Ein paar Gitarren und einen kleinen Fender-Übungsverstärker hatte sich Frank Schäfer zur Sicherheit aufbewahrt, doch die kurze Wiedervereinigung seiner ehemaligen Heavy Metal-Band Salem's Law wollte nicht so recht funktionieren. Oder besser gesagt: klingen. Das Rebellentum vergangener Jahre war nur noch Teil der Erinnerung, musste der Protagonist feststellen.
»Wir sahen schließlich ein, dass sich der Spaß von damals nicht eins zu eins reproduzieren ließ. Und damit die Geschichte sich nicht wie meistens als Farce wiederholte, kehrten wir zurück zu unseren Familien«, schreibt der Autor in "Der Couch Rebell. Streifzüge durchs wahre Leben." Darin ist Frank Schäfer nicht nur Beobachter, er ist gewissermaßen auch einer der Helden, wenn er vom eigenen Rebellentum in den 1980er und 1990er Jahren berichtet, als Musiker und als Fan.
Wenn der Braunschweiger über Familie und Mallorca-Urlaub schreibt, so ist er heute mit sich im Reinen und dankbar für jene Zeit, die er in jungen Jahren erleben durfte, immer angetrieben von seiner Sozialisation, dem Heavy Metal. Doch der Schriftsteller, bekannt für seine Literatur-Metal-Crossover-Geschichten, hat hier mit dem vorliegenden Werk kein weiteres Musikbuch veröffentlicht, sondern vielmehr eine unterhaltsame Publikation, die nebenbei Rebellen aus Film, Kino und moderner Literatur in den Fokus stellt. Und in der Musik natürlich eine tragende Rolle spielt.
Er macht den Leser vertraut mit dem Roman "Der befremdliche Fall von Dr. Jekyll und Mr. Hyde" aus der Feder von Robert Louis Stevenson und schildert die Stimmung zu jener Zeit, als 1854 Henry David Thoreaus Aussteiger-Bibel "Walden oder Leben in den Wäldern" erschien. Schäfer schildert in diesem Zusammenhang, warum die Flucht aufs Land zu einer Rebellion wurde.
Der Autor strukturiert das Buch, indem er den 13 Kapiteln Thesen über die Rebellion vorausstellt ("Der Mensch wird erst ganz Mensch infolge einer Rebellion", "Der Rebell möchte eine neue Welt gründen", "Der Rebell ist immer auch Projektionsfläche kollektivierter Sehnsüchte" u. a. m.). Er begibt sich auf die Suche nach Inseln des Rebellentums und wird dabei auch an den deutschen Orten fündig, wo es ein Lager der US-geprägten Occupy-Bewegung gab, die von den Ordnungshütern wegen angeblich schlechter hygienischer Bedingungen geräumt werden mussten.
Das »Wacken-Camp« (Wacken Open Air) hingegen verfolge keine politischen, »sondern bloß hedonistische Interessen«, schreibt der Musikkenner. Und schließlich bleibe der »kommerzielle Tropf, an dem diese Gegenwelt hängt«, stets präsent. Rebellion also Fehlanzeige.
Da hätten die Hippies in Woodstock schon mehr vorzuweisen gehabt, doch gäbe es mit dem ebenfalls international bekannten Burg Herzberg-Festival hierzulande einen Aufgalopp, der näher dran sei an Woodstock. »Gewinn, Ertrag und Rendite, das sind drei Fremdwörter hier«, wird der Macher Günther Lorz in dem anekdotenreichen Buch zitiert.
»Wir haben auch keine Sponsoren, weil das den Charakter des Festivals kaputt machen würde«, heißt es von den Veranstaltern aus der Gemeinde Breitenbach am Herzberg, Ortsteil Gehau.
Frank Schäfer schildert die handelnden Akteure mit analytischer Gabe und feinem Wortwitz und genau hier blitzt seine Schreibweise auf, mit der er unter anderem seit vielen Jahren erfolgreich für die deutsche Ausgabe des Rolling Stone schreibt. Es ist dennoch leicht verdaubare Kost, wie wir sie aus Talking Metal, 111 Gründe, Heavy Metal zu lieben, "Metal Störies" und Metal Antholögy von ihm kennen.
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