John Waite / 21.02.2010, Turock , Essen
Support Bert Heerink
Turock Essen
John Waite
Support: Bert Heerink
Turock Essen
21. Februar 2010
Konzertbericht
Stil: Rock


Artikel vom 27. Februar 2010


Daniel Daus
Schwacher Besuch - gute Musikerleistungen - schlechte Akustik
Essen steht ja bekannter Weise 2010 als Kulturhauptstadt Europas seit geraumer Zeit im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Da sich die Stadt samt ihrer politischen Vertreter nach wie vor mit allen Mitteln darum windet, seinen ortsansässigen Traditions-Fußball-Verein Rot-Weiss Essen als Teil des örtlichen kulturellen Lebens anzuerkennen und den damit längst fälligen Stadionbau (der, nebenbei bemerkt, seit fast vierzig Jahren verpennt wurde) endlich in die Tat umzusetzen, geht der Wille, sich, als ohnehin bekennender Banause, an den üblichen kulturellen Veranstaltungen, für die komischerweise immer Geld bereit steht (vor allem für deren dazu gehörende, prächtige Infrastruktur), mit ihren vermeintlich intellektuellen Ansprüchen und mit diesen sich selbst feiernden Sektflötenheinis, zu beteiligen, schlicht gen Null.
Bert Heerink Na ja, als totaler Querulant und Totalverweigerer möchte ich dann doch nicht dastehen und erkläre dafür halt ein Rockkonzert zum Teil des Geschehens, auch wenn Kultur in den 'maßgebenden' Kreisen dieser Stadt in o.a. Zusammenhang vermutlich anders definiert wird. Egal, John Waite hatte sich angesagt und der Gelegenheit, einem Ausnahmekünstler seines Kalibers vor recht intimer Kulisse beiwohnen zu können, mussten Taten folgen. Also ging es an einem Sonntagabend einmal mehr in die Ruhrgebietsmetropole, die mein Leben fast von Geburt an in beträchtlichem Maße im Griff hat (erst sportlich emotional und seit zwanzig Jahren beruflich) und zwar ins Turock, eine von einem früheren, geschichtsträchtigen Kino zu einer Discothek umfunktionierten Lokalität, die aber auch regelmäßig Live-Rockmusik im Programm hat (allerdings der etwas härteren Gangart).
Bert Heerink 20.00 Uhr ging es pünktlich los mit dem mir bis dato nicht bekannten Bert Heerink, dessen aktuelles (mir ebenfalls nichts sagendes) Album Better Yet... vom Kollegen Alexander Matthias nicht gerade in den Himmel gehoben wurde. Zu glatt, zu vorhersehbar, zu klischeehaft war sein doch recht harsches Urteil. Live zeigte der smarte Ex-Vandenburg-Musiker (im schicken Anzug) und seine Begleitband vor den nur knapp 100 Zuschauern (darunter auch eine niederländische Fan-Delegation) allerdings ein anderes Gesicht. Da wurde straight gerockt und es ging bis auf eine Vandenburg-Power-Ballade ("Burning Heart") gegen Ende durchgehend kräftig zur Sache.
Bert Heerink Besonders Gitarrist Cyril Whistler wusste mit fetten, riffigen E-Rhythmusuntermalungen und auch dem einen oder anderen guten Solo zu überzeugen. Präsentiert wurden schwerpunktmäßig Songs aus Heerinks aktuellem Silberling ("Who's Side Are You On", "April", "Restless", "Panic Attack"), zwei weitere Vandenberg-Tracks ("Back On My Feet", "Your Love Is In Vain") und ein Coversong der holländischen Band Brainbox ("Doomsday Train"). Das Problem des Sets war, dass Heerink, der so ein wenig die Aura eines niederländischen Don Johnson versprühte, ohne eigene Mitschuld dem viel zu heftig und laut ausgesteuerten Soundteppich seiner jungen Mitstreiter stimmtechnisch kaum Paroli bieten konnte und teilweise regelrecht unterging. Diese widrigen Umstände konnte er letztendlich trotz seiner sympathischen Präsenz nicht kompensieren. Insgesamt war es aber ein Support-Gig, mit dem man leben konnte. Seine Landsleute hatten jedenfalls großen Spaß und feierten ihn gebührend (auch der Rest machte einen recht zufriedenen Eindruck).
