Am Aschermittwoch ist alles vorbei? Nein, solange mussten wir gar nicht warten, kurz vor Start der karnevalistischen Lindwürmer bringt Wulff die Narren durch seinen Rücktritt ganz kräftig ins Schwitzen, müssen doch gefühlte 70% der Mottowagen noch kurz vor dem Kampagnenhöhepunkt mühsam aktualisiert werden.
Ausgerechnet aus der Fasnachtshochburg Mainz kommt da der gar nicht so närrische Vorschlag für einen Nachfolger, der eigentlich jedes musikalische Herz höher schlagen lassen sollte – Udo for President. Mit einer Online-Petition soll der Panikpräsident ins Amt gehievt werden.
Profil und Charakter hat der Mann mit dem Hut in den letzten Jahrzehnten oft genug bewiesen. Beides sind Eigenschaften, die nicht nur Politikern gut zu Gesichte stehen würden, sondern auch in der Musikbranche manchmal nur suboptimal vertreten sind. Ausnahmsweise meine ich damit nicht nur den Radioeinheitsbrei.
Neben immer wieder überraschend vielen, überraschend guten Alben trudeln hier in der Redaktion leider auch gelegentlich Scheiben ein, die einfallslos, aus tausendmal Gehörtem zusammengewürfelt oder auch schlichtweg unausgegoren klingen. Mein - wahrscheinlich subjektiver - Eindruck war, dass die im Februar stärker vertreten waren als sonst. Zumindest fielen mir beim Einstellen auf Facebook verstärkt Urteile der Kollegen auf in der Art wie:
»Viel zu eintönig«, »...springt der Funke einfach nicht über.«
»sehr weichgespült« und »etwas lahm« oder gar »monotoner Einheitsbrei«.
Woran das nun im Einzelnen liegt, lässt sich nicht immer ausmachen, doch die Faktoren, die in mehreren Reviews genannt werden, spielen ganz sicher eine Rolle: Mehr Input von außen, mehr Zeit zum Reifen, vielleicht auch mehr auf das 'Eigene' besinnen und weniger auf das schielen, was Andere schon erfolgreich gemacht haben.
Ein Album beispielsweise nach dem Bandnamen zu benennen kann ja durchaus Sinn machen, wenn es sich um einen Erstling handelt, der ein ganz klares »Das sind wir«- Statement rüberbringt.
In anderen Fällen und beileibe nicht nur bei Debütalben, wirkt es aber eher so, dass eine gewisse Einfallslosigkeit und vielleicht auch der Gedanke 'das, was alle machen, kann so verkehrt nicht sein', dahinter steckt. Bewährte Rezepturen sozusagen, wogegen wir überhaupt nichts einzuwenden haben, wenn die richtigen Zutaten verwendet werden. Die RockTimes-Köche empfehlen als Basis ein solides, handwerkliches Können, Herzblut und eine eigene, klar erkennbare Handschrift. Wird das Ganze dann noch sauber produziert und garniert mit einer ordentlichen Prise Frische, einer Handvoll Dynamik und einem Quäntchen liebevoller Aufmachung, dann stehen die Chancen auch für Newcomer gut, die musikalischen Michelin-Sterne in Form eines RockTimes- Tipps einzusammeln.
Da waren die Newcomer im Februar sogar gut vertreten – von zehn Tipps gingen sechs an Debütalben.
Und was gab es noch an musikalischen Highlights?
Nicht nur Sony Music, sondern auch Virgin Records und andere Labels werfen umfangreiche Boxen mit Compilations oder den wichtigsten Alben einer Band auf den Markt, die bei uns dann häufig schon als Zeitreise auftauchen. Schnödes Recycling oder echtes Schmankerl?
Darüber ließe sich sicher streiten. Dass es im Rahmen solcher Aktionen aber auch zu fast schon skurrilen Auswüchsen kommen kann, zeigt eine Meldung aus unseren News, in der Lemmy davor warnt, das neue Motörhead Boxset "Complete Early Years“ zu kaufen. Ob er sich dabei mehr über den überzogenen Preis oder über die Tatsache, dass die Band nichts daran verdient ärgert oder gar die Befürchtung hegt, dass seine Fans dann keine Kohle mehr übrig haben, wenn sein mal wieder angekündigtes Solo-Album eventuell/vielleicht doch mal erscheint, sei dahingestellt.
Apropos verdienen – die Verlage der armen Print-Medien haben eine neue Einnahmequelle entdeckt und mahnen Musiker ab, die Zeitungskritiken auf ihren Websiten verwenden. Nun ist ja im Rahmen der ACTA-Diskussionen das Thema Urheberrechte in aller Munde – ob das eine Verbesserung für die Kreativen oder die drohende Zensur ist, mag andernorts diskutiert werden.
Mir sei aber an dieser Stelle der Hinweis gestattet, dass auch unsere Texte unter das Urheberrecht fallen. Zitieren mit Quellenangabe und Verlinkung auf den vollständigen Text ist ok. Vollständige Reviews in Artikelbeschreibungen auf 'I-Bäh' oder anderen Verkaufsplattformen sind aber genauso wenig korrekt wie das Einstellen in Foren ohne Quellenangabe und Link. Im Zweifelsfall genügt eine nette Mail an unsere Redaktion, um zu klären, ob das, was ihr vorhabt, ok geht.
Und wenn wir schon beim Thema Verdienen sind: Die 'gute alte' Tradition der Leichenfledderei ist im Musicbiz ja nie so wirklich aus der Mode gekommen. So verwundert es auch kaum, wenn Sony Music, respektive iTunes, 'ganz aus Versehen' die Preise für Whitney Houstons Alben nach deren Tod um 25% bis 60% anhebt.
Womit wir dann bei den unangenehmen, allmonatlich wiederkehrenden Todesmeldungen angelangt wären:
Robert 'Bob' Hendrix, Mitbegründer und Vizepräsident der Experience Hendrix-Gesellschaft, der älteste Cousin Jimis, verstarb unerwartet im Alter von 65 Jahren.
An Leberversagen starb der MC5-Bassist Michael 'Mike' Davis mit 68 Jahren, der auch bei Rich Hopkins & Luminarios mit auf der Bühne stand.
Erschreckend jung war mit 38 der Lordi-Drummer 'Otus' Tonmi Lillman. Nicht nur die Metaller sind darüber erschüttert. Ebenfalls viel zu früh verstarb der Jam-Rocker Jaik Miller im Alter von lediglich 42 Jahren, vermutlich an einem Herzinfarkt.
Die Nachricht vom Tod des Bluesman Louisiana Red, der mit seinen 79 Jahren gerade nochmal auf Tour gehen wollte, machte unseren Jürgen ganz besonders betroffen, wollte er ihn diese Woche doch live sehen.
Vielleicht können wir diesen Todesfällen einen Sinn geben, wenn wir sie als Aufforderung begreifen, das Leben jetzt zu leben und nicht auf die nähere oder fernere Zukunft zu vertagen.
In diesem Sinne wünsche ich Euch einen wunderbaren Frühling mit Vogelgezwitscher, Frühlingsgefühlen und ganz viel guter Musik!
Sabine
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