Inzwischen sind tatsächlich fünf Jahre vergangen, seit ich zum letzten Mal die Gelegenheit hatte, eine meiner favorisiertesten Bands live zu erleben, die mich schon seit ihrer Gründung vor dreiundvierzig Jahren musikalisch begleitet und die ich seitdem nie aus den Augen verloren habe. Seit dem Jahr 2009 verhinderte die Witterung vier Mal, dass ich Wishbone Ash, die regelmäßig im Januar/Februar in unseren Breitengraden unterwegs sind, auf der Bühne beobachten konnte. Und damit war eine stolze Serie unterbrochen, denn von 2001 bis 2008 war ich in jedem Jahr live dabei, wenn Andy Powell und seine Kollegen ihren deutschen Fans ganz nah waren.
Nun war es an diesem Sonntagabend endlich mal wieder so weit, denn Wishbone Ash waren in der Meier Music Hall, Braunschweig angesagt, um ihr aktuelles Album Elegant Stealth zu promoten, und kein Wintereinbruch hinderte uns an diesem Konzertbesuch. Trotzdem war dieser Abend etwas anders als in früheren Zeiten. Als wir bei der Ankunft erfuhren, dass gleich zwei Support Acts aufspielen sollten, waren wir schon etwas erstaunt, denn nirgends war davon die Rede. Weder auf den Konzertplakaten, noch im Internet war darüber zu lesen. Eigentlich völlig untypisch für Wishbone Ash, denn in den letzten Jahren kündigte die Band ihren jeweiligen Support immer gleich mit an, egal ob ein David Gogo oder ein Jimmy Bowskill mit dabei waren.
An diesem Abend war es allerdings fast unmöglich, überhaupt rauszukriegen, wer denn nun auf der Bühne stehen würde. Weder die lokale Presse noch die Crew der Meier Music Hall konnten keine nähere Auskünfte geben und glänzten durch totale Ahnungslosigkeit. Nach langwieriger Recherche fanden wir aber schließlich doch heraus, dass zunächst die Tom Fuller Band aus Chicago auftrat und mit ihrem halbakustischen Rock mit Countryeinschlag den Abend eröffnete. Auch der eine oder andere Bluessong kam in den 45 Minuten zum Einsatz. Dabei erwiesen sich die Musiker als durchaus kompetent an ihren Instrumenten. Die Guppe hatte gerade Little Feat auf ihrer Tour durch Europa supportet und war nun noch für drei Gigs von Wishbone Ash verpflichtet worden.
Es folgte mit The SixxiS eine weitere Band aus den USA, die wohl auch auf den noch folgenden Gigs der Tour mit dabei sein wird. Für meinen Geschmack waren die Jungs, über die es keinerlei weitere Infos im Internet gibt, allerdings etwas zu 'trashig', sieht man mal von einer sehr guten Version des Led Zeppelin -Klassikers "Immigrant Song" ab, den sie sehr stark rüberbrachten.
Auch The SixxiS spielten eine dreiviertel Sunde, aber es war deutlich zu spüren, dass die anwesenden Zuhörer auf die Hauptband warteten. Wieder einmal wurde mir klar, dass ich mit meiner Meinung nicht so falsch liege, wenn ich am liebsten auf jeden Support verzichten und dafür lieber ein längeres Konzert des Topacts erleben würde. Wie dem auch sei, die beiden Vorgruppen wurden mit höflichem Applaus verabschiedet. Die Niedersachsen sind eben ein sehr höfliches Völkchen mit guten Manieren und sehr viel Anstand…!
Kaum waren die Umbauarbeiten auf der Bühne erledigt, was auch zügig vonstatten ging, konnte es dann endlich losgehen. Doch schon tauchte das nächste Problem auf. Auf einmal wurde das Fotografieren auf die ersten drei Songs beschränkt und dann auch noch nur Aufnahmen ohne Blitzlicht gestattet, wovon im Vorhinein überhaupt nicht die Rede war. So hatte man ständig eine ziemlich nervige Security im Nacken, die einem schon einen großen Teil der Konzentration an der Musik raubte. Bisher gab es in diesem Bereich noch nie irgendwelche Schwierigkeiten. Aber was soll's. Öfter mal was Neues, aber das schreckt einen RockTimer doch nicht ab…!
Doch das war es dann aber auch mit Begleiterscheinungen, auf die ich gern verzichtet hätte. Die folgenden 100 Minuten hielten dann genau das, was ich von Wishbone Ash erwartet und gewünscht hatte. Ein glasklarer Sound der legendären Double Leads, die wohl von Niemandem so perfekt eingesetzt werden, wie von Andy Powell und Muddy Manninen. Die Beiden verstehen sich inzwischen blind. Da sitzt jeder Ton perfekt, und auch bei den verspielten und lang ausgedehnten Gitarrenduellen passt das Zusammenspiel optimal. Auffällig dabei auch der oftmalige Einsatz des Slideröhrchens beim finnischen Gitarrenvirtuosen, was vor allem bei den neueren Songs eine weitere Variation des Wishbone Ash-Sounds darstellt. So waren auch diese Stücke mit ihren ausführlichen Improvisationen ein absoluter Hörgenuss.
Doch Wishbone Ash ist auch gleichbedeutend mit ihren zahllosen Klassikern, von denen etliche in der Setlist vertreten waren. Dabei waren das magische "The King Will Come" und das ruhige "Throw Down The Sword", beide gleich am Anfang des Sets gespielt, schon mal zwei Highlights, die eigentlich nur noch von einer starken Version von "Time Was" ergänzt wurden. Doch nach wie vor ist der Überflieger "Phoenix" das Maß aller Dinge. Schon bei den ersten Tönen stürmisch abgefeiert, ließ die Band diesmal eine sechzehn Minuten lange Fassung vom Stapel, die sich gewaschen hatte. Ein Jahrhundertsong, der auch nach über vier Jahrzehnten nichts von seiner Anziehungskraft und Faszination verloren hat.
Nachdem auch Bob Skeat am Bass und Drummer John Craptree noch zu ausgedehnten Soloeinlagen gekommen waren, bei denen sie ihr großes musikalisches Können unter Beweis stellten, kam die Zugabe "Blowing Free" viel zu schnell auf die Besucher zu. Noch einmal wurde sechs Minuten lang die Hütte gerockt. Nun waren nur noch begeistert mitgehende Fans vor der Bühne zu sehen. Wishbone Ash versteht es nach wie vor, ihr Publikum zu begeistern, und, was noch viel wichtiger ist, es waren auch jede Menge jüngerer Leute anwesend. Die Gruppe scheint also auch bei den jungen Rockmusikfans sehr gut anzukommen.
Wir bedanken uns ganz herzlich bei Laura Strübing und Jens Müller von Undercover Promotion für die problemlose Akkreditierung.
Line-up:
Andy Powell (guitar, vocals)
Muddy Manninen (guitar, backing vocals)
Bob Skeat (bass, backing vocals)
John Crabtree (drums)
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