John Waite Die Wartezeit auf John Waite (haha) erwies sich als erfreulich kurzweilig, eine knappe Viertelstunde später war für den Briten und seinem ihm assistierenden Trio (Tim Hogan - Bass, Luis Maldonado - Gitarre, Billy Wilkes - Drums) unter tatkräftiger Mithilfe aller involvierter Musiker die Bühne bereitet und es ging weiter. Aufgrund der Tatsache, dass Waite kein neues Album mit im Gepäck hatte (seine letzte Veröffentlichung
Downtown Journey Of The Heart ist ja auch schon wieder ein Weilchen her und enthielt zudem auch noch schwerpunktmäßig Neueinspielungen früheren Materials), war bei ihm eigentlich von vorne herein klar, dass einem hier nur ein Best Of-Programm seiner bewegenden Karriere (als Sänger von The Babies, der damaligen, designierten Supergruppe Bad English und später solo) bevorstehen konnte.
John Waite Und so kam es auch. Waite wählte einen recht rockigen Einstieg mit der Hitsingle "Change" von seinem Solo-Debüt "Ignition", gefolgt vom Babies-Stück "Back On My Feet Again". Auch hier kamen die gleichen Probleme zum Tragen wie schon bei Bert Heerink zuvor. Genau wie dieser hatte John gegen die massive Rhythmus-Unterlegung (sehr lautes Schlagzeug, der Bass vibrierte fast durchgehend unter den Füßen) anzukämpfen (gab von daher auch diverse kleine versteckte Handzeichen in Richtung Mischpult), war dabei allerdings etwas deutlicher als sein Vorgänger zu hören. Dazu gingen die Soli des quirlig spielenden Luis Maldonado zunächst völlig unter. Der Bad English-Superhit "When I See You Smile" und das schöne "In Dreams", bei denen John zur halbakustischen Gitarre griff, trugen dann zur Beruhigung und auch zum etwas besser werdenden Sound bei. Der durch Jimi Hendrix berühmt gewordene Dylan-Song "All Along The Watchtower" war das einzige Coverstück, dessen Waite sich an diesem Abend bediente.
John Waite Über "Encircled", "How Did I Get By Without You", dem weiteren "Ignition"-Hit "Mr. Wonderful", "Suicide Life", dem mir mit am besten gefallenden, sehr melodischen "New York City Girl" (klasse Gitarreneinlage von Maldonado), dem rockigen Bad English-Track "Best Of What I Got" wurde dann auf das 'John Waite-Stück- schlechthin' zugesteuert, sein US-No.1-Song und wohl jedem aus dem Radio bekannten "Missing You", dem er auf seinem letzten Album im Duett mit der wunderbaren
Alison Krauss wieder neues Leben eingehaucht hatte. Na klar, schön so ein Stück mal live zu hören, aber irgendwie zog es überraschend unspektakulär an einem vorüber.
John Waite An diesen vermeintlichen Höhepunkt schloss sich dafür ein fulminant rockendes, medleyartiges Finish an, das ganz im Zeichen der Babies stand (u.a. mit "Midnight Rendevouz" und "Headfirst"), ein Bass Solo von Tim Hogan (herrlich sein bobtailmäßiger Haarschnitt) enthielt und mit rhythmischem Klatschen des Publikums belohnt wurde. Auch hier wieder ging Waites Stimme in der Wucht der musikalischen Begleitung fast unter. Es war trotzdem ein toller, pfeffriger Part des Konzertes und hatte nach Abschluss (die Band verbeugte sich gemeinsam und verließ die Bühne) zahlreiche Zugaberufe zur Folge, die allerdings ignoriert wurden (vermutlich aufgrund der fortgeschrittenen Sonntagabend-Stunde). So war nach knapp achtzig Minuten die Sache schon wieder vorbei.
Trotz der Soundprobleme, einiger kleinerer persönlich begründeter Beanstandungen (ich hätte ihn gerne auch mal zur richtigen Akustikklampfe greifen sehen wollen, dazu fehlte mir ein Keyboarder) hat es sich in jedem Fall gelohnt, eine solch echte Musikerpersönlichkeit (die übrigens sehr sympathisch rüber kam) wie John Waite live zu erleben. Und somit kann ich mir dank ihm (auch ohne Schampus und Kaviarhäppchen für lau) immerhin schon jetzt einreden, meinen Obulus für das Kulturjahr 2010 geleistet zu haben...
Bilder vom Konzert
John Waite
John Waite  John Waite John Waite
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