Herrje, da muss man erst ein halbes Jahrhundert alt werden, um das erste Mal von dieser Band zu hören. Yatha Sidhra, das sind die Brüder Klaus und Rolf Fichter, Peter Elbracht sowie Matthias Nicolai. Das sagt euch auch nichts? Dann geht es euch wie mir. Unverständlich, wie mir dieses Kratutrock-Quartett bis dato durch die Lappen gehen konnte.
"A Meditation Mass" ist das einzige Werk der Gruppe und das liegt daran, dass wohl auch andere Freunde dieser Musik nie von der Band gehört haben. Matthias Mineur, der auch die Liner Notes zur wiederveröffentlichen Kin Ping Meh-Scheibe schrieb, erklärt im Booklet, dass sich Fans der Band damals wunderten, wieso diese Perle nie einem größeren Publikum bekannt wurde. Wie auch die bereits erwähnten Kin Ping Meh, wurden Yatha Sidhra damals vom Musikmagazin Sounds lapidar abgehandelt, obwohl man davon ausgehen sollte, dass der Schreiberling zwei funktionierende Ohren hatte und von der Materie, über die er nun mal schrieb, eigentlich etwas hätte verstehen sollen.
Matthias schreibt im Booklet:
»Wer weiß, wie viele Werke mit solch wunderbaren Klängen Yatha Sidhra noch veröffentlicht hätten, wäre die deutsche Presse nicht so ignorant auf ihre Musik eingegangen. Doch darüber sollte man lieber nicht nachdenken …«.
In meinem Fall ist das keine Entschuldigung, denn ich habe Sounds nicht gelesen. Aber auch im Freundeskreis, auf Parties und bei sonstigen Zusammenkünften, wurde diese Truppe nie gespielt, denn ich hätte die LP mit dieser wahnsinnigen Mischung aus Krautrock und Psychedelic mit Sicherheit sofort erworben. Und das Originalteil mit dem ausgestanzten Cover (Katalognummer Brain 1045) wäre heute eine gesuchte Rarität im Regal. Recherchen im Internet brachten nicht viel Info über diese Band, aber immerhin ein paar Meinungen, die unisono sagen, dass "A Meditation Mass" wohl die rarste Brain-LP sei. Ich glaub es gerne, denn die Verkäufe waren eher schwach.
Die beiden Fichtners kamen von Lea Gamble, gründeten mit Jean-Michel Boivert und Peter Elbrecht die Gruppe Brontosaurus. Unter diesem Namen begannen sie mit der Arbeit an vorliegendem Album, das dann ein Jahr später mit Hilfe von Achim Reichel bei Brain veröffentlicht wurde. 1976 löste sich die Band auf und drei Jahre später gründeten die Brüder Dreamworld.
Soweit die Historie. Musikalisch nimmt das Album, welches aus einem einzigen Track besteht, den Hörer mit auf eine Reise durch einen drogengeschwängerten Kosmos mit allerlei Einflüssen, die von Space und Jazz bis zu indischen Meditationsrhythmen reichen. Wenn noch jemand sein Klischee über eine drogenkonsumierende, siebziger Jahre-WG mit der passenden Musik erhalten möchte, es gibt kaum geeigneteres Material, als diese Platte.
Jedoch auch mit Kaffee und Schwarzwälder Kirsch kann man den krautigen Psychotrip antreten und den mit Sahne gefüllten Waschbrettbauch mitmeditieren lassen. Ein Track, aufgeteilt in vier Parts, schreit nämlich danach, sich nur der Musik hinzugeben. Part 1, über siebzehn Minuten lang, erinnert an die psychedelischen Pink Floyd und wird hauptsächlich von Drums und Percussion 'gesteuert'. Die überirdisch klingende Flöte weiß genau, wie man Stimmungen erzeugt und ich behaupte selbstsicher, dass dies von keiner Gitarre dieser Welt besser rüberkommen würde. Beruhigend groovt das Stück durch die Minuten - so, als ob es keine Sekunden- und Minutenzeiger auf den Uhren im Haus gäbe. Schweigt die Flöte, übernimmt der Moog und gleitet sanft über den hypnotisierenden Schlagzeug- und Perkussion-Teppich.
Part 2 startet mit Piano und Flöte, die nun aufmüpfiger zu Werke geht. Ein Break lässt Bass und Drums einen leichten, trabenden Jazzteil vorbringen und schon sind wir im dritten Part, welcher zu Beginn wieder von der Flöte angeführt wird. Auch der Gitarre wird ein Solopart zugestanden und nun ist sie es, die den Fellen Paroli bietet. Das Tempo wird forciert, der Bass beginnt zu 'laufen' und was die Meditation angeht, ist nun Gelegenheit, dass der Hörer die Augen öffnet und schaut, ob die Welt um ihn herum noch da ist. Genug der Gitarre, wird sich die Flöte gedacht haben und meldet sich nach ca. sieben Minuten bestimmend zu Gehör. Es wird wieder ruhiger, die Augenlider klappen sanft nach unten und wie Medizin für den gestressten Geist und Körper, weicht alle Unruhe einer angenehmen Entspannung, die aber trotzdem den Fingertrommlern unter uns Gelegenheit gibt, der Umwelt mitzuteilen, dass man nicht schläft.
Part 4 knüpft da an, wo Part 1 endete. Absolute Harmonie und psychedelische Reinkultur mit minimalistischen Strukturen, die zu jedem Zeitpunkt genau das bieten, was der sich entspannende Zuhörer, besser Genießer, als nächstes erwartet. Wie aus einem Nichts tauchen entfernte Vocals auf und geben dem Ganzen einen mystischen Anstrich. Mir geht es gut nach dem Hören der 'Meditations-Messe' und wenn jetzt mal jemand fragen sollte, wer Yatha Sidhra sind, kann ich erwidern: Was, du kennst diese Kultband nicht? Ja wo warst du denn anno 1974? Was hast du denn damals für Musik gehört? Immerhin kann mit dem SPV-Digipack nun Abhilfe geschaffen werden und das auch noch in hervorragender Klangqualität.
Line-up:
Rolf Fichter (Moog, indian flute, vibes, electric piano, electric guitar, vocals)
Klaus Fichter (drums & percussion)
Matthias Nicolai (electric 12-string guitar, electric bass)
Peter Elbrecht (flute)
Tracklist |
01:Part 1 (17:45)
02:Part 2 (3:13)
03:Part 3 (12:00)
04:Part 4 (7:16)
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Externer Link:
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