Oha!
Olli "Wahn" Wirtz macht ein weiteres Mal ein hochinteressantes Fass auf und regt zur eifrigen Diskussion an, was sicherlich auch Intention dieses qualitativ hochwertigen Onlinemagazins sein sollte. (Ups, danke für die Blumen, die Red.)
Es geht um das Aussterben klassischer Tonträgerformate zugunsten einer Verbreitung von Musik ohne jeden physischen Zwischentransporteur, quasi direkt vom I-Pod ins Ohr.
In der Tat, wie ich schon in meinem Beitrag Dolby 5.1 Revisited andeutete, ist die herkömmliche Compact Disc auf dem besten Wege, hinsichtlich ihres Artenschutzstatus der guten alten Langspielplatte den Rang abzulaufen.
Dies hat auch die Musikindustrie längst registriert und bastelt neben neuen kommerziell attraktiven Angebotswegen für tonträgerlose Musik auch an neuen Tonträgern, die tendenziell genau die Zielgruppe ansprechen sollen, zu der Olli "Wahn" Wirtz vermutlich gehört (und ich ebenso!).
Nämlich die Leute, die gerne noch ein Produkt in der Hand halten wollen, ein Booklet mit schönen Fotos und möglichst informativen Textzeilen, ein physischer Gegenstand für die stolze Sammlung und nicht zuletzt mit einer begnadeten Tonqualität ausgestattet, also mit möglichst geringer Datenreduzierung/-komprimierung.
Dem trägt die Musikindustrie derzeit durchaus Rechnung, indem sie Formate wie DVD-Audio und SACD lanciert. Darüber hinaus gibt es nach wie vor und eher expandierend (wenn auch auf kommerziell bescheidenem Grundniveau) den Vinylmarkt.
An dieser Stelle möchte ich Olli "Wahn" Wirtz übrigens vehement widersprechen, denn das Vinyl ist mitnichten ein verstaubt klingender Anachronismus aus dem vorigen Jahrhundert/Jahrtausend, sondern d e r klassische Tonträger überhaupt, der einzige, der einen wertstabilen oder gar -steigernden Sammlermarkt erlaubt und somit die eigene Kollektion zu einer Wertanlage werden lässt. Darüber hinaus ist das Klangniveau des schwarzen Goldes zumindest im Vergleich zur herkömmlichen CD unerreicht, von allen Formen tonträgerloser Musik mal ganz zu schweigen. Allerdings setzt das optimalen Vinylzustand und eine hochwertige Abspielanlage voraus!
Aber die Musikindustrie steht sich, aus welchen Gründen auch immer, selbst im Wege.
Warum müssen DVD-Audio und SACD gegeneinander konkurrieren?
Die eine Scheibe gibt es nur so, die andere nur anders.
Das ist natürlich völliger Quatsch und lässt dem neuen Medium keinerlei Chancen.
Dabei ist doch gerade die SACD wunderbar abwärtskompatibel. Auch die DVD-Audio lässt sich problemlos auf jedem DVD-Player wiedergeben, den doch inzwischen sowieso fast jeder Ottonormalverbraucherhaushalt sein Eigen nennt und der gleichzeitig den herkömmlichen CD-Player ersetzt hat.
Und wer unbedingt alle Vorzüge der Klangwunder genießen möchte, greift beim nächsten Gerät halt zum SACD/DVD-Audio Spezialplayer.
Dies wird aber nur funktionieren können, wenn man sich auf ein Format einigen könnte und künftig alle Neuerscheinungen und das gesamte Backprogramm genau in diesem einen Format erscheinen.
Aber würde das wirklich etwas am Siegeszug des Downloads ändern?
Von mir ein klassisches Jein!
Die ehemalige "Single-Fraktion", also hauptsächlich die ganz jungen Leute, die sich meist nur für bestimmte Hits ohne Halbwertzeiten interessieren und gar nicht die finanziellen Möglichkeiten haben, immer ganze Longplayscheiben zu erwerben, werden auch zukünftig die wunderbare Welt der Downloads bevölkern, wie auch immer diese genau aussehen wird. Sie waren eh nie großartig an ganzen Alben (von Hitkompilationen mal abgesehen) interessiert und der frühere Singlehit wird ganz einfach durch den Downloadhit ersetzt, wobei sich für Medien wie Radio oder TV gar nichts groß verändert.
Der technisch halbwegs gebildete Musikottonormalverbraucher, der bisher für astronomische Absatzzahlen solcher Hitkompilationen wie High Life (erinnert sich noch jemand an diese Reihe von ca. Mitte der 70er bis Anfang der 80er?), Rock Legens, Kuschelrock, Ballermann 1-1000, Aprés Ski 1-1000, Bravo Hits 1-1000000 usw. sorgte, wird sicherlich in Zukunft mehr oder weniger komplett seine eigenen Zusammenstellungen herunterladen.
Aber alle diejenigen, die ein näheres Interesse an Musik haben, werden zukünftig die Downloads eher nur als willkommene Informationsquelle nutzen, vielleicht auch für den Bezug von Mucke für die nächste Partybeschallung, aber darüber hinaus Alben erwerben wollen, die ihnen musikalisch interessant erscheinen und auch alle relevanten Informationen bereit halten. Und das möglichst komplikationslos in Verbindung mit jedweder Form von Abspielgerät, in vernünftiger Klangqualität und mit höchstmöglichem Komfort!
Also bin ich doch mal zusammen mit Olli "Wahn" Wirtz gespannt, wie sich wohl die Zukunft anhören wird.
Fakt ist, dass sich die Musikindustrie den derzeitigen Multiformatsalat auf Dauer nicht wird leisten können und die tonträgerlose Verbreitung von Musik erhebliche Probleme bei den Copyrighteinnahmen der KünstlerInnen aufwirft, ohne die selbige aber wirtschaftlich nicht leben können.
Und von uns Musikenthusiasten will ich mal gar nicht reden.
Musik nur noch aus meiner Telefondose? Ohne mich!!!
Olaf "Olli" Oetken, 18.02.2005
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