Selten hat eine Debüt-Scheibe derart eingeschlagen wie
Dear Revolution von den
Vegabonds. Eine solche Vorlage kann eine Band ganz schön unter Druck setzen.
Zwei Jahre haben sich die Südstaatler für ihren Nachfolger "Southern Sons" Zeit gelassen, der seit dem 24. Januar erhältlich ist. Wie Keyboarder
Jamie Hallen in unserem
Interview mitteilte, hat man sich speziell beim Songwriting sehr viel Zeit genommen... und das merkt man. Die teilweise ungezügelte, 'jammige' Spielfreude des Debüts ist intelligenten und ausgefeilten Arrangements gewichen. Beim ersten Hördurchgang mag man dies vielleicht bemängeln, aber spätestens nach dem zweiten, dritten Durchlauf merkt man, welche Kleinode hier geschliffen wurden, in welch diffiziler Feinarbeit hier an den Strukturen gefeilt wurde. Die Jam-Elemente wurden zugunsten richtig knackiger Southern-Rocker zurechtgestutzt.
Gleich mit dem Opener "Carnival Man" setzt man ein Highlight, einen der stärksten Songs von "Southern Sons" in Szene. Das Piano bringt zu Beginn eine vertrackte Akkordfolge, auf der zwei Double Leads über leicht an Reggae erinnernde Rhythmen perlen. Kontinuierlich wird eine lässig-lockere, rockige Spannung befeuert, die sich im Mittelteil bricht, um dann erneut aufgebaut zu werden. Innerhalb von lediglich gut vier Minuten werden hier unterschiedlichste Stimmungen erzeugt und man kann das Herzblut spüren, mit dem die Sechs an dem Song gewerkelt haben.
Ganz anders kommt dagegen "Georgia Fire" daher. Dieser Country-Rocker verkörpert die entspannte Lebenseinstellung der 'Southern Sons' perfekt. Einfach und klar strukturiert, erinnert dieser kompakte Song sehr angenehm an die besten
Outlaws-Tage. Folgerichtig wurde er als erste Single ausgewählt. "American Eyes" setzt als Halbballade die ersten gefühlvollen Momente, hier vor allem in Form von
Richard Forehands einfühlsamer Slide und den angenehm dezenten Hammond- und Wurlitzer-Einschüben. Richtig cool rockt "Alongside Mr. Hyde" daher - das klingt, als wären die
Dire Straits eigentlich den Sümpfen des Südostens entsprungen.
"City With A Passion" ist genau wie "Carnival Man" und "American Eyes" kein Selbstläufer, sondern öffnet sich mit seiner Vielschichtigkeit erst nach mehrmaligem Hören. Mit "Since You've Been Free" folgt die erste 'richtige' Ballade. Einmal mehr bestechen hier die Gitarren, die sich gelegentlich in herrlichen Double Lead-Läufen 'duellieren'. Nicht einfach machen es die
Vegabonds ihren Hörern mit den zwei folgenden, sehr vertrackten Tracks: "Rooftop Surfin'" und "Conscious Fog". Dagegen setzt der Southern-Rocker "The Heist" erneut einen Glanzpunkt, wenn entspannter Country Rock auf typisch schwerblütige Southern Rock-Passagen trifft.
Mit "Resolution" holen die
Vegabonds dann doch endlich die Jam Rock-Keule heraus - eine Nummer, die zwischen den
Allman Brothers und
Gov't Mule mäandert. Zu schade ist nur, dass man diesen Song nicht auf doppelte Länge 'aufgebretzelt' hat. Herrlich melancholisch, mit allem Schwermut des Südens getränkt sorgt "Joy We've Found" nach einer dreiviertel Stunde für einen sensationell guten Abgang.
Die
Vegabonds legen mit "Southern Sons" einen überzeugenden zweiten Schritt vor. Man ist nicht stehen geblieben, hat sich nicht auf dem großartigen Debüt ausgeruht. Die Songs sind größtenteils nicht so eingängig wie bei "Dear Revolution". Sie zeugen dagegen von dem unbedingten Willen, sich weiterzuentwickeln. Die versierte Detailarbeit hat nicht dazu geführt, dass das Album an irgendeiner Stelle überproduziert erscheinen würde.
Die
Vegabonds sind derzeit auf
Europatour - es empfiehlt sich, unbedingt hinzugehen und die neuen und alten Titel direkt auf sich wirken zu lassen!