Zephyr / Same
Zephyr Spielzeit: 79:06
Medium: CD
Label: Purple Pyramid Records (Cleopatra Records), 2014 (1969)
Stil: Rock


Review vom 08.10.2014


Markus Kerren
Wenn heutzutage (wobei das eigentlich schon seit Jahrzehnten so ist) der Bandname Zephyr fällt, dann wird damit in allererster Linie der Gitarrist und Sänger Tommy Bolin (danach bei
The James Gang, Deep Purple sowie solo unterwegs) verbunden. Natürlich nicht zu Unrecht des viel zu früh (1976) verstorbenen Amerikaners, aber dennoch sehr zu unrecht der kompletten Band. Denn was das Quintett aus Boulder, Colorado alleine schon mit ihrer ersten Studioscheibe (von lediglich drei, bis zur ersten Auflösung) auf die Bretter legte, war rein für sich bereits ein ganz gewaltiges Pfund.
Bluesiger Rock mit Hammond-Sound (von John Faris) bestimmte das musikalische Bild, leicht angejazzte Drums (von Robbie Chamberlain), die bärenstarke Gitarre Bolins, der alles zusammenhaltende Bass von David Givens und als Krönung der extraklasse Gesang seiner damaligen Frau Candy. Da treiben dem Hörer bereits beim ersten Durchlauf die knapp acht Minuten der Eröffnungsnummer "Sail On" einen Schauer nach dem anderen über den Rücken, während er sich fassugslos fragt, wieso ihm diese Combo so lange Zeit nicht unter die Finger kam.
Nochmal eine Spur bluesiger und mit der starken Harmonika der Frontlady dann "Sun's A Risin'" und der gesangliche Vortrag bläst einem langsam aber sicher die (noch) vorhandene Haarpracht so dermaßen nach hinten, dass man sich sprichwörtlich Gedanken darüber machen muss, ob man in Zukunft überhaupt noch einen Fön benutzen sollte. Bei "Raindrops" geht es dann im Vergleich rockig-kompakt zur Sache, was die Band allerdings nicht weniger stark auf der Pfanne hatte. Dieser Track wäre damals geradezu prädestiniert gewesen, als Single-Auskopplung auf die Massen losgelassen zu werden.
Der Gesangsstil von Candy Givens ist dabei sehr nah an dem der großartigen Janis Joplin, wobei direkte (vor allem stimmliche) Vergleiche jedoch hinken. Tommy Bolin glänzt auf der der Blues-Nummer "Somebody Listen" und es macht wieder einmal nur traurig, was für ein großartiges Talent sich damals bereits viel zu früh die Lichter ausgeschossen hat. Um beim Blues zu bleiben, muss als weiteres Highlight der Track "St. James Infirmary" genannt werden, bei dem die Band nochmal alle Trümpfe aus dem Köcher zieht.
Alle Trümpfe aus dem Köcher? Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben, denn was Zephyr dann beim Rausschmeißer "Hard Chargin' Woman" abziehen, krönt nicht nur ein großartiges Debüt, sondern legt mit über neun Minuten Spielzeit auch noch einen höllengeilen Rock-Jam hin, der sich gewaschen hat. Candy Givens sehr emotionaler Gesang geht (wie bei dem gesamten Album) tief unter die Haut und ein letztes Mal vibriert die Hammond (so, dass man schon Rauch aufsteigen sieht), groovt die arschtighte Rhythmusabteilung und wächst Tommy Bolin über sich hinaus.
Die Bonus Tracks - über die man sich ja eigentlich immer freut, aber niemals überbewerten sollte - fallen soundmäßig leider stark ab und sind somit nur für echte Fans und Zephyr-Sammler (falls diese sie nicht sowieso schon im Regal stehen haben sollten) interessant. Was der Großartigkeit des Debütalbums dieser Band aber nullkommanull von seiner Magie nehmen kann. Eine echte Hammerscheibe, die so viel für die Zukunft versprach...
In der Realität scheiterte Zephyr allerdings an den Gesetzen des Marktes. Tommy Bolin stieg nach dem zweiten Album "Going Back To Colorado" (1971) aus, die Band löste sich nach einem dritten ("Sunset Ride" von 1972 mit dem Gitarristen Jock Bartley, danach in Diensten bei
Gram Parsons) und einer Live-Scheibe (aus dem Jahr 1973, wieder mit Bolin), die aber erst in den Neunzigern veröffentlicht wurde, auf.
Tommy Bolin machte anschließend zwei Alben mit The James Gang, eines (plus diverse Liveplatten) mit Deep Purple und brachte zwei Soloscheiben heraus, bevor er bereits in den Siebzigern einen elenden Drogentod starb. Anfang der Achtziger kam es nochmal zu einer Reunion und einem Album ("Zephyr Heartbeat", 1982), aber spätestens nachdem Candy Givens im Januar 1984 an den Folgen von Alkohol und Drogen im Alter von gerade mal 37 Jahren (stilecht in der Badewanne) verstarb, war der Drops dann endgültig gelutscht.
Sehr schade! Bleibt zu hoffen, dass auch die übrigen Alben der Band wiederveröffentlicht werden. Denn wie ich schon (mit anderen Worten) schrieb: Dieses Debüt macht Heißhunger auf mehr!
Line-up:
Candy Givens (harmonica, lead vocals)
Tommy Bolin (guitars, background vocals)
John Faris (piano, organ, flute)
David Givens (bass, background vocals)
Robbie Chamberlin (drums, background vocals)
Tracklist
01:Sail On
02:Sun's A Risin'
03:Raindrops
04:Boom-Ba-Boom
05:Somebody Listen
06:Cross The River
07:St. James Infirmary
08:Huna Buna
09:Hard Chargin' Woman

Bonus Tracks:
10:Guitar Solo/Cross The River (Colorado Springs, 1969)
11:Jam (San Bernadino, 1971)
12:Uptown [To Harlem] (Boulder, 1971)
13:Sail On (Boulder, 1973)
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