Die Szene in Oberfranken Teil V
Flusszigeiner und andere helle Frankenbeidl
Flusszigeiner Die CD:
Flusszigeiner von Wolfgang Buck


Spielzeit: 61:30
Medium: CD
Label: Eigenverlag/C.A.B. Records
Stil: Liedermacher



Zwischenruf incl. CD-Review vom 31.07.2007


Norbert Neugebauer
Wolfgang BuckDass Franken kluge und vordergründig witzige Köpfe sind, das wissen Fernsehzuschauer und Kleinkunst-Liebhaber spätestens seit Urban Priol mit seinen Jahresrückblicken "Tilt", den Soloprogrammen "Alles muss raus" und der ZDF-Sendung "Neues aus der Anstalt" der deutschen Kabarett-Szene zu neuer Güte mitverhilft. Und Frank-Markus Barwasser alias 'Erwin Pelzig' mit seinen Spitzfindigkeiten die Medienwelt und Prominente durcheinanderbringt. Wer sich den alljährlichen Quotenrenner "Fränkische Fassnacht" aus Veitshöchheim nicht entgehen lässt, wird wissen, dass es davon noch mehr gibt, die intelligente und amüsante Unterhaltung auf hohem Niveau beherrschen. Die laufen sicher woanders genauso rum, aber da gerade jetzt auch andere Bewohner der Lande um Main und Regnitz aus dem bisherigen medialen Schattendasein in den bundesweiten Blickpunkt treten (wobei ich weder den Club noch die Bamberger Basketballer meine), will ich in meiner neuen Szene-Folge einen Liedermacher in RockTimes vorstellen, der das Prädikat 'Volkssänger' verdient: Wolfgang Buck.
"Flusszigeiner", der Titel seiner neuen CD ist wohl auch Nichtfranken verständlich. Aber alles andere Gesungene darauf sicher nicht, außer vielleicht ein paar Südthüringern und seit längerem in Franken ansässigen 'Reigschlaftn'. Also ein Album nur für die 'Eingeborenen'? Nicht unbedingt. Die Texte sind sicher die Hauptsache, aber gleichzeitig ist die Musik der Buck Band so abwechslungsreich und gekonnt, dass sie allein für sich stehen könnte. Wer mag, kann sich "Flusszigeiner" durchaus als exotische "Worldmusic" nähern und wird angenehm überrascht sein.
Wolfgang BuckDer Wolfgang Buck hat in seinem knapp 50-jährigem Leben schon allerhand aufzuweisen. Aufgewachsen ist er im Landkreis Fürth, also Mittelfranken, nahe Nürnberg. Er studierte evangelische Theologie, wurde Pfarrer und versah 14 Jahre lang die Pfarrstelle im oberfränkischen Trabelsdorf, im Schatten des erzkatholischen Bambergs und im Dunst seiner Brauereien. Schon damals trat er mit seinen selbstverfassten fränkischen Songs auf, in denen er hauptsächlich seinen lieben Mitmenschen und den Machtinhabern 'auf's Maul schaut'; aber auch durchaus lyrische Momente ansprechend ausdrückt. Neben einer ständig wachsenden Fanschar brachte ihm das auch offizielle Anerkennung. So erhielt er 1992, 1997 und 2001 den Preis für Songpoeten bei den
Songs an einem Sommerabend auf Kloster Banz, 1998 den Ersten Preis der Bayerischen Musikakademie für fränkische Liedermacher und 2003 den Kulturpreis des Frankenbunds. 2006 wurde er mit dem 'Frankenwürfel' ausgezeichnet, was hierzulande mehr als der Bayerische Verdienstorden wert ist. Weit über 1000 Konzerte solo oder mit seiner Band, auch außerhalb Frankens und über 50.000 verkaufte CDs sprechen für sich. Und was für ein heller Kopf er ist, bewies er in Günther Jauchs Millionärsquiz, wo er 125.000 Euro abkassierte. Als der Erfolg größer wurde, ließ er sich von dem geistlichen Amt beurlauben und dient seither seinem "Lieben Gott" und den Mitbrüdern nur noch selten am Altar, aber dafür umso mehr auf den Bühnen der rotweißen Heimat.
Wolfgang BuckSeine letzte, die mittlerweile achte CD, betitelte er "Flusszigeiner", was schon mal viel über sein Seelenleben ausdrückt. Mit den großen und kleinen Wasserläufen dieser Welt hat er's und im Urlaub lässt er sich mit dem Hausboot über stille Wasserstraßen treiben. Ich habe die Songs zunächst puristisch im Soloprogramm gehört, bei dem er sich, zur warmen, kräftigen Stimme, nur mit seinen beiden akustischen Taylor-Gitarren begleitet. Dann kommen seine Gefühle, auch bei den leicht melancholisch oder romantisch angehauchten Titeln, gut rüber. Die eher aufmüpfigen, launigen oder derben Stücke sind, oft mit entsprechender Anmoderation versehen, eh Selbstläufer bei den Landsleuten. Aber auch da schafft er es, mit wenigen zusätzlichen Griffen, Pfeifen oder anderen Begleitgeräuschen, die dicken Sounds seiner Begleitband auf das Markante zu reduzieren. Mittlerweile kenne ich die CD und habe ihn jüngst mit seiner fünfköpfigen Begleitband die Songs spielen hören. Das sind klasse Musiker und bei einem früheren Auftritt haben mich gerade die abwechslungsreichen Arrangements begeistert.
