Wenn ein bereits großer Musiker seines Genres ein junges Talent fördert, es unter seine Fittiche nimmt, promotet, produziert und nicht zuletzt noch mit diesem Talent gemeinsam auf der Bühne steht, dann kann es sich nur um einen außergewöhnlichen Menschen handeln. Es handelt sich hierbei um Henrik Freischlader, der uns heute seine Entdeckung in Form von Layla Zoe präsentiert, die mit 'Firegirl' ihren Spitznamen bereits erhalten, als sie noch gar nicht auf der Bühne stand. Was die kanadische Dame während ihrer zweieinhalbstündigen Show an Emotionen und Energie an das Publikum abgibt, ist beispielhaft, fordert größten Respekt und macht ihren Spitznamen aller Ehre. Selten habe ich einen dermaßen ergreifenden Auftritt gesehen wie diesen.
Ihr Förderer und inzwischen guter Freund Henrik Freischlader, der an diesem Abend für zwei Songs mit von der Partie ist, erkennt vermutlich ihr riesiges Potenzial, von dem sich im Maschinenhaus der Kulturbrauerei rund zweihundertfünfzig begeisterte Fans überzeugen können. Im Mittelpunkt des Abends steht die Vorstellung ihrer neuesten CD The Lily sowie Auszüge des Vorgängers Sleep Little Girl und als Bonbon drei Titel anderer Künstler, die es ebenfalls in sich haben und auf die ich noch näher eingehen werde.
Bereits vor der Tür laufen wir Herrn Freischlader in die Arme. Mein Kollege Mike Kempf und ich nutzen die Gelegenheit für ein wenig Konversation, um uns dadurch auf das kommende Ereignis des heutigen Abends einzustimmen. Im Foyer erwartet uns anschließend bereits Veranstalter Wolf Spors und wir können uns bei ihm im Namen der RockTimes-Redaktion für die freundliche Einladung bedanken und dafür, das komplette Konzert filmen und fotografieren zu dürfen.
Um viertel nach acht betritt das kleine Energiebündel mit ihrer deutschen Begleitband die für den kleinen Saal extrem große Bühne. An ihrer Seite sind Gitarrist Jan Laacks, Bassist Gregor Sonnenberg und Schlagzeuger Hardy Fischötter, die im Verlauf des Abends allesamt eine absolut gute Leistung bieten.
Barfuß im langen schwarzen Kleid, mit Körperverzierungen aus Indianerschmuck und vielen Tätowierungen, steht sie regungslos vor dem Publikum und intoniert ohne Musik den Gospel "Glory Glory Hallelujah". Man sieht ihr an, wie tief der Song aus ihrem Herzen kommt und sie dieses Werk benötigt, um sich mental auf die kommenden Stunden einzustellen. Kaum unter großem Applaus beendet, ist es mit der Ruhe vorbei. Layla Zoe tanzt, hüpft und wirbelt über die Bühne, dabei das Mikrofon fest in der Hand und die Augen stets auf Personen in der Menge gerichtet. Sie singt und röhrt dabei, was das Zeug hält, animiert ständig die Fans und zieht langsam aber sicher alle in ihren Bann.
Eine Stunde läuft der erste Teil ihres Programms. Darin sind hauptsächlich Werke ihrer neuen CD, sowie deren Titelsong "The Lily" enthalten. Alles voller Inbrunst und Leidenschaft gesungen und von der Band in Perfektion gespielt. Welcher Track dabei der beste und bedeutendste ist, kann nicht herauskristallisiert werden. Jeder hat seine Höhepunkte, sei es Gesang, Tanz und Ausdrucksform von Layla Zoe, das sehr filigrane Gitarrenspiel von Jan Laacks oder die ungewöhnlichen Bassläufe des Gregor Sonnenberg. In Harmonie mit den druckvollen Drums von Hardy Fischötter, ergibt sich ein exzellentes Gesamtpaket. Beendet wird die erste Stunde mit einem absoluten Klassiker und einem meiner Favoriten von Altmeister Neil Young, "Hey, Hey, My, My (Into The Black)". Layla erzählt in der Einführung, dass Mr. Young enormen Einfluss auf ihre Entwicklung hatte und sie ihm mit diesem Stück, das zu ihren liebsten zählt, ehren möchte. Auch dieser Titel wird von ihr einfach grandios performt und bildet den krönenden Abschluss des ersten Blocks.
