Uriah Heep / Official Bootleg Vol. 4
Live in Brisbane, Australia 2011
Official Bootleg Vol. 4: Live in Brisbane, Australia 2011 Spielzeit: 45:19 (CD 1), 44:04 (CD 2)
Medium: Do-CD
Label: earMUSIC/Edel, 2011
Stil: Rock

Review vom 07.09.2011


Jochen v. Arnim
Die Reise geht weiter…
Nun stehen schon drei Alben aus dieser Reihe bei mir im Regal, dazu noch der soundmäßig leider grottenschlechte Live-Mitschnitt aus Krefeld und nicht zu vergessen noch eine stattliche Anzahl regulärer Erscheinungen aus dem Hause Box, Shaw und Co. Unter den ersten fünf jemals von mir gekauften LPs waren auch Salisbury und "Very 'eavy, Very 'umble", die beiden ersten Longplayer, damals natürlich in anderer Besetzung. Das war irgendwann gegen Mitte der siebziger Jahre. Hatte ich schon erwähnt, dass ich ein bekennender Fan dieser Jungs bin? Wenn nicht, dann hole ich das hiermit gern nach, möchte aber sehr eindrücklich darauf hinweisen, dass ich beileibe nicht alles gutheiße, was aus der Feder der fünf Briten kommt. Sorry, sind ja nur vier, der Shouter Bernie Shaw stammt aus Kanada. Sei's drum, ich werde mir redlich Mühe geben, objektiv zu sein und nicht alles, vor Ehrfurcht ergrauend, kritiklos zu konsumieren.
Brauchen wir noch ein weiteres "Official Bootleg"? Einen weiteren Mitschnitt der Konzertreihe, bevor das neueste Album "Into The Wild" im Mai erschien? Ein viertes Mal eine fast identische Playlist? (Das sagen die Ignoranten, die Realität ist ganz anders.) Ein weiteres, wenn auch sehr schönes Double Gatefold-DigiPak? Yep! Und ich sage Euch auch, warum ich dieser Meinung bin: Die Ausgaben Nummer 1 und 2, in Schweden und Ungarn mitgeschnitten, sind m. E. vom Sound her nicht ganz so gut, mit diversen Breaks, da die Setlist nicht 1:1 auf CD gebrannt wurde.
Nummer 3, Kawasaki ist ein tolles Live-Album, gut abgemischt, klarer Sound. Zudem gibt es so einige Songs, die vorher in dieser Konzertreihe entweder nicht gespielt oder einfach nur nicht auf CD gebrannt wurden, z. B. "Overload", "Traveller In Time", "Poet's Justice" oder "Circle Of Hands". Ich zumindest habe bei den vergangenen Gigs keinen dieser Songs live performt zu sehen bekommen. Als Referenz verweise ich auf die Besprechung des "Kawasaki"-Albums vom Kollegen Gindra.
Auch die vorliegende Scheibe beginnt mit einem schönen klassischen Intro, das gekonnt in den choralen Gesang zu "Wake The Sleeper" übergeht und direkt rasante Fahrt aufnimmt. Unterbrochen von den gewohnt sympathischen Ansagen, die hier nicht rausgeschnitten wurden, geht es sofort zurück zu den Anfängen, "Return To Fantasy" steht auf der Playlist und wird vom Publikum begeistert aufgenommen. Mit den danach folgenden "Only Human" und "Book Of Lies" (stark, schöne Basseinlagen und dezente Hammond) geht dann aber auch die Reise in die allerjüngste Veröffentlichungsgeschichte der Band zu Ende. Ab nun wird ausschließlich der Oldie-Markt bedient. Alles, was der Fünfte Kontinent seit 25 Jahren nicht live hören und sehen konnte, wird geboten. "Bird Of Prey", stimmlich besonders im choralen Part hervorragend performt, ganz so wie in alten Tagen. Die fantastischen Harmonien und eingängigen Melodien haben die Australier offensichtlich auch während der Abstinenzphase nicht vergessen. Hammond-Intro zu einem gefühlt vielleicht einen Hauch zu schnell gespielten "Stealin'", aber das Volk liebt es. Überhaupt merkt man der Band an, dass sie diesen Gig nicht als bloßes Herunterspielen ihrer alten Straßenfeger betrachtet. Immer wieder wird der aufmerksame Hörer leicht veränderte Parts hören, es bleibt Platz für kurze neue Einlagen der vier Instrumentalisten. So kommt weiß Gott keine Langeweile auf.
