"In eigenen Worten" ist eine Buchreihe, die im Original bei Omnibus Press in England erscheint und als deutsche Übersetzung vom Palmyra-Verlag in Heidelberg herausgegeben wird.
Darin kommen die vorgestellten Künstler selbst zu Wort, d.h. sie werden zitiert und zwar zu Themenbereichen, für die der jeweilige Autor entsprechende Aussagen zusammen getragen hat. Aus den unterschiedlichsten verfügbaren Quellen stammen diese, sind deshalb natürlich völlig subjektiv, sowohl von den Äußerungen selbst, als auch vom Kontext. Im beabsichtigten Ergebnis entsteht ein detailreiches Bild des Protagonisten, zu dem es aber eines profunden Herausgebers bedarf.
Als erstes Buch dieser Reihe liegt mir das 'Portrait' von Neil Young vor, dem sich Michael Heatley genähert hat. Das Buch ist schon 1997 erschienen und müsste deshalb längst überarbeitet sein. Aber auch wenn neuere Ergänzungen sicher sehr interessant wären, für die Aussagekraft über den Künstler, dessen eigenbrötlerischer Charakter hier untermauert wird, ergibt das keine Abstriche. Der Herausgeber wird als 'Kenner' Youngs bezeichnet, der bereits mehrere Bücher über ihn veröffentlich hat; ihm darf deshalb Erfahrung und Einfühlungsvermögen für diesen 'Job' unterstellt werden.
Ich schicke voraus, dass ich kein ausgesprochener Fan von Young, aber wie wohl jeder Rockmusik-Interessierte, am Werk des gebürtigen Kanadiers und Wahl-Kalifornieres nicht vorbei gekommen bin. Sei's in der Kneipe, wenn Freund Salomon aufspielt, an Déjà Vu
oder den CSN&Y-Nahkampf-Titeln der Oldies-Bands, am grandiosen Grunge-Vorläufer "Rust Never Sleeps", dem schön nostalgischen Video von "Harvest Moon" auf MTV beim Kabelanschluss-Ersttest, dem vielzitierten Künstler-Mythos »It´s better to burn out, than to fade away« oder der für mich ultimativen Songzeile »There´s a band playin´in my head and I feel like I´m gettin`high«, die mich ständig begleitet. Neil Young ist einfach Rockgeschichte, mit markanten Highlights, wenn wohl auch das meiste seines künstlerischen Outputs weder Allgemeingut ist, noch als unverzichtbar der Nachwelt überliefert werden dürfte. Aber gerade auch wegen seiner Unangepasstheit an das Business, seinem offensichtlich nur am eigenen Seelenleben orientierten Schaffen mit Höhen und Tiefen und nicht zuletzt seinen reichlich seltsamen und für mich auch ebenso naiven, wie widersprüchlichen politischen Aussagen, interessierte mich das Buch.
Zwar ist das Vorwort mit seinen Schlussfolgerungen aus meiner Sicht nicht gerade die ideale Einstimmung, aber ansonsten erscheint mir das Werk absolut gelungen. Von Anfang der 70er-Jahre bis 1995 werden Aussagen Youngs ebenso chronologisch, wie bezeichnend, zu den einzelnen Kapiteln aufgelistet. Der Künstler gibt dabei Auskunft über seine Familie, sein Gemütsleben, die musikalischen Kapitel seiner Karriere, aber auch über seine politischen Ansichten und Probleme mit seiner früheren Plattenfirma. Eins wird dabei deutlich: Der Mann war schon immer ein Sturkopf, oft auch ein Egozentriker, ein völlig Unangepasster und wohl auch mitunter gern ein Weltfremder. Einer der stets das gemacht hat, was ihm grad in den Sinn kam (er sagt: »Es fließt durch mich durch«) ohne viel darüber nachzudenken (was gerade an seinen wechselhaften Einstellungen zur amerikanischen Politik deutlich wird). Der aber auch für mich sehr merkwürdig und widersprüchlich auf den Tod seines Crazy Horse-Kollegen und Freundes Danny Whitten reagierte. Den hatte der selbst Drogen Konsumierende gefeuert, weil er mit seinen Drogenproblemen die bevorstehende Tour gefährdete. Auf dessen Selbstmord noch am gleichen Tag sei er »völlig ausgerastet« wie er in einem Zitat sagt, aber die weiteren Kommentare dazu beziehen sich eher darauf, wie das die Bandperformance beeinträchtigt habe. Die anschließende Depression schlug sich jedoch hörbar in seiner Musik wider. Bezeichnend auch sein Rechtsstreit mit Geffen Records, die die Veröffentlichung des ursprünglichen "Old Ways"-Albums als ‚'untypisches Material' ablehnten und Young verklagten. Der reagierte darauf, dass er weiter das bemängelte Country spielte, solange bis Geffen aufgab.
Da Young kein Blatt vor den Mund nimmt, war für den Herausgeber sicher eher das Herausfiltern, als das Zusammentragen ein Problem. Zwei Bezüge tauchen immer wieder auf, einmal die gitarristischen Einflüsse von Jimi Hendrix
und von Hank Marvin, dem Shadows-Leadgitarristen, zum anderen die enge musikalische Partnerschaft mit Stephen Stills. Die Aussagen sind nie banal, manchmal skurril ( »Wenn ich Gitarre spiele, kann man hören, wie destruktiv ich tatsächlich in allem bin. Wenn man sich das Gitarrespielen als ein Art Kampfsport vorstellt … dann wäre ich wohl kein Gitarrist, gegen den man antreten wollte.«), aber durchwegs interessant und sehr lesenswert. Es entsteht in diesem Fall ein aufschlussreiches Künstlerportrait, gekonnt zusammengefügt. Angehängt ist die komplette Diskographie bis zum Veröffentlichungszeitpunkt.
Bis jetzt sind 17 Titel der Reihe in deutsch veröffentlicht, von denen wir gern weitere in RockTimes vorstellen.
Kapitel |
01:Einleitung
02:Kanada: ein Lebensgefühl
03:Familie
04:Die ersten Bands
05:Solo
06:Crosby, Stills, Nash & Young
07:Crazy Horse
08:Einflüsse
09.Songwriting
10:Gitarren und Gitarristen
11:Die Musikindustrie
12:Drogen
13:Politik
14:Die Filme
15:Young über Young
16:Kritik
17:Geffen Records
18:Bildlegenden
19:Bildnachweis
20:Diskographie
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Externe Links:
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