Wucan / Vikarma
Vikarma Spielzeit: 31:02
Medium: 12'' Vinyl-EP
Label: Metalizer Records, 2014
Stil: Psychedelic Blues Rock

Review vom 21.11.2014


Steve Braun
Die Retrowelle bäumt sich quer durch alle Genres auf und bricht sich donnernd an den Stränden der Seven Seas Of Rhye. Gelegentlich wütet sie wie ein Tsunami und man ist geneigt, die nutzlose Gischt zu verfluchen, die auf ihren Kämmen reitet...
Doch - was geht denn hier ab?? Da kommt eine größtenteils blutjunge Dresdner Band mit ihrem Debütalbum um die Ecke und präsentiert fünf Songs, die original so vor knapp fünfzig Jahren hätten erscheinen können. Und dann noch (ausschließlich!) auf Vinyl... Cactus, Budgie und Free ziehen beim Hören vor dem geistigen Auge auf, während man im Promoschreiben liest, dass Sängerin Francis Tobolsky (22!!) von der Musik der Spätsechziger und Frühsiebziger »komplett in den Bann gezogen« wurde. Nachdem Rory Gallagher und Paul Kossoff diesen Bann endgültig gebrochen hatten, kamen Krautrock, Acid Folk, psychedelischer Progressive Rock und die Erkenntnis hinzu, »dass in alledem immer ein Stückchen Blues steckt.« Und man glaubt zu spüren, dass Wucan nicht nur mit einer derzeit angesagten Attitüde kokettiert..
"Vikarma" nennt sich das gute Stück schwarzen Goldes. Dieser Begriff ist dem Hinduismus entliehen und steht hier für eine 'schlechte', sündige oder 'böse' Tat, die das Karma negativ beeinflusst. Sündig vielleicht, aber schlecht oder gar böse ist Wucans Vikarma keinesfalls.
Dazu ist das Gesamtpaket aus dem Spirit, dem authentisch auf Vinyl gepackten musikalischen Endergebnis und der Optik (Artwork wie Outfit der Band gleichermaßen) zu stimmig. Akustische Gitarren, Querflöten, gelegentlich eine schwindsüchtig röchelnde Hammond - da kann schon ein gewisses Woodstock-Feeling aufkeimen. Natürlich sind hier keine vier Meister vom Himmel gefallen. Manches auf "Vikarma" klingt noch etwas unausgegoren und durchaus ausbaufähig, aber die Richtung stimmt und Wucan kann mit dieser 12''-Vinyl-EP (die mir allerdings nur als Promo-CDR vorliegt!) ein nachhaltiges Ausrufezeichen setzen.
Die A-Seite ist mit "Root" betitelt und tatsächlich repräsentieren die drei Titel die 'Wurzel' Wucans, den Blues Rock. Auf der B-Seite treibt diese zwei zauberhaft schöne, psychedelic-rockige Blüten, folglich nennt man sie "Bloom".
Gleich der Opener, "Franis Vikarma", rennt mit einer traumhaften, sich beständig repetierenden Querflöten-Melodie - oft von der Gitarre gedoppelt - alle offenen Türen ein. Francis Tobolsky glänzt (nicht nur hier) mit einer elfenhaft-folkigen Superstimme. Diese Nummer wäre fraglos ein Glanzstück auf den ersten Tull-Alben gewesen. Wer für die grummelnde Hammond verantwortlich zeichnet, bleibt leider ebenso im Dunkeln wie die Frage, wer die Shorty Medlocke-Gedächtnis-Harp zur Einleitung des folgenden "Frank" bläst. Hier paart sich der Gesang von Rock And Roll mit dem Groove von Boom Boom. Bei "Dopetrotter" mischt sich eine spürbare Glam-Note in den harten Blues Rock. Sehr gut macht sich auch hier die leise fauchende Hammond im Hintergrund, bei der man sich inständig wünscht, sie würde mal richtig losbrüllen.
Mit "Big Red Bun" wird es dann zunächst folkig-balladesk. Akustikgitarre, Tablas, Querflöte leiten ein, während sich der Song in einen formidablen 'Schrammelrocker' steigert. Das Filetstück von "Vikarma" ist natürlich das gut neunminütige "Wizard Of Concrete Jungle", das alle Register des Psychedelic-, Progressive- und Krautrock zieht und dabei nicht eine Minute überzieht!
Nach dieser guten halben Stunde "Vikarma" ist sonnenklar: Alles wird gut, wenn unsere Jugend solche beseelte Musik kreiert! Wer hätte daran noch geglaubt? Aber, ranhalten - diese Vinyl-EP ist auf lediglich fünfhundert Einheiten limitiert.
Wucan - diesen seltsamen Namen muss man sich unbedingt merken, denn: Im kommenden Frühjahr geht es mit den Songs von "Vikarma" auf gemeinsame Tour mit ihren Seelenverwandten, Siena Root. Die haben ja auch gerade ein Mörder-Brett vorgelegt... Zumindest ich weiß, was ich ab dem 04. März zu tun gedenke!!
Line-up:
Francis Tobolsky (Gesang, Querflöte,Akustikgitarre)
Tim George (Gitarre)
Patrik Dröge (Bass)
Axel Pätzold (Schlagzeug)
Tracklist
Seite A - Root
01:Franis Vikarma (5:36)
02:Frank (4:31)
03:Dopetrotter [remastered demo] (5.57)

Seite B - Bloom
01:Big Red Bun (5:32)
02:Wizard Of Concrete Jungle (9:16)
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