Weiter, immer weiter geht die Reise in die Untiefen der Bandhistorie: "Rainbow Demon" mit seinem äußerst prägnanten Hammond-Sound und erneut gutem mehrstimmigen Chorus. "The Wizard", mit akustischer Six-String von »my best friend Mick Box« (Zitat Shaw) unterlegt, darf in dieser Reihe natürlich nicht fehlen und wird zum Abschluss der ersten CD von einem starken "Free Me" gefolgt, das einer der klassischen Heep-Mitsing-und-Arme-schwenk-Songs ist.
Auf der zweiten Scheibe überlassen die fünf Jungs nichts, aber auch gar nichts mehr dem Zufall. Keine Experimente mit neuerem Material, egal wie gut die Kompositionen sein mögen - und es gibt wirklich ein paar prächtige Songs darunter. "Free 'n' Easy", von Mick Box als Up-Tempo-Stück für Headbanger angekündigt, macht erneut mächtig Dampf. Mick darf seine Sechsaitige auf die ihm typische Art und Weise bearbeiten und auch die anderen geben Gas. Ohne große Unterbrechung bekommt das Publikum das obligatorische "Gypsy" um die Ohren gehauen - und freut sich offensichtlich. Gitarre und Hammond kommen deutlich zum Einsatz, unterstützt von Trevor Bolder am Bass und einem unermüdlich arbeitenden Russell Gilbrook an den Fellen. Hier und besonders auch beim folgenden "Look At Yourself" kann man erahnen, was es Gillbrook an Schweiß gekostet haben muss, sich seinen Platz bei Heep zu ertrommeln. Ein Malocher vor dem Herrn, toll zu hören und auch immer wieder schön, ihn live zu beobachten.
Mit der fast episch anmutenden Hymne "July Morning" wird schon beinahe das Ende eingeläutet, aber erst gibt es noch viel Platz für Instrumentalparts auf diesen gefühlten zehn Minuten. "Easy Livin'" macht noch einmal viel Druck, bevor es dann zur Zugabe geht, ungeschnittener Applaus. Es folgt ein kurzes Intro gespielt von Russell an der Trommel und Phil an der Hammond, die Eröffnung zu einem sehr starken "Sunrise" und dem natürlich, ich traue mich gar nicht, es beim Namen zu nennen, bei tausenden von Konzerten gespielten Abgesang "Lady In Black".
Heep bedienen mit dieser Scheibe neben den beinharten Fans, die bekannter Maßen einfach alles kaufen, sicherlich auch ganz klar den australischen Markt, dem sie zumindest live gute 25 Jahre fern geblieben sind. Nun, an diesem 31. März 2011 im Tivoli von Brisbane war es dann so weit und für die Australier hat sich das Warten offensichtlich gelohnt. Schließt man von dieser Aufnahme auf die anderen zwei (jawohl, nur zwei) Konzerte in Australien und nimmt an, dass Performance und Sound ähnlich waren, so hat die Band ihre Spielfreude voll und ganz spürbar durchdringen lassen. Gut abgemischt von Mike Pietrini, der auch schon das "Kawasaki"-Album gemastert hatte. Für den Fan also, für den australischen Fan sowieso, aber auch für Menschen, die Spaß an einem guten Live-Album haben, möchte ich eine uneingeschränkte Empfehlung aussprechen.
Als nächstes Produkt aus dieser Reihe werden wir noch vor Ablauf des Monats mit dem Mitschnitt aus Armenien versorgt. Zwei CDs inkl. DVD, das wird aber ein feines DigiPak. Zudem würde es mich nicht wundern, wenn Heep, diesmal vielleicht sogar mit mehr neuen Songs, auch die gerade zurückliegende USA-Tour verewigten. Schließlich waren sie ja lange Jahre nicht über den großen Teich gereist und die jüngste Tour hat bewiesen, dass man ihnen nach wie vor die Stange hält. Und außerdem muss ja noch das Panorama-Bild, entstehend aus den Rücken der DigiPaks, vervollständigt werden - es ist noch Platz für mindestens drei Scheiben…
Line-up:
Bernie Shaw (vocals)
Mick Box (guitar)
Trevor Bolder (bass)
Phil Lanzon (keyboard)
Russell Gilbrook (drums)
Tracklist
CD 1:
01:Wake The Sleeper
02:Return To Fantasay
03:Only Human
04:Book Of Lies
05:Bird Of Prey
06:Stealin'
07:Rainbow Demon
08:The Wizard
09:Free Me
CD 2:
01:Free 'n' Easy
02:Gypsy
03:Look At Yourself
04:July Morning
05:Easy Livin'
06:Sunrise
07:Lady In Black
Externe Links: