Frank Zander feierte kürzlich seinen 65. Geburtstag, wozu RockTimes nicht nur herzlich nachträglich gratuliert, sondern dem keineswegs in Ehren ergrauten Schnauzbart noch viel Schaffenskraft wünscht!
Geschafft hat der Berliner schon eine ganze Menge, unter anderem sicher auch viele ahnungslose Schlagerfans, wenn der Zander plötzlich in ihren Sendungen auftauchte. Denn zweifelsohne macht er Schlager (für die jüngeren Generationen: ein altgermanisches Wort für 'gängige Popsongs mit banalen Texten'). Aber in dem Genre hat er seine ganz eigene Version entwickelt, praktisch die Säufer-Macho-Zombie-S/M-Variante, die sich des gängigen Themas 'Herz-Schmerz' auf ureigenste Weise annimmt und dazu kräftig groovt.
Die musikalische Abgedrehtheit allein reicht natürlich nicht, um im Business als Einzelkämpfer überleben zu können, zumal der Zander ein gutes Herz vor allem für die Gestrandeten unserer Gesellschaft hat. Jedes Jahr Weihnachten lädt er die Obdachlosen Berlins zu einem Essen ins Nobelhotel ein. Damit er sich das weiter leisten kann, sagt Sohn Marcus als Geschäftsführer des hauseigenen Verlags Zett Records dann schon zum Alten: »Vadder, du musst mal wieder Geld verdienen«.
Ob die Wiederveröffentlichung seiner ersten beiden Alben, zusammengefasst in einem bestens ausgestatteten Digipack, nun der weiteren Altersvorsorge dient oder ob es zum Geburtstag einfach eine schöne Geschichte ist, das soll uns mal nicht weiter tangieren. Für solche Spitzfindigkeiten ist kein Platz im Leben von 'Crazy Franky', der spätestens mit "Hier kommt Kurt" (noch nicht enthalten) klargestellt hat, wie er die Dinge sieht.
Nun, vielleicht wäre diese Birthday-Edition sogar an RockTimes vorüber gegangen, hätten wir da nicht was ganz Besonderes in unserem Archiv von ihm, das wir bei der Gelegenheit gleich noch mal ganz dick empfehlen möchten: Das Album Rabenschwarz #2, mit dem er die Werke diverser Kolleginnen und Kollegen auch rockmäßig so beinhart gekonnt aufmischt, dass daneben das Panikorchester wie die Sieben Zwerge und die Scorpions wie eingeweckte Maikäfer wirken.
Doch auch schon bei den Erstwerken "Wahnsinn" (1975) und "Zander's Zorn" (1976) kracht es fürchterlich im Schlagergebälk. Wenn der Zampano gleich seine liebenswerten Geschöpfe in der "Monster Show" präsentiert, dann weiß der bis dato unbedarfte Zuhörer, was ihm weiter blüht: Eine verrückte musikalische Freakshow mit jeder Menge Power und einer kaputten Stimme, die einmalig in Deutschland ist (übrigens nicht das Resultat eines ausschweifenden Lebens, sondern von Überbeanspruchung der durch eine Mandelentzündung angegriffenen Stimmbänder während einer Tournee).
Die meisten Titel beider Alben liefen gut im Radio und Zander präsentierte sie auch in seiner eigenen TV-Show. Zusätzliche Publicity lieferte ihm der sich seinerzeit als selbsternannter Wächter deutscher Medienkultur aufspielende Bayerische Rundfunk, der neben dem "Scheibenwischer" auch Zanders Song "Oh, Susi" aus dem Programm schmiss. Die LPs und ausgekoppelten Singles waren Chart-Renner im gesamten deutschsprachigen Raum. Mit "King Kong" mag die Berliner Schnauze sogar den deutschen Rap vorweg genommen haben. Auf jeden Fall hat er mit seinem schwarzen Humor etliche der heutigen Comedians inspiriert. Franky selbst war auch als Moderator der 'Blödel-Zeit' in zahlreichen Sendungen auf der Mattscheibe zu sehen und klopfte dabei Sprüche, die eine ganze Generation abkupferte.
Auch Rockmusik-Fans hörten früher nicht weg, wenn seine Songs aus dieser Phase irgendwo gespielt wurden. Und bis heute sind sie die absoluten Party-Nummern. Wenn er Tango, Volkslied, Schleicher, Disco-Fox oder Polka genüsslich für seine Parodien hernimmt, dann geht das gut ab und die Pointe kommt garantiert! Eine Empfehlung an unsere jüngeren Leser: Frank Zander bietet mit diesem Remake (nicht ausschließlich) musikalische Comedy auf sehr lustvollem Level, die 30 Jahre nach ihrem Entstehen nichts von der damaligen Originalität verloren hat, die auch rockt (vor allem "Zander's Zorn") und die Laune macht. Als Nebeneffekt gibt's einen genüsslichen Blick auf die damalige Unterhaltungsbranche samt unseligem Disco-Boom. Um sich allerdings die beiden Scheiben in einem Stück anhören zu können, braucht man schon eine gute Kondition und ausgesprochen belastbare Nerven...
Wie gesagt, die Wiederveröffentlichung auf der Doppel-CD ist hervorragend ausgestattet, selbst die Datenträger sind wie Vinyls aufgemacht und das Ganze gibt's in 1a-Sound (Vorsicht - ab und zu knallt's gewaltig). Dazu echte Bonus-Tracks von Maxi-Singles und englischen Versionen. Das ist wahrlich mindestens 110% Kult.
Bleibt nur noch eins: Ich trink auf dein Wohl, Franky!
Tracklist |
CD 1 - Wahnsinn:
01:Die Monster-Show (Monster-Mash)
02:Der Dealer
03:Tango Mungo
04:Mutter mit Kind
05:Ich trink' auf dein Wohl, Marie
06:Nick-Nack-Man
07:Der Ur- Ur- Enkel von Frankenstein
08:Der Hunde-Freund
09:Disco - Polka
10:Dann Prost, mein Freund
11:Das Telefonat
12:Für Geld tu' ich alles (Ich bin der Größte)
13:(Bonus):Disco-Polka (engl. Vers.)
14:(Bonus):ERNA NR. 1
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CD 2 - Zander's Zorn:
15:Overtüre (Vorspiel)
16:Oh, Susi (Der zensierte Song)
17:Sonntagmorgen (Der Rasensprenger)
18:King Kong
19:Splish Splash
20:Kung fu driving
21:Die Operation
22:Ich wünsch' dir für die Zukunft alles Gute
23:Rosita (Heinz Schwalbe der Pauschal-Tourist)
24:Im Schwimmbad
25:Tea for two
26:Wo ist der Schnee?
27:Wuh duh Zeit
28:Disco Papa
29:(Bonus):Cpt. Starlight (engl.Maxi-Vers.)
30:(Bonus):Bleib Cool Alter
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