Was treibt man eigentlich so, wenn man voll im Saft steht? Ganz einfach, man nimmt parallel zu den Aufnahmen mit seiner neuen Band gleich auch noch ein Soloalbum auf! So geschehen zumindest im Fall Ronnie Wood, der nach seiner Zeit mit The Faces seit 1975 bei den Rolling Stones Stammgast war (bis er etwa zwanzig Jahre später auch ganz offiziell festes Bandmitglied wurde). Mit I've Got My Own Album To Do von 1974 und "Now Look" im Jahr darauf hatte er schon zwei Alleingänge hinter sich gebracht, bis die Stones schließlich riefen.
Als die Band sich etwa 1977 schließlich aufraffte ( Keith Richards stolperte gerade aus dem dunkelsten Punkt seines Drogensumpfs heraus und sah zumindest wieder etwas Licht am Ende des Tunnels), die nächste Scheibe (das 1978 erschienene "Some Girls") anzugehen, hatten sich auch bei dem guten Ronnie wieder jede Menge eigene Songs angesammelt, die er an der Songwriting-Diktatur Jagger/ Richards natürlich nicht vorbeikriegen konnte. Was ihn allerdings nicht wirklich kümmerte, denn die Unterstützung seiner Bandkollegen war ihm (mal mehr - mal weniger) gewiss.
Was dann dabei herauskam - und ich habe Jahrzehnte gebraucht, um mich entscheiden zu können - ist sein bestes Soloalbum bis dato. Mit dem Stones-Drummer Charlie Watts sowie dem The Crusaders-Bassisten 'Pops' Popwell hatte er eine umwerfende Rhythmus-Abteilung in der Hinterhand und den größten Teil vom Rest erledigte er schlichtweg selbst. Okay, Mick Fleetwood bearbeitete bei einem Song die Drums, Jim Keltner war für zwei Tracks an den Percussions dabei, es gab diverse Background-Sänger, Dave Mason taucht mal an der Akustikgitarre auf, Ex- Faces-Kumpel Ian McLagan haut in die Tasten und der Stones-Saxophonist Bobby Keys liefert eine Gasteinlage. Ansonsten kann man die Scheibe guten Gewissens als ' Ronnie Wood pur!' bezeichnen.
Für Schönspielerei bzw. Schönsingerei war der geborene Londoner ja noch nie bekannt, aber das will wohl auch niemand wirklich von ihm hören. Gestartet wird hier vielmehr mit dem geilen Piano-Rocker "Worry No More" und man merkt umgehend, dass sich Wood mit allem was er hat auch in den Gesang reinkniet. Zweieinalb Minuten später ist dann ein richtig geiler Opener schon wieder Geschichte. Aber es wird zu keinem Zeitpunkt nachgelassen, da wird ein schmutziger Rocker nach dem anderen auf die Piste geschickt, musikalisch zelebriert und von Ronnies zigaretten- und whiskeyzerstörter Stimme auf die Bretter gelegt. Herrlich!
Übrigens ist hier auch die allererste offizielle Version von Bob Dylans "Seven Days" zu finden, das später noch von Joe Cocker und auch dem Komponisten selbst veröffentlicht wurde. Während Charlie Watts fast durchgehend am Start ist, ließen sich weitere Stones-Kollegen in Form von Mick Jagger ("Buried Alive") und Keith Richards ("Seven Days") jeweils nur einmal für die Backgroud Vocals sehen. Ach ja, und das wunderschöne "Delia" ist ein auf der Dobro gespieltes Instrumental, das einen starken wie auch angenehmen Kontrastpunkt zu den restlichen Stücken bietet.
Das dritte Soloalbum "Gimme Some Neck" von Ron Wood bietet deftigen Gitarren-Rock in seiner pursten Form. Nicht hyperschnell, aber auch alles andere als seicht oder poppig. Im Prinzip genau so, wie man die Musik der Faces oder Stones aus den Siebzigern kennt. Nur halt diesmal auch mit Ronnie als Frontmann. Das wird ganz sicher nicht jedermann(s) Sache sein oder gar mögen, für mich hat es dagegen einen ungeheuren Charme. Sehr starke Songs ohne Ausfall, die auf gewisse Weise auch von ihrer Simplizität leben, aber dennoch selbst nach 35 Jahren ihre Klasse und ihren Schmiss nicht verloren haben.
Und selbst wenn Ron Wood vor ein paar Jahren mit I Feel Like Playing wieder ein sehr starkes Album am Start hatte, wird er sein eigenes, original im Jahr 1979 erschienenes, "Gimme Some Neck" wohl nicht mehr übertreffen können.
Line-up:
Ron Wood (guitars, Dobro, pedal steel, lead vocals)
'Pops' Popwell (bass)
Charlie Watts (drums)
With:
Dave Mason (acoustic guitar - #9)
Ian 'Mac' McLagan (organ - #7,8, keyboards - #5,10)
Jerry Williams (piano & background vocals - #1)
Harry Philips (piano - #6)
Bobby Keys (tenor saxophone - #11)
Mick Fleetwood (drums - #7)
Jim Keltner (percussion - #4,10)
Richard Honey (background vocals - #5,8)
Jon Lind (background vocals - #5,8)
Mick Jagger (background vocals - #2)
Keith Richards (background vocals - #7)
Tracklist |
01:Worry No More
02:Breakin' My Heart
03:Delia
04:Buried Alive
05:Come To Realise
06:Infekshun
07:Seven Days
08:We All Get Old
09:F.U.C. Her
10:Lost And Lonely
11:Don't Worry
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