Der Titeltrack entführt nach Irland, dem Land wo der Shannon mit seinen Booten und Pubs wartet, das erinnert zwar etwas an das 'Auenland', ist aber recht gelungen. "Sau dood" (tot), ist der erste sozialkritische Titel über Sensationsmache und -macher und da fangen meine Probleme an. Mit der schwelgerischen Instrumentierung, Bigband-Bläsersätzen und krachenden E-Gitarre ist mir das too much. Auch das im Swing-Sound angelegte, wortwitzige "Hammerned" (das haben wir nicht) über den alltäglichen Frust im Baumarkt, kommt mit einfacher Gitarrenbegleitung einfach besser (hat sich live allerdings wesentlich gängiger angehört). "Iebers Meer", bei dem sogar eine Vollenweider-Harfe mitklimpert, tönt lautmalerisch vom Fernweh. Wär annehmbar, wenn nicht dieses New Age-Gedüdel wär.
Wolfgang BuckDer Renner des Albums und seines aktuellen Programms ist zweifelsohne das mit Baumaschinen-Rattern unterlegte "Samsdooch" - die Leiden des ruhebedürftigen Dorfbewohners, den seine umtriebigen, heimwerkenden und grillenden Nachbarn am Wochenende zur Weißglut bringen. Das funktioniert in allen Variationen. Dann 'funkts' mit "Hulzkulln Huln" (Holzkohlen holen), ein sauberer Ausflug mit Motown-Groove. "Ned (Nicht) Normal" ist ein leises, schönes Lied über die eigene Spinnerei und gehört ebenfalls zu den Highlights der CD. Mit dem "Zidronenfalder" wildert er zu schrägen Schieber-Sounds der 30er-Jahre mit amüsanten Wortspielereien im Revier vom Willy Astor. Witzig rappt sich dann der ehrbare Franke durch "Geldscheißer", wird darin vom Bösen in Versuchung geführt, auch mal das Finanzamt zu belügen und zeigt dabei sein kabarettistisches Können. Das hat auch live absolute Spitzenklasse, Fanta 4 mal herhören! Den nordirischen Konflikt thematisieren Buck & Band in der getragenen "Crumlin Road". "Di Soss" (die Soße) ist nochmal ein gemäßigter Rap mit Bläsereinsatz und Chormädels, bei der Buck die Übel der heutigen Welt beim Namen nennt. Schwarzumflorte Poesie auf fränkisch und mit ein bisschen Blech-Slide zum Schluss: "Rutsch aweng her" - ja, auch das beherrscht der Sänger mit dem runden Gesicht und dem Kugelbauch.
Wolfgang BuckEine hörenswerte, selbstproduzierte CD mit reichlich Franken-Kolorit und unterschiedlichen Stimmungslagen, in denen Wolfgang Buck seine Vielseitigkeit demonstriert. Die ist in einem sehr ansprechenden, dreiteiligen Cover samt Booklet mit allen Texten verpackt. Allerdings ist mir der Sound mit seinen flächigen Keyboards und Chorstimmen zu weichgespült oder mit viel Blech zu hochglanzpoliert, insgesamt einfach oft zu dick aufgetragen. Auch wenn's ab und zu mal scheppert, da fehlen echte Ecken und Kanten und manche Gags klingen reichlich gewollt. Geschmackssachen? Bestimmt.
Egal, ob man diese letzte Produktion mehr oder weniger mag, den Buck lieber "Aganzallans" (allein), "Nedsulaud" (nicht so laut) in kleiner Duobesetzung oder mit großer Band besser findet: Er ist ein echter Volkssänger, der nicht nur die fränkischen Macken, sondern auch Kritisches und die eigenen Emotionen meist sehr gekonnt, zeitgemäß und originell in seinen Lieder festhält. Und wie viele gibt es davon heute noch in Deutschland?
Line-up:
Wolfgang Buck (Gesang, Gitarre)
Steff Hänisch (Schlagzeug)
Rupert Schellenberger (Keyboards, Gesang)
Felix Lauschus (Trompete, Flügelhorn, Gesang, Percussion)
Michael Schmidt (Bass, Gesang)
Oliver Saar - (Saxophon, Gesang, Querflöte)
sowie zahlreiche Gäste
Tracklist
01:Flusszigeiner
02:Sau dood
03:Hammerned
04:Iebers Meer
05:Samsdooch
06:Hulzkulln huln
07:Ned normol
08:Zidronenfalder
09:Geldscheisser
10:Crumlin Road
11:Di Soß
12:Rutsch aweng her
Externe Links: