, akustischer Rückblick The Storyteller ist der DVD-Sampler als Buch aufgemacht. Diesmal sogar im stabilen Pappschuber, das Hardcase dreifach aufklappbar. Allein diese wertige, attraktive Verpackung reizt zum Kauf (für knappe 20 Euro!) und nicht zum Download oder zur Kopie aus irgendeiner Quelle. Kompliment an Künstler und Musikindustrie - so hält und gewinnt man Fans und Kunden!

Über zwei Jahre hat lt. HP die Sichtung und Bearbeitung der Dokumente durch den Meister selbst gedauert, die bei den Tourneen entstanden sind (und sich damit um ein halbes Jahr länger als geplant hinzog). Das ist absolut glaubhaft und das Ergebnis auch entsprechend - quasi der 'komplette Vollenweider' in einem Album. Eine absolut runde, gelungene Produktion, eine perfekte Werkschau, die allerdings kaum in einem Stück zu genießen ist. Vollenweider-Fans dürfen mir gern widersprechen. Die werden sich bestimmt mal einen kompletten Abend vor dem Heimkino mit entsprechender Ausgestaltung gönnen. Aber ich, als World Music-Fan, der ebenso die stimmungsvollen Landschafts- und Konzertaufnahmen, die Dokumentationsteile und die Interviews schätzt, kann mir diese Opulenz nur mit längeren Unterbrechungen zu Gemüte führen. Was leider anhand der Menüführung etwas umständlich ist.

Beginnend auf den Kanälen von Venedig, über die Gipfel des Himalaya, auf den Tafelberg von Kapstadt und in die Grotten von Lanzarote, nimmt die Kamera den Zuschauer weiter mit zu den ungewöhnlichsten Orten auf der ganzen Welt, in denen Vollenweider mit verschiedenen Begleit- und Gastmusikern (u.a. Carly Simon, David Lindley, Bobby McFerrin, Abdullah Ibrahim, Ladysmith Black Mambazo, Michael Brecker und Carlos Nunez) aufgetreten ist. Wir sehen ihn bei Gigs in der Schweiz, so beim Montreux Jazz Festival, in New York, Tokio und Warschau. Dabei wird auch die Vielseitigkeit des Künstlers deutlich, der formal zwar weit variiert, aber immer seinem eigenen Stil treu bleibt. Er erzählt (in englisch, ohne Untertitel) dazu seine Erinnerungen, die ihn auch in die Kindheit zu seinem Vater, dem Domorganisten, zurückführen. Die beiden musizieren auch noch auf neueren Aufnahmen, Andreas auf einer einfachen Kuhhornflöte spielend. Beeindruckende Momente, wie der sichtlich angetane Dalai Lama bei seinem Geburtstagskonzert in Zürich, die Arbeit mit Künstlerkollegen, beim Einspielen des Albums "Vox" im Studio oder vom Tourzirkus unterwegs.

Auf DVD 2 sind vier konzertante Mitschnitte zu sehen, die wiederum verschiedene Bereiche von Vollenweiders Schaffen zeigen. "Down To The Moon" aus Tokio 1987, "Tales Of Kira Kutan" aus Warschau 2001, "Wolkenstein - A Symphonic Adventure" aus Zürich, 1999 und "Cosmopoly Project" aus Basel, 2001. Alles zusammen 103 Minuten Konzertaufnahmen. Im ersten Teil tönt es rocksymphonisch, dann weltmusikalisch, im dritten klassisch und zuletzt ambient-jazzig.

Obwohl die hervorragenden und einfühlsamen Aufnahmen, die sichtbare Spielfreude des Hauptakteurs und seiner Kollegen und der Reiz der oft exotischen Instrumental- Kooperationen mir Vollenweiders Musik deutlich näher bringen, als beim reinen Hören, werd ich doch kein Fan dieses speziellen Crossovers. Dazu ist die dominante Harfe einfach nichts für meine Ohren. Und schon gar nicht bei dieser epischen Breite (und trotz aller Abwechslung vorhandenen stilistischen Längen). Für meine Begriffe funktioniert auch nicht jede Zusammenarbeit, beispielsweise wirkt David Lindley auf "Morgana Palace" reichlich fremd, erst als er dann bei "Under The Moon 2" (das reichlich nach "Time After Time" klingt) mit ein paar 'southern accents' den Ton angibt, harmoniert seine Lapsteel mit dem Harfengeklimper.

Aus der für 2006 angesagten Deutschland-Tournee ist offensichtlich nichts geworden, Vollenweider beschränkte sich bei seinen erweiterten internationalen Auftritten nach meiner Information auf einen Besuch in Leipzig im Januar. Allerdings wird er am 23.11.2006 bei den Ludwigsburger Jazztagen zu erleben sein. Auch sein nächstes Album "Midnight Clear" - »ein besonderes Weihnachtsalbum für das ganze Jahr« soll schon am 11. 11. 2006 die Augen heller leuchten und die Kasse freudig klingeln lassen.