Dass John Waite musikalisch auch ganz schön Dampf ablassen kann, durfte ich vor fast genau einem Jahr bei seinem Konzert im Essener Turock am eigenen Leibe erfahren. Da rockten er und seine Mannen zu meiner eigenen Überraschung doch ziemlich heftig. Ich hatte ihn anhand seiner mir bekannten CD-Outputs inklusive seiner Hits doch etwas mainstreamiger erwartet.
Mittlerweile ist sein neues Studiowerk "Rough & Tumble" fertig und auch mit diesem weiß er mich erneut (äußerst positiv) zu beeindrucken. Eine Klasse-Scheibe, um es direkt vorwegzunehmen! Der eröffnende Titeltrack mit seinem sich immer wiederholenden, kratzigen E-Riff, den herrlichen E-Zwischengrooves und den fast AC/DC-kompatiblen E-Soli ist einfach grandios. Das ist große Hard Rock-Schule!
Waite hat diesmal einige Songs zusammen mit Kyle Cook, dem Gitarristen von Matchbox 20 kreiert und diese Zusammenarbeit bereitet jede Menge Freude. So merkt man Cooks Einfluss beim folgenden "Shadows Of Love" auch ziemlich offensichtlich, ein Stück, das in seiner Art, von der Gitarrenarbeit und der Melodik her irgendwo zwischen .38 Special und besagten Matchbox 20 pendelt.
Für mich der Kracher des Albums ist aber "Evil". Eine raffiniert verschachtelte Nummer mit einer relaxt groovenden Dance-Rhythmik, die aber immer wieder mit tollem funkigen E-Spiel begleitet wird und nach einer Gesangsbridge von einem krachenden E-Solo durchzogen wird. Herrlich, wer da nicht unweigerlich den Drang verspürt, das Tanzbein zu schwingen, sollte umgehend einen Neurologen aufsuchen. Bei solchen Stücken würde sogar ich wieder eine Disco besuchen!
Wunderschön auch die Ballade "If You Ever Get Lonely" (stark hier die wohl dosierten Violinen- und Cello-Parts und das schöne E-Solo mit Twin-Abschluss, dazu klasse Backs von Jennifer Paige ["Crush"]), die auch ohne Weiteres in das Hit-Repertoire eines Bryan Adams passen würde. Ähnliches gilt für das ebenfalls Heartland-trächtige "Better Off Gone" (mit tollen E-Soli). Begeisternd auch das Ike & Tina Turner-Cover "Sweet Rhode Island Red", das mit hervorragenden Slide-Parts bestückt wurde. John 'motzt' hier in bester Tina-Manier seinen Gesangstext regelrecht runter.
Das großartige "Love's Goin' Out Of Style" (diesmal mit sauber dosierten Saxofon-Einlagen von Bobby Keys), das an die Solo-Zeiten von Glenn Frey oder Don Henley erinnert, wobei auch eine Brise von "Hotel California" ganz unterschwellig mit durchschimmert, ist ebenfalls herrlich anzuhören. Und so reiht sich ein exzellentes Lied an das nächste.
Selbst das recht psychedelisch wirkende und leicht verschrobene "Peace Of Mind" (eingeflochtene, an Pet Shop Boys erinnernde Sprechpassagen im Stil der Achtziger, kammermusikartiges Streicher-Break, klirrendes E-Solo, humorvoller Text), die bluesige Neuauflage von "Mr. Wonderful" (fulminante E-Arbeit einmal mehr von Tour-Gitarrist Luis Maldonado) bis zum krönenden Abschluss der von Shane Fontayne mit famosem Akustik-Slide versehenen Outlaw-Ballade "Hanging Tree" (starke atmosphärische Umsetzung, war mal für den Soundtrack zum Film "Me And Will" geplant) wissen restlos zu überzeugen. Ich bin echt begeistert!
John Waite ist mit "Rough & Tumble" ein Meisterwerk seiner bisher ohnehin beachtlichen Karriere gelungen. Ein Album voller potentieller Hits, großartiger Musik, klasse Instrumentalisten und einem Protagonisten in absoluter Bestform. Dazu gibt es eine in Nashville und Los Angeles aufgenommene, satte und zeitgemäße Produktion. Eine Platte, von der ich mal so frei weg behaupte, dass sie auch in zwanzig Jahren noch problemlos gehört werden kann. Bei dieser mannigfaltigen Auswahl an John Waite-Top-Stücken sind jetzt die Radiostationen eindeutig am Zuge!
Tracklist |
01:Rough & Tumble
02:Shadows Of Love
03:Evil
04:If You Ever Get Lonely
05:Skyward
06:Sweet Rhode Island Red
07:Love's Goin' Out Of Style
08:Better Off Gone
09:Further The Sky
10:Peace Of Mind
11:Mr. Wonderful
12:Hanging Tree
|
|
Externe Links:
|