Nach zwanzig Minuten Pause beginnt die Fortsetzung, erneut mit einem Solo von Layla Zoe. Sie taucht wieder meditativ in sich ein, um dann gegen den Krieg zu protestieren. Wie ein Urschrei dringt es aus ihr, als sie "War" herausschreit. Das Publikum ist sofort wieder bei der Sache und stimmt ihrem Protest zu. Dass sie dieses Stück nur mit ihrer Stimme so emotional transportiert, hat niemand erwartet. Es ist ihr deutlich anzusehen, dass sie voll hinter der Aussage des Songs steht und solch ein Stück nicht nur im Programm ist, weil es immer gut kommt, wenn man sich gegen Kriege wehrt. Wäre es ihr nicht aus den Tiefen ihres Herzens wichtig, so könnte sie das Lied auch mitten ins Set mischen. Dadurch, dass sie Werke wie "War" und "Glory Glory" zu Beginn singt - völlig ohne musikalische Begleitung - zeigt sie , dass sie versuchen möchte ,etwas in der Welt zu ändern, womit sie zum Glück nicht alleine ist.
Nach dieser weiteren sehr emotionalen Einführung widmet sich Layla Zoe wieder den heftigeren und nun auch längeren Nummern. Ein weiterer Viererblock aus "The Lily" wird dargeboten. Zehn Minuten und mehr pro Song sind jetzt die Regel und sie sowie die Band verausgaben sich dabei völlig. Wie vom anwesenden Publikum erhofft und mit einem riesigen Applaus belohnt, bittet sie zu "Father" ihren Mentor Henrik Freischlader als Gitarristen auf die Bühne. Eine absolut nette Geste, die soweit uns bekannt, nur beim Konzert in Berlin stattfindet. Beiden sieht man ihre Verbundenheit und Spielfreude an.
Ein weiteres Highlight bekommt ihre Band zugestanden. Im Instrumental "Give It To Me" können sie sich nach Herzenslust auslassen, um zu beweisen, welch geniale Musiker sie sind. Dieses kurze Intermezzo nutzt Layla, um sich im Backstage-Bereiche zu erfrischen und sich auf "Rock And Roll Guitar Man" vorzubereiten. Mit der 'Androhung', dass es nun erotisch wird, spielt sie ihre wahrlich bewundernswerten weiblichen Reize in vollen Zügen aus. Ihr Gitarrist Jan Laacks wird dabei umgarnt und fast bis zur Ekstase verführt. Der beneidenswerte Mensch muss sich bei seinen Soli
extrem zusammenreißen, um nicht ihren Berührungen zu erliegen. Bis hin zum angedeuteten Oralverkehr bringt sie ihn in Wallung, um sich anschließend in lasziver Haltung vor ihm auf dem Boden zu räkeln. Mit ihrem wehenden, langen Haar erinnert sie in diesem Moment an die Loreley, der bekanntlich fast jeder Rheinschiffer erlegen war und dadurch in den Tod steuerte. Nun, diese Absicht will ich ihr nicht unterstellen, denn so, wie sie sich gibt, während Jan weiterhin unermüdlich seine Gitarre bearbeitet und sogar den Jimi Hendrix mimt, kann man diese Vermutung ausschließen. Es wird zu einem Schauspiel ohne Gleichen, das mir in dieser Form noch auf keiner Musikbühne von einer Sängerin geboten wurde. Für mich und dem Rest des Publikums eine erstaunliche Leistung, die niemals zu erwarten gewesen war. Dass sie außergewöhnlich emotional performt, ist inzwischen bewiesen, aber dazu noch so erotisch - alle Achtung, Layla Zoe.
Leider ist mit diesem Lied der Hauptteil beendet und der Gitarrist benötigt mit Sicherheit eine Abkühlung. Zwei Stunden hervorragende Musik und Performance sind im Flug vergangen. Natürlich steht eine Zugabe auf dem Programm und mit "Hippie Chick" setzt sie tatsächlich dem Abend noch die Krone auf. Nun ist Henrik Freischlader gemeinsam mit Jan Laacks auf der Bühne, dominiert aber mit seiner Gibson, die für mich einen wärmeren Klang hat als die Fender von Jan. Rund zwanzig Minuten verausgabt sich die Band noch einmal in diesem Stück und der Star, Layla Zoe, zieht noch einmal all ihre musikalischen und emotionalen Register. Von schnell und rockig, bis sanft und leise zeigt sie erneut ihr Können, um mit dem letzten Atemzug auf dem Boden in Stille zu versinken. Eine absolut großartige und sehr dramatische Leistung der Kanadierin, die wir hoffentlich bald wieder in Deutschland sehen dürfen.
Großen Respekt Layla Zoe, sowie auch an die Band und an Henrik Freischlader, die gemeinsam den Berliner Fans einen einzigartigen Konzertabend beschert haben.
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