Nachruf / Zum Tod von Johnny Winter
R.I.P. Gonna play some blues
Gonna play some rock'n'roll
And try to upset several pretty girls
Gonna play them slow and play them fast
Gonna have a ball as long as it lasts
They call me Johnny Guitar
They call me Johnny Guitar
And 'm gonna play in your town


(aus "Johnny Guitar")

Nachruf vom 18.07.2014


Steve Braun
John Dawson Winter III. (23.02.1944 - 16.07.2014)

Die Blues Rock-Szene muss um die nächste Legende trauern: Johnny Winter verstarb in der Nacht zum Mittwoch unter noch nicht geklärten Umständen im Alter von 70 Jahren in seinem Züricher Hotelzimmer. Die dortige Staatsanwaltschaft ordnete eine Obduktion des Leichnams an, um die Todesursache abklären zu lassen.
Trotz langer Krankheit und in den letzten Jahren stark nachlassenden körperlichen Kräften war Johnny Winter bis zuletzt hochgradig aktiv - auf Bühnen wie im Studio. Sein Tourkalender war stets randvoll. Im Herbst wäre er auch hierzulande wieder unterwegs gewesen. Vier Tage vor seinem Tod hatte noch beim Lovely Days Festival im niederösterreichischen Wiesen letztmals auf der Bühne gestanden - rsp. gesessen, zu mehr reichten die Kräfte in den letzten Jahren nicht. Sein Gitarrenspiel war allerdings - dessen ugeachtet - weiterhin überaus vital und kernig. Ganze Musikergenerationen wurden durch ihn inspiriert.
Wo immer Du auch bist, Johnny, Ruhe in Frieden. Du fehlst bereits jetzt!!
Johnny WinterDie Binsenweisheit, wonach Totgesagte bekanntlich länger leben, personifizierte sich geradezu in Johnny Winter. Allen persönlichen Bruchlandungen zum Trotz, rappelte sich der Texaner immer wieder auf die Beine. Mehr als einmal stellten sich Musikfreunde die bange Frage, ob der Gute gerade mehr tot als lebendig war. Winter antwortete in schöner Regelmäßigkeit immer auf die ihm eigene Art: mit guter Musik, zuletzt vor drei Jahren mit dem überaus beachtenswerten Roots.
Seine Karriere begann Ende der sechziger Jahre, als er mit dem genialen Duo Tommy Shannon (Bass) und Uncle John Turner (Drums) drei Platten aufnahm. Es folgte seine wohl fruchtbarste Phase, die mit "Hard Again" (1977 mit seinem Idol Muddy Waters aufgenommen), "I'm Ready" (1978) und "Muddy Mississippi Waters – Live" (1979) drei Grammy-Awards einbrachte, von den zahlreichen Nominierungen mal ganz zu schweigen. Neun Jahre später wurde er in die Blues Foundation Hall of Fame aufgenommen.
Dan TolerAnlässlich der 4. Rockpalast Nacht wurde Johnny Winter im April 1979 auch hierzulande - geradezu schlagartig - einem Millionenpublikum bekannt. Ich erinnere mich noch nur zu gut, wie mir diese heulenden Delta-Blueser und Boogies die Kinnlade regelrecht aushakten. Nie zuvor sah ich einen derart virtuosen Blues-Derwisch auf der Bühne, denn man erinnere sich nur einmal: Zu diesem Zeitpunkt lag der 'schwarze' Blues in tiefster Agonie...
Zahllose offizielle Alben und noch viel mehr Bootlegs gibt es von Johnny Winter. Seit dem 1992er "Hey, Where's Your Brother?" - auf dem auch das eingangs zitierte "Johnny Guitar" zu finden ist - machte sich der Mann allerdings im Studio eher rar. Umso beachtlicher waren die wenigen Ergebnisse: das bereits genannte "Roots" und "I'm A Bluesman", das Winter nach der Veröffentlichung im Jahr 2004 noch einmal einen Platz in den Top 40 der US-Billboards einbrachte.
Am 2. September (US) wird Johnny Winters (nun wohl sein) Vermächtnis in Form eines brandneuen Albums erscheinen. Johnny hatte dazu auf seiner Webseite eine Rückkehr zu einem »stilistisch aggressiveren Blues« angekündigt, was auch der Titel "Step Back" verdeutlichen soll. Die Gästeliste liest sich wie ein Who-is-Who der Musikhistorie, durch alle Generationen: Eric Clapton,
Leslie West, Brian Setzer, Joe Bonamassa, Jason Ricci und viele mehr. Produziert hat übrigens Winters langjähriger Wegbegleiter Paul Nelson.

Unter normalen Umständen wäre dies ein Anlass zu großer Freude gewesen - nun werden wir an diesem Tag wohl eher besinnlich in Erinnerungen an einen wirklich großen Gitarristen und Menschen schwelgen...
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