Wiser Time / All For One
All For One Spielzeit: 37:11
Medium: CD
Label: Wiser Time Records, 2008
Stil: Retro Rock


Review vom 11.06.2008


Markus Kerren
Also, um den ewigen Nörglern gleich mal den Wind aus den Segeln zu nehmen, sage ich es direkt hier am Anfang: Ja, man könnte, wenn man denn unbedingt will, behaupten, dass der Gesangsstil von Wiser Time-Mastermind Carmen Sclafani zu nahe an den von der Black Crowes-Frontröhre Chris Robinson angelehnt ist. Wobei sich eine solche Behauptung nach genauerer Betrachtung als ebenso kurzsichtig und oberflächlich herausstellt, wie die unqualifizierten Quoten aus den siebziger Jahren, die einen Frankie Miller als reinen Rod Stewart-Klon einzuordnen versuchten.
Und ja, auch bei der musikalischen Ausrichtung ist man stilistisch nicht allzu weit von den Crowes entfernt. Aber mal ganz im Ernst, Freunde: Damit sind Wiser Time erstens bei weitem nicht alleine und zweitens hat die Truppe um die Robinson-Brüder, die ich im übrigen auch sehr schätze, ja kein Monopol auf diesen Roots Rock! Aber genug lamentiert!
Nach ihrem hervorragenden Debüt There And Back Again legt das mittlerweile klassische Rock-Trio nun also mit "All For One" nach. Abgesehen von Gitarrist, Sänger und Chef Carmen Sclafani hat sich das Bandkarussell zwischendurch heftig gedreht. Was aber keinesfalls negativ zu verstehen ist, denn mit Jon Cornell am Bass und Steve Decker am Schlagzeug ist hier eine ganz starke Rhythmus-Abteilung am Start. Dazu hat sich der Drummer ca. bei der Hälfte der Songs auch noch ins Songwriting einbringen können.
Der Roots Rock des Vorgänger-Albums ist auch bei "All For One" absolut tonangebend. Es gibt kernige Riffs, unvorhersehbahres (und deshalb spannendes) Songwriting sowie ganz starke Gastbeiträge auf die Ohren. Speziell Rob Clores (Hammond B 3 und Piano), CC Coletti (background vocals) und Ryan Bull (Gitarrensoli auf zwei Stücken) können glänzen und veredeln die sowieso schon geilen Tracks.
"Even" eröffnet den Song-Reigen mit einem fetzigen Gitarren-Riff, auf das, gefolgt von Bass und Drums, auch der coole Gesang nicht lange auf sich warten lässt. Ryan Bull ist hier durch seinen ersten Gastauftritt mit von der Partie und lässt es bei seinem Solo so richtig krachen, womit diese Rock-Party bereits in vollem Gang ist.
Der Titeltrack glänzt durch einen mitreißenden Groove und den einprägsamen Refrain. Höchsten Standard findet man auch beim bluesigen "High Time Mind", gekrönt von einer himmelsgleichen Hammond B 3 und sehr coolen Background Vocals von CC Coletti. Dass Carmen Sclafani ein sehr guter Gitarrist ist, dürfte sich mittlerweile herumgesprochen haben. Noch Unwissende sollten diesem Song ansonsten Beachtung schenken.
Mit dem vierten Titel, "Floating Blues", beginnt dann das (von mir gefühlte) Herzstück des Albums, das sich noch über "Hammer Down" und "Crawling Floor" streckt. Wie es der Titel bereits verrät, ist "Floating…" ein fließender Blues mit gekonnt Akzente-setzender Harmonica von Bruce Jepson, der das Power-Trio spitzenmäßig ergänzt, während sich das Piano hier eher im Hintergrund hält.
Bei "Hammer Down" wird wieder höllisch gerockt und Ryan Bull kommt zu seinem zweiten Gitarrensolo, während CC Coletti, wenn auch eher unauffällig im Hintergrund, mit sehr gefühlvollen Backgrounds den Gesamtsound ergänzt und das erstklassige Songwriting komplimentiert. Mein persönlicher Favorit auf "One For All" hört auf den Namen "Crawling Floor", bei dem Honky Tonk-Piano und eine flirrende Harmonica die Krönung zu einem nahezu perfekten Rocksong mit Hammer-Refrain sind.
Deutlich ruhiger dann "A Long Time Gone", bei dem die Akustik-Gitarre das Bild bestimmt und einen optimalen Unterbau für Sclafanis hier nahezu melancholischen Gesang darstellt. Ich meine sogar eine toll ergänzende Mandoline (mit warmem Zeppelin-Feeling) wahrzunehmen, obwohl dazu in den Credits nichts zu finden ist. "Free" muss ein älteres Stück sein, da hier noch der Bassist des ersten Albums, Todd Lanka, mitgespielt und -geschrieben hat.
Den Abschluss eines sehr starken Roots Rock-Album bildet schließlich "Blame It All On Me", bei dem Carmen Sclafani noch einmal alle Asse bezüglich seines Gesangs und Fähigkeiten auf der 6-saitigen aus dem Ärmel schüttelt. Seine Bandkollegen lassen sich da auch nicht lumpen und die tolle Hammond B 3 (hier sogar mit Solo) rundet das Bild ganz wunderbar ab. Ein starker Abschluss eines überdurchschnittlichen Albums.
Nachdem bereits das Debüt von Wiser Time ein Tipp war, wollte ich dies für "All For One" eigentlich vermeiden, aber aufgrund der erstklassigen Qualität komme ich schließlich doch nicht drum rum. 9 von 10 RockTimes-Uhren gehen ehrlich und redlich verdient in Richtung New Jersey!!
Line-up:
Carmen Sclafani (guitars, lead vocals)
Steve Decker (drums, percussion)
Jon Cornell (bass)

Mit den Gästen:
Ryan Bull (lead guitar - #1, 5)
Todd Lanka (bass - #8)
Rob Clores (Hammond B 3, piano)
CC Coletti (background vocals)
Bruce Jepson (harmonica)
Anthony Krizan (background vocals)
Tracklist
01:Even
02:All For One
03:High Time Mind
04:Floating Blues
05:Hammer Down
06:Crawling Floor
07:A Long Time Gone
08:Free
09:Blame It All On Me
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