Schenkt man
Malcolm Domes Liner Notes zu dieser Live-DVD Glauben, so hatte sich die 'Supergroup'
Velvet Revolver mit ihrem zweiten Album "Libertad" (2008)
»bereits als homogene Einheit fest etabliert […], anstatt sich lediglich auf ein temporäres Projekt aus fünf Individualisten verständigt zu haben und sich anschließend wieder anderen Aktivitäten zuzuwenden.«
Dass das nach dem Split mit Sänger
Scott Weiland vor mittlerweile vier Jahren ganz anders aussieht, dürfte auch den hartgesottensten Anhängern langsam klar sein. Und doch könnten gerade diese sich über die jetzt erschienene zweite DVD ihrer Lieblinge freuen. Deren schlichter Titel "Live At Rockpalast" sagt dabei alles aus, was man über den Inhalt wissen muss.
Mitgeschnitten auf der "Libertad"-Tour im März 2008 im Palladium zu Köln, wird hier fast 90 Minuten reiner, unverfälschter Rock'n'Roll geboten, für den
Velvet Revolver bekannt waren. Die energetische Mixtur aus Hard Rock, Sleaze und Grunge war schließlich etwas ganz Besonderes und wird einem auf dieser Silberscheibe nochmals vor Augen und Ohren geführt.
Hier gibt es eine simple DVD ohne Schnickschnack (was leider auch bedeutet: ohne jeglichen Bonusblock), die den schon aus TV und Internet bekannten Rockpalast-Auftritt nochmals in guter Ton- und Bildqualität zeigt. Besonders erfreulich ist, dass hier endlich auch viele "Libertad"-Titel zu hören/sehen sind, so dass "Live At Rockpalast" besonders im Verbund mit der durchschnittlichen
Live In Houston besonders Sinn macht. Glücklicherweise wurden im Vergleich zu 2010 die gezeigten Bilder nicht mit peinlich-trashigen Effekten 'aufgehübscht'…
Velvet Revolver lieferten in der Domstadt eine solide Performance ab, rockten ihr Programm jedoch vielleicht eine Spur zu routiniert runter, so dass echte Spielfreude eher weniger ersichtlich ist. Das mag hauptsächlich an den bandinternen Querelen mit
Scott Weiland liegen, der die Gruppe nur kurze Zeit später verlassen musste. Andererseits sollte nicht vergessen werden, dass dieser Mitschnitt vom Ende der damaligen Konzertreise stammt, wo einer Band die On-The-Road-Strapazen ins Gesicht geschrieben stehen - was uns nun das zweifelhafte Glück verschafft, das wohl allerletzte Bild- und Tondokument
Velvet Revolvers in Form dieser DVD begutachten zu können.
Nennenswerte Interaktion zwischen Band und Sänger gibt es demzufolge wenig bis überhaupt nicht, auch das recht enthusiastische Publikum wird erst bei den letzten Songs mit in den Set einbezogen; davon abgesehen beschränkt sich
Scott Weiland auf wenige, kurze Ansagen. Die Songs - davon übrigens ein volles Drittel Quasi-Coverversionen von
Guns N' Roses /
Stone Temple Pilots - werden nahezu wie auf Platte gespielt, auf spannende Jamsessions oder bemerkenswerte Veränderungen der Arrangements wartet man (fast) man vergeblich.
Neben den drei
GN'R-Klassikern "Patience", "It's So Easy" und "Mr. Brownstone" sowie der herausragend-dreckigen
STP-Nummer "Sex Type Thing" bestechen vor allem "Do It For The Kids", "Just Sixteen", "Get Out The Door", "Fall To Pieces", "Set Me Free" und "Slither", bei denen die Band fast in alte Spielfreude-Zustände verfällt.
Nach "It's So Easy" folgt ein eher durchschnittliches Gitarrensolo von
Slash, der gewohnt mit Zylinder, Pilotenbrille und T-Shirt rockt. Der Gitarrist erfüllt dabei leider nicht den Publikumswunsch nach "The Godfather Theme" (wie auf einem Banner gefordert), sondern spielt scheinbar irgendwas vor sich her. Im Anschluss gibt's mit
Scott Weiland dann noch eine kleine Blues-Einlage (den einzigen richtigen Jam des Abends) bevor nach weiterem Solieren elegant zum Kracher "Set Me Free" übergeleitet wird. Bei diesem Song spielt
Slash am Ende übrigens komplett mit der Gitarre hinter dem Kopf! Nachdem es zu "Sex Type Thing" dann doch noch eine ausgedehnte Publikumsinteraktion gibt, wird das Konzert mit dem Highlight "Slither" souverän beendet.
Fazit: Für beinharte Fans lohnenswert, ist "Live At Rockpalast" sicher kein Pflichtkauf. Das hier präsentierte Material kann man so auch auf YouTube begutachten - wenn auch in naturgemäß minderer Qualität. Denn der Pluspunkt dieser DVD ist ihre Hochwertigkeit - typisch WDR Rockpalast eben. Abgesehen davon ist sie eine bittersüße Erinnerung an
Velvet Revolver, diese großartige Band, deren Flamme zwar hell, aber nur sehr kurz brannte. Trotz zwischenzeitlich unbestritten genialer musikalischer Statements von
Slash und
Duff McKagan wünsche zumindest ich mir diese einzigartige Konstellation mit
Scott Weiland, Drummer
Matt Sorum und Gitarrist
Dave Kushner zurück.
Line-up:
Scott Weiland (lead vocals)
Slash (lead guitar)
Duff McKagan (bass)
Matt Sorum (drums)
Dave Kushner (rhythm guitar)